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# taz.de -- Neues Album der Arctic Monkeys: Softer Käse, zarte Kritik
> Die Rockband kommt nach fünf Jahren Pause mit einem neuen Sound zurück.
> Auf einmal gibt es Klaviergeklimper statt öliger Gitarrenriffs.
Bild: Vom Merch-Shirt-tragenden Youngster zum Elvis-Imitator: Alex Turner (2 v.…
Fünf Jahre nach dem [1][Erfolgswerk „AM“] veröffentlichen die Arctic
Monkeys ein neues Studioalbum namens „Tranquility Base Hotel & Casino“. Was
2013 noch einigermaßen überraschend schien, kommt nun zeitgleich zum
letzten Seufzer von Indierock. Der Titel des neuen Albums der
nordenglischen Band scheint Programm zu sein: Ruhig ist es geworden, fernab
vormaliger Teeniediscofetzigkeit, reifer in der Anlage allemal, aber eben
auch langweiliger.
Das Klavier – Sänger Alex Turner bekam eines zum 30. Geburtstag geschenkt –
ersetzt die Gitarre als dominierendes Instrument im Klangbild, eingängige
Riffs sucht man vergeblich. Lässt sich der Wandel einer Band an ihrem
Frontmann festmachen? Ja, das lässt sich. Vor allem bei den Arctic Monkeys.
Turner war stets Antreiber, er personifizierte jeden Imagewandel.
Es wurde viel gemutmaßt, ob die Monkeys als letzte große Nummer von
Nullerjahre-Indie noch einmal etwas zustande bringen würden. Drummer Matt
Helders spielte in der Zwischenzeit mit Iggy Pop und Josh Homme auf passend
betitelter „Post Pop Depression“- Tour, Alex Turner nahm mit seinem Kumpel
Miles Kane als The Last Shadow Puppets ein zweites Album auf, der Rest
widmete sich dem Privatleben.
Turner wandelte sich in dieser Zeit vom pickelgesichtigen, ungepflegt
aussehenden und Merch-Shirt-tragenden Youngster, der schon mit 20 und vor
dem ersten Plattenvertrag die Massen zu begeistern wusste, zum britischen
Rock-’n’-Roll-Wiedergänger.
Nur ein öliges Riff
Dafür reiste er in der Zeit zurück, trug eine Tolle, helle Anzüge,
trainierte seine Armmuskulatur und entwickelte eine Überzeichnung von
Elvis, inklusive Hüftschwung und einladender Fingerzeige gen
Zuschauer*innen. Das nimmt ihm, den Arctic Monkeys und ihrer Musik
allerdings auch jegliche jugendliche Unschuld.
Auffällig zudem: Turners Sexappeal entfaltet die Wirkung erst beim Singen.
Der Barockpop genannte Sound, den er mit Miles Kane kreierte, ließe, so war
man sich einig, Schlüsse auf „Tranquility Base Hotel & Casino“ zu.
Sein Sound ist jedoch weniger eingängig, das Piano taucht an vielen Stellen
klanglos ab und wird auch nicht von einer lauten Gitarre ersetzt. Das
einzige ölige Riff auf dem Album findet sich in „Golden Trunks“, das auch
eine James-Bond-Titelmelodie sein könnte. Textlich sucht der Song sein Heil
in zarter Trump-Kritik und klingt am Ende auch: zart.
Ansonsten schaffen es die elf Stücke kaum, ein situativer Soundtrack zu
sein. Eine Stimmung, die die Musik der Arctic Monkeys erzeugen soll, muss
erst erfunden werden. Die Leistung des Alex Turner, das wird auf
„Tranquility Base Hotel & Casino“ deutlich, sind durchaus anspruchsvolle
Kompositionen, nur klingen sie einfach nicht besonders mitreißend.
Vergleiche mit den Strokes
„The Ultracheese“ macht seinem Songtitel alle Ehre, ein softes Stück, das
in Erinnerung bleibt, weil das Klavier endlich klimpern darf. Die Frage
bleibt: Wann soll man das hören? Morgens unter der Dusche? Zu lahm. Beim
Kuscheln? Irgendwie zu unromantisch. In der Disco? Zu wenig Wumms.
Die RezensentInnen sind dennoch beglückt. Der Sender nt-v wagte in seiner
Kritik gar einen Vergleich mit den Strokes: Heute spräche niemand mehr von
den New Yorkern, heißt es da. Gegenfrage: Wer hat in den letzten fünf
Jahren überhaupt von den Arctic Monkeys gesprochen?
Die Sheffielder Band altert mit ihrem Anhang, heißt es. Bei den
ausverkauften Konzerten in der Berliner Columbiahalle waren viele
Jugendliche im Publikum, die zur Veröffentlichung des Debütalbums gerade
eingeschult worden sein dürften. Live sind die Arctic Monkeys immer noch
eine Bank, nicht zuletzt wegen ausgiebiger Ausflüge in alte Stücke.
Mit Mitte 30 höre man nicht mehr dieselbe Musik wie mit 20, hieß es bei
n-tv weiter. Auch hier muss eine Frage gestattet sein: Wer will sich mit
Mitte 30 nicht noch mal fühlen wie mit 20?
1 Jun 2018
## LINKS
[1] /Neue-Alben-aus-Grossbritannien/!5060236
## AUTOREN
Jann-Luca Zinser
## TAGS
Indierock
Neues Album
Musik
Pop
Antilopen Gang
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