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# taz.de -- Die Wahrheit: Der Wille zum Einparken
> Morgens um um kurz vor acht ist die Welt alles andere als in Ordnung. Das
> zeigt sich besonders im Straßenverkehr.
Bild: So viel Rücksicht nehmen Autofahrer*innen oft: gar keine
Könnte man den Adrenalinpegel der deutschen Bevölkerung irgendwie messen,
dann wäre der „Peak“ sicher morgens zwischen 7.45 und 8.00 Uhr erreicht. Es
ist die Zeit, in der Deutschland seinen Nachwuchs zur Schule bringt. Da
kann es eng werden.
Wobei es aufgrund struktureller Benachteiligung des weiblichen Geschlechts
ausnahmslos Mütter sind, denen diese verantwortungsvolle Aufgabe obliegt.
Weil aber die Welt ein von Männern angelegtes Schlachtfeld und das
weibliche Geschlecht strukturell benachteiligt ist, fahren die allermeisten
Frauen im SUV vor. Manche sagen schulterzuckend, diese Panzer seien eben
„sehr sicher“. Andere geißeln sie stirnrunzelnd als automobile Äquivalente
einer fröhlich um sich greifenden „Leckt mich doch alle am
Arsch!“-Philosophie.
Als Vater, der seine Kinder mit dem Fahrrad in die Grundschule spediert,
ist mir das normalerweise wumpe. Still erfreue ich mich allmorgendlich am
anmutigen Ballett säuselnder Zweieinhalbtonner in der schmalen
Einbahnstraße vor dem Schultor. Neulich aber fehlte nicht viel, und ich
hätte auf offener Straße einer zierlichen Frau ins Gesicht geschlagen und
dabei zumindest kurzfristig Genugtuung empfunden. Und das kam so.
## Rangieren von Kind und Karriere
Eine andere Mutter versuchte gerade nach Kräften, an der Straßenecke ihren
Panzer von VW in Parkposition zu bringen, was noch viel leichter gewesen
wäre, wenn da nicht drei kleine Kinder an der Straßenecke herumgetrödelt
hätten. Nicht auf der Straße, wohlgemerkt. Sondern auf dem Bürgersteig, den
die eifrig Rangierende aus Rangiergründen gern in Anspruch genommen hätte.
Die BMW-Mama jedenfalls erkannte die Not der umständlich am Steuer
rudernden Gleichgesinnten und ergriff zivilcouragiert Partei: „Macht doch
mal Platz da!“, blaffte sie, gestresst vom Unterdenhutbringen von Kind und
Karriere: „Ihr seht doch, dass die Frau da einparken will!“
So sagte sie das, wörtlich. Ich fragte, noch auf Einsicht hoffend: „Seit
wann müssen denn Kinder für Autos den Bürgersteig räumen?“ Antwort, beben…
„Aber die Frau will doch einparken!“ Jetzt baute ich mich bedrohlich vor
ihr auf: „Dies ist der Bürgersteig. Das die Straße. Was verstehen Sie
nicht?“ Antwort, eingeschüchtert: „Aber die Frau! Sie will doch nur
einparken!“ In diesem Moment erkannte ich eine strukturelle Benachteiligung
in ihren Augen: die Dummheit. Meine Hand blieb in der Tasche.
Seitdem grüble ich, wie sich dieses gesellschaftliche Problem beheben
ließe. Ein „Drive-in“-Modell, bei dem der Schulhof morgens für Autos
geöffnet wird? Der Anbau von Rampen an der Fassade, um die Kinder mit
laufendem Motor bis zum Klassenzimmer bringen zu können? Ideal wäre
freilich, die Lehrerinnen hielten ihren Unterricht gleich auf den
erstaunlich geräumigen Rücksitzen der SUV, bis der Reformstau im Schulwesen
aufgelöst ist.
25 May 2018
## AUTOREN
Arno Frank
## TAGS
Mütter
Chemnitz
Wind
Fahren ohne Fahrschein
Fahrrad
Deutsche Bank
Griechenland
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