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# taz.de -- Eurovisão am Tejo, Folge 4: Sein Style suggeriert Antiglamour
> Michael Schulte tritt für Deutschland beim ESC an. „You Let Me Walk
> Alone“ ist weit mehr als Gefühlspop. Der Song birgt eine persönliche
> Story.
Bild: Michael Schulte aus Lindau an der Schlei
Lissabon taz | Mit Michael Schulte macht der NDR, ARD-verantwortlich für
den Eurovision Song Contest, vieles anders als in anderen Jahren mit den
Eurovisionskandidat*innen deutscher Provenienz. Am wichtigsten ist, sonst
hätte sich Michael Schulte, der deutsche Sänger, auch nicht auf dieses
Event eingelassen, „die künstlerische Freiheit“. Keine Plattenfirma
schraubt am Künstler herum, so dass am Ende nach aller Abschleifung aus
einem rohen Edelstein ein irgendwie überpoliertes Stück Modeschmuck
herauskommt.
Das wiederum müsste sich Michael Schulte auch gar nicht gefallen lassen.
Der junge Mann, aufgewachsen nahe Flensburg, jetzt lebend in Buxtehude bei
Hamburg, ist ja längst ein Star, er hat sich seine Fanbase via Facebook
aufgebaut, eine in die siebenstellige Zahl gehende.
Schulte gilt, zum Entzücken seiner Fans, als ausgesprochen
autonomiebewusst, er lässt sich die Karten nicht aus der Hand nehmen. Sein
Style suggeriert Antiglamour, er sieht aus wie junge Männer alle aussehen,
die hipsterische Örtlichkeiten aufsuchen, Cafés und Restaurants. Hier in
Lissabon macht er alles mit, was promotionell einfach zu tun ist – etwa
eine Stadtrundfahrt, bei denen Medienleute mitfahren dürfen. Ruhig, bar
aller aufgetriedelten Aufgeregtheit absolviert er den Parcours, lässt sich
fotografieren und befragen, mal an einer alten Straßenbahn, dann wieder am
Turm von Belem – dort singt er, sich selbst auf der Gitarre begleitend,
seinen Titel „You Let Me Walk Alone“ unplugged, was sehr schön klingt.
Dieser Mann markiert, noch stärker als die einstigen deutschen ESC-Stars
wie Max Mutzke (2004) und Roman Lob (2012), dass er die Showwelt mit ihren
Aspekten der Überschminktheit nicht so recht mag. Er sieht aus wie „the
young man next door“: charmant und doch früh erwachsen. Und niemals, so
scheint es, gefallen wollend. Und er ist, in männlicher Hinsicht, sozusagen
das Gegenstück zu allen unappetitlichen Bildern, die mit der #metoo-Debatte
vom Mann an sich evoziert werden – was angenehm wirkt.
Sein Lied, eine im eurovisionären Liederangebot von Lissabon emotionale
Geschichte, erzählt vom Verlust des Vaters, den er vermisse und den er doch
gebraucht hätte auf dem Weg ins Erwachsenenalter. Michael Schulte hat
dieses Lied im Januar für den ESC-Vorentscheid geschrieben, seelisch lag
das nahe, seit Dezember weiß er, dass er selbst Vater wird. Eigentlich
wollte er sein Lied, das in der Tat jede Authentizitätsprüfung locker
übersteht, nicht beim ESC singen – der NDR hat ihm freundlich geraten,
nicht zurückzuschrecken. Gut so!, „You Let Me Walk Alone“ ist weit mehr,
als sei's aus der Gefühlspopfabrik edsheeranesker Art, es birgt wirklich
eine persönliche Story.
P.S.: Samstag abend, Cineteatro Capitólio, im Herzen des Theaterviertels,
zog sich eine 300 Meter lange Schlange aus Menschen hin, auf Einlass
hoffend: Israel bat zur ESC-Party. Netta Barzilai, so schwärmten viele
hernach, war in Hochform – quietschig ihr Lied „Toy“ darbietend.
6 May 2018
## AUTOREN
Jan Feddersen
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Lissabon
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