# taz.de -- Eskalation in Südsyrien: 270.000 Menschen auf der Flucht | |
> Die Offensive der syrischen Armee rund um Daraa in Syrien treibt immer | |
> mehr Zivilisten in die Flucht. Eine israelische NGO ruft zur Hilfe auf. | |
Bild: Es war einmal eine Wand: Kämpfer in Ruine in Daraa | |
JERUSALEM taz | Die Menschenrechtsorganisation Israel Flying Aid (IFA) | |
mahnt zu schneller Hilfe für syrische Flüchtlinge. Die Situation in Daraa | |
im Süden des Landes „bewegt sich mit riesigen Schritten auf eine | |
Katastrophe wie in Aleppo zu“, fürchtet Gal Lusky, Gründerin und | |
Vorstandsvorsitzende der IFA. Zudem ist sie besorgt, „dass wir bald keinen | |
Zugang mehr haben werden“. | |
In der vergangenen Woche lieferte die Nichtregierungsorganisation (NGO) in | |
Kooperation mit der israelischen Armee Hilfspakete für die Menschen, die in | |
der Pufferzone im israelisch-syrischen Grenzgebiet Zuflucht suchten. „Es | |
war nicht die erste, aber eine der größten Hilfsmaßnahmen“, berichtet | |
Lusky, die seit 2011 immer wieder in Syrien aktiv ist. Sie fordert die | |
internationale Gemeinschaft auf, stärkeren Druck auf den russischen | |
Präsidenten Wladimir Putin auszuüben, „damit die Bombardierungen von | |
Krankenhäuser aufhören“. | |
Regierungschef Benjamin Netanjahu versicherte Anfang der Woche, dass Israel | |
weiter humanitäre Hilfe leisten werde. Eine Aufnahme von Geflüchteten | |
stünde hingegen nicht zur Debatte. Auch die jordanische Grenze ist dicht. | |
Die UNO schätzt, dass sich seit Beginn der Kämpfe vor zwei Wochen rund | |
270.000 Menschen auf der Flucht befinden. | |
Israels massive Truppenverstärkung auf den annektierten Golanhöhen ist als | |
Warnung an Syriens Präsidenten Baschar al-Assad zu werten. Die 1973 nach | |
dem Jom-Kippur-Krieg vereinbarte entmilitarisierte Zone ist aus | |
israelischer Sicht tabu. Einer Mitteilung der Armee zufolge werde Israel | |
„mit Entschiedenheit“ auf jeden syrischen Beschuss, egal, ob „vorsätzlich | |
oder versehentlich“, reagieren. | |
## 1.200 Blauhelme | |
Ende Juni verlängerte der UN-Sicherheitsrat das Mandat der UNDOF (United | |
Nations Disengagement Oberserver Force) um weitere sechs Monate. Die | |
Resolution verpflichtet Syrien und Israel, jede militärische Aktionen in | |
der Pufferzone zu unterlassen. Die UNDOF umfasst rund 1.200 Blauhelme. Im | |
Herbst 2014 zogen sich die UN-Beobachter nach Zwischenfällen von ihren | |
Stützpunkt Kuneitra auf israelisch kontrolliertes Gebiet zurück. | |
Nach Ansicht des früheren Armeesprechers Peter Lerner sollte den Blauhelmen | |
mit der Errichtung von Aufnahmelagern für die syrischen Flüchtlinge eine | |
neue Rolle zukommen. Die UN-Truppe „könnte unmittelbar den Menschen in Not | |
helfen“ schreibt er in Haaretz. Israels Außenminister Avigdor Lieberman | |
twitterte unmissverständlich, dass „Israel nicht einen einzigen syrischen | |
Flüchtling“ aufnehmen werde, die humanitäre Hilfe solle hingegen | |
fortgesetzt werden.Die Aktivistin Lusky berichtet von Hunderten von Zelten, | |
Medikamenten, Kleidung sowie Lebensmitteln, die die IFA in Absprache mit | |
der Armee in die Pufferzone bringen konnte. Die NGO sei spezialisiert auf | |
Krisengebiete in „Regionen, die keine diplomatischen Beziehungen zu Israel | |
unterhalten“. Die israelische Armee unterstützt die | |
Menschenrechtsaktivisten im Rahmen des sogenannten | |
Gute-Nachbarschaft-Programms.“ | |
Trotz der strikten Politik, keine Flüchtlinge aufzunehmen, sind in den | |
letzten fünf Jahren mehrere tausend verletzte Syrer in israelischen | |
Krankenhäusern behandelt worden. Erst am Wochenende half die Armee bei dem | |
Transport von sechs Syrern, darunter vier Kinder, in eine Klinik. Die Armee | |
schätzt, dass sich derzeit rund 11.000 Flüchtlinge in der | |
israelisch-syrischen Pufferzone aufhalten. Die Mehrheit der Menschen zieht | |
in Richtung jordanischer Grenze, die seit zwei Jahren für Flüchtlinge | |
gesperrt ist. Die Monarchie hatte zu diesem Zeitpunkt bereits knapp 700.000 | |
Syrer aufgenommen. | |
2 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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