| # taz.de -- Ausstellungsempfehlungen für Berlin: Das blutrote Innere | |
| > Beate Scheder empfiehlt postapokalyptische Figuren von Rebecca Ackroyd, | |
| > Schmetterlinge des „Female Gaze“ und eine Diskokugel aus Schokolade. | |
| Bild: Laure Prouvost, Into all that is here, 2015, Videostill | |
| Was den gipsüberzogenen Frauenfiguren, die [1][Rebecca Ackroyd] bei | |
| [2][Peres Projects] herumlungern lässt, wohl durch den Kopf geht? | |
| Wahrscheinlich wenig Erbauliches. Mit Helmen und Sonnenbrillen scheinen sie | |
| sich vor irgendetwas schützen zu wollen, auf das sie zwischen | |
| verschlossenen Geschäften mit heruntergelassenen Jalousien und mit Feuer | |
| bedruckten Riesenmuscheln zu warten scheinen. Am bedrohlichsten aber wirken | |
| die fensterförmigen Löcher an Beinen, Brust und Unterleib der Figuren | |
| selbst, die ins blutrote Innere, bis auf den Grund blicken lassen. Die | |
| Künstlerin beschwört mit Bildern wie aus einem postapokalyptischen | |
| Sci-Fi-Film Fragen nach dem Außen und Innen, nach Öffnung und Ausschluss, | |
| Selbstschutz und Furcht hervor, die sich dann doch als Anspielungen auf | |
| aktuelle politische Diskurse entpuppen: 2018 UK bzw. EU steht auf den | |
| Jalousiekästen. | |
| Erst kürzlich wurde verkündet, dass [3][Laure Prouvost] den französischen | |
| Pavillon der Venedig Biennale 2019 bespielen werde. Die Vorfreude darauf | |
| verkürzt ein Besuch in der [4][Studiogalerie] im Haus am Lützowplatz, wo | |
| Prouvost gemeinsam mit sieben weiteren Künstlerinnen ihren „Female Gaze“ | |
| schweifen lässt. Bei Prouvost fängt dieser lustvolle Bilder eines | |
| zeitgenössischen Arkadiens ein, wo pralle Erdbeeren zwischen Lippen | |
| verschwinden, die eben noch geküsst haben, wo Schmetterlinge herumflattern, | |
| Bäche plätschern, Grillen zirpen, Badende sich nackt vergnügen. Es ist ein | |
| Kontrapunkt zu den anderen Arbeiten, die sich zumeist mit dem drohenden | |
| Verlust von Jugend und Schönheit, mit weiblichen Rollenbildern und | |
| widersprüchlichen Idealen beschäftigen. | |
| Eher am männlichen Blick orientierte sich die Darstellung der damals | |
| 15-jährigen Brook Shields, die Richard Avedon 1981 für eine Jeans-Werbung | |
| von Calvin Klein ablichtete. [5][Kelley Walker] hat die Kampagne | |
| eingescannt und per Photoshop neu zusammengesetzt, verfremdet, verzerrt. | |
| Das ist Walkers Methode, die Verführungskunst populärer Bilder und den | |
| Zeitgeist vergangener Jahrzehnte zu filetieren, um den heutigen darin zu | |
| spiegeln. Die Werbebilder der jugendlichen Schauspielerin sorgten in den | |
| 1980ern für Aufruhr. Bald 40 Jahre später funktionieren Bilder anders, | |
| prasseln im Rausch auf uns ein. 2018 posierten die Kardashian-Schwestern | |
| für Calvin Klein in Unterwäsche, falls sich noch irgendwer erinnert. Auch | |
| bei [6][Capitain Petzel] dreht sich die Discokugel zwar noch, aber sie | |
| wirft keine Lichtpunkte mehr in den Raum – sie ist aus Schokolade. | |
| Dieser Text erscheint im taz Plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg | |
| immer donnerstags in der Printausgabe der taz. | |
| 30 May 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://rebeccaackroyd.com/ | |
| [2] https://peresprojects.com/exhibitions/rebecca-ackroyd/ | |
| [3] http://www.laureprouvost.com/ | |
| [4] https://www.hal-berlin.de/veranstaltung/the-female-gaze-on-body-love-and-se… | |
| [5] http://www.capitainpetzel.de/artists/walker-kelley/ | |
| [6] http://www.capitainpetzel.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Beate Scheder | |
| ## TAGS | |
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