# taz.de -- Neues vom Räuber Hotzenplotz: Die Überwindung der Krabat-Krise | |
> Im Nachlass Otfried Preußlers ist ein unbekanntes | |
> Räuber-Hotzenplotz-Theaterstück aufgetaucht. Eine veränderte Fassung | |
> erscheint nun als Buch. | |
Bild: Der Räuber Hotzenplotz | |
Es waren die mittleren und späten sechziger Jahre, es war die Zeit, als | |
sich UdSSR und USA ein Wettrennen um die Eroberung des Mondes boten, es war | |
das Jahr 1967, als Otfried Preußler schon seit einigen Jahren an seinem | |
großen Jugendroman „Krabat“ saß und sich, so schildert es seine Tochter | |
Susanne Preußler-Bitsch, mal wieder festgeschrieben hatte. | |
Weil er nicht weiterkam, holte er einen alten Bekannten hervor, der ihm | |
schon einmal während der Krabat-Qualen über eine Schreibkrise | |
hinweggeholfen hatte. Und so kam es, dass Preußler schon da seiner ersten, | |
1962 erschienenen Hotzenplotz-Geschichte, eine weitere – bislang unbekannte | |
– hinzufügte. | |
Dass diese nun als Buch erscheint und sich einreiht in die insgesamt vier | |
Bände, ist der Durchforstung seines Nachlasses durch ebenjene Tochter zu | |
verdanken. Kisten waren da, voller Material des Vielschreibers Preußler; | |
alles das, was nicht dem Berliner Staatsarchiv übergeben worden war nach | |
Preußlers Tod 2013. Und darin fand sich „Die Fahrt zum Mond“, ein kleines | |
Theaterstück mit einem übersichtlichen Darstellerkreis: Hotzenplotz, wie | |
man ihn kennt mit sieben Messern, einem Säbel und der Pfefferpistole, | |
Großmutter, Kasperl, Seppel und der Polizei-Wachtmeister Dimpflmoser. Der | |
Zauberer Petrosilius Zwackelmann, der einiges an Verwirrung in die erste | |
Hotzenplotz-Geschichte gebracht hatte, lebte ja nicht mehr | |
## Wo ist der Bösewicht? | |
Eine reine Räubergeschichte also: Der Bösewicht ist aus dem Spritzenhaus | |
entkommen, in der kleinen Stadt geht die Angst um, der Polizist agiert | |
hilflos; es braucht zwei Helden, die den Räuber mit List einfangen. Kasperl | |
und Seppel erdenken eine kühne Geschichte, in der der so heimelig | |
leuchtende Mond den Räuber genauso lockt wie seinerzeit die beiden | |
Großmächte. Man kann das als preußlerisch-leise Kritik am Wettstreit um die | |
Hegemonie im All lesen. | |
Es sei dahingestellt, ob „Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete“ | |
wirklich 100 Prozent Preußler ist, wie der Verlag Thienemann verbreitet. | |
Der Autor hat das Dramolett wohl nur als Fingerübung zur Überwindung einer | |
Krabat-Krise verfasst, nun musste es von seiner Tochter und einer Helferin, | |
die von sich sagt, sie sei fähig, sich „in die Welt und Diktion anderer | |
hineinzuversetzen“, zur Erzählung umgearbeitet werden. Der Duktus passt | |
jedenfalls; diese schlichte, starke Preußler-Sprache. | |
Und die Großmutter kocht – auch das entspricht dem, was man weiß und | |
vielleicht erhoffen mag – bodenständige Kost. Kasperl wünscht sich | |
Schwammerlsuppe „mit viel Speck und Zwiebeln und einem großen Löffel Rahm�… | |
und das Dutzend runder Knödel kriegt er auch dazu. | |
Preußlers Hotzenplotz-Geschichten waren keine Prophetien, aber es ist | |
bestechend, wie auch diese Episode ins Heute übertragbar ist: die Angst vor | |
dem entflohenen Räuber, die die Stadt befallen hat; Großmutters Zeitung, | |
die morgens den Stand vom Vorabend als News bringt, Hotzenplotz sei hinter | |
Schloss und Riegel; der mit einer überzogenen Ausgangssperre agierende | |
Polizist – in Bayern, Preußlers Wahlheimat, wo gerade das umstrittene | |
Polizeigesetz verabschiedet wurde; schließlich ein ferner Himmelskörper, | |
auf den wir unsere Rettungshoffnungen projizieren. | |
Die Geschichte ist gut, die Illustrationen von Thorsten Saleina nehmen die | |
Bebilderung der frühen Bände auf. Kinder, die des Rezensionsexemplars | |
habhaft wurden, haben die 60 Seiten in einem Rutsch durchgelesen. | |
Hotzenplotz in einem Schluck. | |
25 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Felix Zimmermann | |
## TAGS | |
Otfried Preußler | |
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