| # taz.de -- Pipeline in Kanada soll gebaut werden: Trudeau auf Seite der Erdöl… | |
| > Kanadas Regierung will eine Pipeline kaufen, um das umstrittene Projekt | |
| > zu retten. Umweltschützer und Indigene protestieren. | |
| Bild: Justin Trudeaus befleckte Ehre, äh, Erde | |
| VANCOUVER taz | Es ist ein politischer Paukenschlag in Kanada: Im Konflikt | |
| um den Bau einer strategisch wichtigen Erdölpipeline will die liberale | |
| Regierung von Premierminister Justin Trudeau das umstrittene Projekt | |
| aufkaufen und das gefährdete Projekt damit retten. Mit der Aktion stellt | |
| sich Trudeau auf die Seite der Ölindustrie – und gegen Umweltschützer und | |
| viele indigene Gruppen in Kanada. | |
| Finanzminister Bill Morneau kündigte am Dienstag an, man werde die | |
| kontroverse „Trans Mountain Pipeline“ für 4,5 Milliarden kanadische Dollar | |
| kaufen, das sind etwa 3 Milliarden Euro. Zuvor hatte der texanische | |
| Energiekonzern Kinder Morgan letzten Monat alle Arbeiten an dem Projekt | |
| vorläufig eingestellt. „Täuschen Sie sich nicht. Das ist eine Investition | |
| in Kanadas Zukunft“, sagte Morneau in Ottawa. | |
| Die Regierung betonte, die geplante Ölpipeline sichere Jobs, sei gut für | |
| den Investitionsstandort Kanada und sorge dafür, dass die Industrie ihre | |
| Ressourcen besser auf den Weltmärkten anbieten könne. Trudeau stellte fest, | |
| der Bau der Röhre sei unverzichtbar, im nationalen Interesse aller Kanadier | |
| und werde trotz der massiven Widerstände im Land durchgesetzt: „Diese | |
| Pipeline wird gebaut.“ | |
| Die „Trans Mountain Pipeline“ ist eines der ehrgeizigsten und zugleich | |
| umstrittensten Energieprojekte in Kanada: Die neue Röhre soll von den | |
| ökologisch umstrittenen Ölsandfeldern im Zentrum der Erdölprovinz Alberta | |
| über 1.000 Kilometer an die Pazifikküste führen und dabei parallel zu einer | |
| bereits bestehenden Pipeline verlaufen. Die Regierung Trudeau hatte das | |
| Projekt im Herbst 2016 genehmigt. | |
| Allerdings sind die Widerstände in Kanada massiv, die juristischen Probleme | |
| groß. Die Regierung der Küstenprovinz British Columbia lehnt die | |
| Erweiterung ab, auch Umweltschützer und viele Ureinwohner wehren sich. An | |
| mehreren Baustellen war es zuletzt zu Protesten gekommen, Hunderte | |
| Demonstranten wurden vorläufig festgenommen, darunter auch zwei | |
| Parlamentarier aus Ottawa. | |
| ## Kalte Füße | |
| Der bisherige Eigentümer der bestehenden wie auch geplanten Röhre hatte | |
| daher [1][kalte Füße bekommen] und mit einem Abbruch des Projekts gedroht, | |
| falls bis Ende Mai keine Rechtssicherheit geschaffen werde. Kinder Morgan | |
| wollte insgesamt 7,4 Milliarden kanadische Dollar investieren, um die Röhre | |
| durch die Rocky Mountains zu rammen und zwölf neue Pumpstationen zu bauen. | |
| In den letzten Wochen war allerdings klar geworden, dass Kinder Morgan das | |
| Projekt angesichts mehrerer anhängiger Klagen mittlerweile für zu riskant | |
| hält und aussteigen will. Weil sich bislang kein anderer Investor fand, | |
| sollen nun die kanadischen Steuerzahler die Röhre kaufen und den weiteren | |
| Bau bezahlen. Es ist das erste Mal, dass in Kanada die Regierung eine ganze | |
| Erdölpipeline kaufen will. | |
| Zwar betont die Regierung am Dienstag, man wolle das Bauprojekt bei der | |
| nächsten sich bietenden Gelegenheit wieder abstoßen und potenzielle | |
| Betreiber gegen die bestehenden Risiken absichern. Doch Branchenexperten | |
| halten einen Verkauf im derzeitigen Umfeld für schwierig. Der kanadische | |
| Steuerzahlerbund sprach von unvertretbaren Lasten für die Steuerzahler des | |
| Landes. | |
| Für Premierminister Justin Trudeau ist die Übernahme der Pipeline ein | |
| politisch riskantes Manöver. Er kämpft derzeit gegen [2][fallende | |
| Umfragewerte] und hat sein politisches Schicksal mit der Pipeline | |
| verknüpft. Allerdings lehnen Teile seiner linksliberalen Anhängerschaft das | |
| Vorhaben ab, der Premier verliert eineinhalb Jahre vor der nächsten Wahl | |
| [3][an Glaubwürdigkeit.] | |
| ## Enttäuschung nach Trumps Ausstieg | |
| So hatte er sich im vergangenen Jahr enttäuscht gezeigt, als US-Präsident | |
| Donald Trump den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen verkündet hatte. | |
| Kritiker sehen die Klimaschutzpläne Kanadas gefährdet. Die Parteichefin der | |
| Grünen, Elizabeth May, nannte den Kauf eine „riesige Subvention für fossile | |
| Brennstoffe“. | |
| Der Greenpeace-Aktivist Mike Hudema betonte, die Pipeline sei ein | |
| Rückschlag für den Klimaschutz und die Rechte der kanadischen Ureinwohner. | |
| Man werde sich dem Projekt weiter entgegenstellen und es zu verhindern | |
| versuchen. | |
| Tatsächlich ist die Pipeline in den Küstengemeinden Kanadas unpopulär, denn | |
| im Falle eines Baus würde rund dreimal mehr Öl aus Alberta an den Pazifik | |
| fließen als bislang. Die Kapazität der Röhren würde von derzeit rund | |
| 300.000 Barrel Erdöl pro Tag auf knapp 900.000 Barrel steigen. Statt | |
| derzeit im Schnitt 5 würden dann 34 Öltanker im Monat in den stürmischen | |
| Gewässern rund um Vancouver kreuzen. | |
| Für die Industrie dagegen ist die Pipeline von großer Bedeutung. Kanada | |
| besitzt die drittgrößten Rohölreserven der Welt, hat aber Schwierigkeiten, | |
| seine Rohstoffe auf die Weltmärkte zu bringen, weil es nicht genügend | |
| Transportkapazitäten gibt. Mit dem Bau der Pipeline wollen die Produzenten | |
| neue Märkte in Asien erschließen. Bislang geht das meiste kanadische Öl in | |
| die USA. | |
| 30 May 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jörg Michel | |
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