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# taz.de -- Umgang der Regierung mit Reichsbürgern: Besorgt, aber inkonsequent
> Die Regierung geht davon aus, dass es Tausende Reichsbürger gibt. Eine
> systematische Erfassung der Szene-Mitglieder findet jedoch nicht statt.
Bild: Die Gewerkschaft der Polizei hat ein paar Tipps
BERLIN taz | Das Bundesinnenministerium beobachtet die Entwicklung der
Reichsbürger-Bewegung mit Sorge. Derzeit geht es von einer Szene mit rund
18.000 Mitgliedern aus. Die Reichsbürger rufen eigene Staaten aus und
stellen sich auch eigene Dokumente aus, weil sie die Bundesrepublik nicht
wahrhaben wollen.
Bundesweit fanden in den vergangenen Monaten polizeiliche Maßnahmen zur
Entwaffnung der Szene statt. Doch: Wie werden Reichsbürger als solche
erfasst? Eine schriftliche Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zeigt:
Eine einheitliche Sammlung der Dokumente aus der Szene findet nicht statt.
Die Linke im Bundestag wollte wissen, inwieweit Dienstvorschriften für
Beamte der Bundespolizei, der Bundeszollverwaltung und des
Bundeskriminalamtes bestehen, um die Personalien von Anhängern der
Reichsbürger-Bewegung festzustellen. Die Antwort des
Bundesinnenministeriums fiel knapp aus: Es bestehe „keine explizite
Dienstvorschrift zur Erfassung und Dokumentation von Fantasiedokumenten der
so genannten Reichsbürger-Bewegung“. Nur wenn diese vermeintlichen
Dokumente zu einer Strafanzeige führten, würde der kriminalpolizeiliche
Meldedienst sie dokumentieren.
„Es entbehrt schon einiger Logik, wenn die Bundesregierung der
Reichsbürger-Szene eine hohe Gewaltbereitschaft attestiert und deren
Entwaffnung zur Chefsache erklärt, doch letztlich nicht einmal deren
Auftreten einheitlich erfasst wird“, sagt die Bundestagsabgeordnete der
Linken, Martina Renner, die die Anfrage gestellt hat.
Den „Reichs-Personalausweis“ gibt's für 30 Euro
Das Phänomen, dass sich Anhänger einer heterogenen Szene eigenene Dokumente
geben, ist nicht neu. Seit Mitte der 1980er-Jahre begannen selbsternannte
Reichsregierungen Personalausweise, Reisepässe oder Führerscheine
herzustellen und anzubieten. Gegen eine Gebühr können die Fantasiepapiere
bei den Männern und Frauen bezogen werden, die davon ausgehen, dass
irgendein historisches Deutsches Reichs weiterbestehen würde oder die
heutige Bundesrepublik ein Konstrukt der Alliierten nach 1945 sei, eine
„BRD GmbH“.
Bei der „Deutschen Reichsdruckerei“ kostet der „Reichs-Personalausweis“
aktuell 30 Euro. Der „Freistaat Preußen“ gibt für einen „Führerschein�…
Reichsmarktwert von „3,50 RM“ an, möchte aber 35 Euro haben. Bei
Fahrzeugkontrollen und Gebühreneintreibung sind seit über sechs Jahren
Reichsbürgerbewegte schon oft mit Polizeibeamten und Gerichtsvollziehern
aneinandergeraten – bis hin zu körperlichen Angriffen.
In den Sicherheits- und Verwaltungsbehörden wurden Angehörige der Szene
allerdings lange als „Papierterroristen“ oder „Spinner“ abgetan – weg…
ihrer seitenlangen Erklärungen warum sie keine Gebühren oder Bußgelder
bezahlen müssten.
1.200 Anhänger besitzen legale Waffen
Am 19. Oktober 2016 änderte sich bei den Sicherheitsorganen jedoch die
Wahrnehmung. Bei einer Razzia im fränkischen Georgsmünden erschoss an dem
Tag der selbsternannte Reichsbürger Wolfgang P. einen Polizeibeamten und
verletzte drei weitere Beamte. Nach dem tödlichem Schuss begannen die
Behörden diese Bewegung genauer zu beobachten. Im Zuge der Beobachtung
wuchs die Zahl der Anhängerschaft auf 18.000 Personen an.
Im Juni 2016 erklärte das Bundesinnenministerium auf eine Kleine Anfrage
der Linken-Bundestagsfraktion noch, das „keine belastbaren Gesamtzahlen“
vorlägen. Das ist jetzt etwas anders: Unter den 18.000 Anhängern rechnet
das Bundesinnenministerium etwa 950 Personen aus der Bewegung der
rechtsextremen Szene zu. 1.200 Anhänger der Bewegung besitzen legale
Waffen. Soweit die Zahlen. Die fehlende Dienstvorschrift offenbart für
Renner, das „von einem schlüssigen Handeln der Sicherheitsbehörden hier
keine Rede sein kann.“
29 May 2018
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Die Linke
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