# taz.de -- Ausfälle bei der Kartoffelernte: Ein Fadenwurm namens „Emsland“ | |
> Langlebige Schädlinge gefährden den Kartoffelanbau in Niedersachsen. | |
> Schuld ist unter anderem die zu enge Fruchtfolge. | |
Bild: Will keiner haben: von Würmern befallene Kartoffel | |
BREMEN taz | Das Emsland hat seinen eigenen, nach ihm benannten | |
Kartoffelschädling – einen ganz besonders schlimmen. Noch kommt er nur hier | |
vor. Keine der ansonsten resistenten Kartoffeln kann dem Fadenwurm | |
„Emsland“ etwas entgegen setzen. Und jetzt kommt auch noch der | |
Kartoffelkrebs hinzu, ein Pilz, der für hässliche Wucherungen an der Knolle | |
sorgt. | |
Für die VerbraucherInnen ist der Kartoffelkrebs zwar nicht gefährlich, so | |
wie auch der Fadenwurm, für die Bauern aber schon, denn er sorgt für große | |
Ernteausfälle – von mehreren hundert Tonnen ist schon die Rede. Inzwischen | |
ist der gesamte Kartoffelanbau in Niedersachsen „massiv gefährdet“, wie | |
Eckehard Niemann von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft | |
(ABL) sagt, der Interessenvertretung traditionell wirtschaftender Bauern. | |
[1][Die Firma Solana aus Hamburg hat bereits angekündigt, keine | |
Pflanzkartoffeln mehr im Emsland produzieren zu lassen.] Zwar können die | |
Landwirte im Emsland auch Speisekartoffeln produzieren – an denen verdienen | |
sie aber pro Tonne 150 Euro weniger, wie der Solana-Geschäftsführer der | |
Neuen Osnabrücker Zeitung erklärte. | |
Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium bestätigt auf Nachfrage, | |
dass bei zwei Betrieben im Emsland Kartoffelkrebssporen in der Anhangerde | |
nachgewiesen worden seien. Kranke Pflanzen hätten die Kontrolleure aber | |
nicht gefunden, teilte das Ministerium mit – weitere Untersuchungen laufen | |
noch. Allerdings gebe es „weitere Fälle“ in anderen Landkreisen | |
Niedersachsens. Nähere Angaben machte das Ministerium dazu nicht – auch | |
hier laufen Untersuchungen. | |
In der Region ist der schädliche Pilz nach Angaben der Behörden zwar schon | |
seit 1999 bekannt, er wurde aber seit 2015 nicht mehr nachgewiesen, | |
berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung. Das Problem: Im Boden kann der | |
Erreger „mindestens 15 bis 20 Jahre überleben“, sagt das | |
[2][Julius-Kühn-Institut, das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen]. | |
Die [3][Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft] spricht sogar von bis | |
zu 40 Jahren. | |
## Hitze- und kältetolerante Schädlinge | |
Die Schädlinge sind zudem sehr hitze- und kältetolerant. Verbreitet werden | |
sie durch verseuchtes Pflanzgut, Landmaschinen sowie Rückstände der | |
kartoffelverarbeitenden Industrie. Bekämpfungsmöglichkeiten: Keine. Und | |
allein im Emsland und der Grafschaft Bentheim werden von etwa 1.000 | |
Landwirten auf rund 31.000 Hektar Kartoffeln angebaut. | |
Bei den Nematoden genanntem Fadenwürmern schätzten [4][Fachleute schon | |
2015, dass zwischen 50 und 70 Prozent der 100.000 Hektar, auf denen in | |
Niedersachsen seinerzeit Kartoffeln angebaut wurden, mit den Schädlingen | |
belastet waren.] | |
Die Landwirtschaftskammer widersprach dem: In Stichproben konnten zwar auf | |
28 Prozent der Anbaufläche von „Konsumkartoffeln“ Nematoden nachgewiesen | |
werden. Bei den Saatkartoffeln liege der Anteil aber „bei exakt null | |
Prozent“, behauptete die Landwirtschaftskammer (LWK) damals. | |
## 16 Flächen für Anbau gesperrt | |
Bis in die Achtziger Jahre hinein führte der Befall mit Fadenwürmern „zu | |
teilweise erheblichen Ertragsverlusten“, erklärt die Kammer. Durch | |
konsequenteren Anbau resistenter Sorten sei die Nematodendichte im Laufe | |
der Jahre aber erheblich reduziert worden, und liege in vielen Fällen | |
„unter der Nachweisgrenze“. Die Zysten der Fadenwürmer überleben aber bis | |
zu 20 Jahre lang im Boden. | |
Derzeit sind nach Angaben des Ministeriums 16 Flächen im Emsland für den | |
Kartoffelanbau gesperrt. Eine von Kartoffelkrebs befallene Fläche steht | |
dabei für mindestens 20 Jahre unter Quarantäne. | |
Die Behörde empfiehlt den Bauern derweil, ihre Pflanzkartoffeln zu waschen | |
– danach können sie diese noch für weniger Geld als Speisekartoffeln | |
verkaufen, wenn ihre Erde unbelastet ist. Der Geschäftsführer des | |
Pflanzkartoffel-Produzenten Solana bezeichnete das in der Neuen Osnabrücker | |
Zeitung als „technisch kaum möglich“, zudem seien die Zusatzkosten „kaum… | |
erwirtschaften“. Die Kartoffeln würde das „wesentlich verteuern“, sagt a… | |
Eckehard Niemann. | |
Aus seiner Sicht ist die Konzentration des Kartoffelanbaus für die | |
Verbreitung der Schädlinge mit verantwortlich: „Kartoffeln kann man | |
entsprechend der guten fachlichen Praxis nacheinander nur alle vier Jahre | |
anbauen“, sagt der ABL-Sprecher, „damit dazwischen ein möglicher | |
Schädlings-Anfangsbefall in den Böden abgebaut wird“. | |
## Klärschlamm verbreitet Kartoffelkrebs | |
Im Emsland aber, das berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung vom | |
„Kartoffeltag“im vergangenen Jahr, gebe es Gebiete, in denen alle zwei | |
Jahre Kartoffeln angebaut würden. Schädlinge können so leichter Resistenzen | |
entwickeln, sagen Experten. Die enge Fruchtfolge vermindert am Ende auch | |
den Ertrag: Nachdem der über Jahrzehnte von 20 auf 45 Tonnen je Hektar | |
angestiegen war, sei die Tendenz seit 2000 stagnierend oder sogar sinkend, | |
berichtete die Landwirtschaftskammer laut der Neuen Osnabrücker Zeitung auf | |
dem Kartoffeltag. | |
Neben der engen Fruchtfolge könnte Niemann zufolge Klärschlamm die | |
Verbreitung des Kartoffelkrebses begünstigen. Auch in Biogas-Anlagen | |
überlebten die Sporen. Zudem begünstige die Rodung von Zuckerrüben die | |
Verbreitung der Erreger – und diese Quelle sei „schwer in den Griff zu | |
kriegen“. | |
Niemann fordert nun eine „Ausweitung der Kontrollen“. Das stichprobenartige | |
Monitoring sei bisher auf Fadenwürmer beschränkt und „völlig unzureichend�… | |
Und wer nur Konsumkartoffeln anbaut, bleibt von den Kontrollen der Ämter | |
verschont – kann aber den Erreger weiter verbreiten. | |
24 May 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.noz.de/lokales/papenburg/artikel/1215319/solana-stellt-einkauf-… | |
[2] http://pflanzengesundheit.jki.bund.de/index.php?menuid=60&downloadid=16… | |
[3] http://www.lfl.bayern.de/ips/pflanzengesundheit/025321/index.php | |
[4] /Archiv-Suche/!5014511&s=Wyputta+w%C3%BCrmer/ | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
## TAGS | |
Ernte | |
Kartoffeln | |
Schädlinge | |
Insekten | |
Irland | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Folgen des warmen Winters: Ein gutes Jahr für Kartoffelkäfer | |
In Niedersachsen läuft die Kartoffelernte. Da im warmen Winter viele | |
Knollen im Boden überlebten, konnten sich die Kartoffelkäfer gut vermehren. | |
Die Wahrheit: Unsere täglich Kartoffel gib uns heute | |
Für Iren ist die knuffige Knolle nicht nur ein Nahrungsmittel. Sie ist eine | |
Märtyrerin. Nichts kann die Liebe zum Erdapfel trüben, fast nichts … | |
Aktion gegen Amflora-Anbau: Greenpreace blockiert Kartoffellager | |
Aktivisten haben ein Kartoffellager in norddeutschen Bütow besetzt. Bütow | |
ist bundesweit der einzige Ort, wo die Gen-Kartoffel Amflora angebaut | |
werden soll. 21 Aktivisten erkennungsdienstlich behandelt. |