Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- „Fest der Nationen“ in Frankreich: Rechtspopulisten unter sich
> In Nizza kamen die europäischen Rechten zusammen: für bulgarische
> Atomkraftwerke, tschechische Vorfahren und das antike Griechenland.
Bild: Wollte am Tag der Arbeit nicht allein sein: die französische Politikerin…
Nizza taz | An diesem 1. Mai bewegen sich die Rechtsextremen Europas zu
einem provenzalischen Trachtentanz. Der Front National hat seine
europäischen Kollegen aus der Brüsseler Fraktion MENL nach Nizza
eingeladen. Und jeder Gast, der die grauen Messehallen betritt, stolpert
als erstes über Tänzerinnen aus Avignon mit Spitzenhäubchen und
lavendelfarbenen Schürzen. Hier soll ein „Europa der Nationen“ gefeiert
werden, der „Freien Völker“, wie es die französische Parteichefin der Fro…
National Marine Le Pen ausdrückt.
Vor einem Jahr schaffte es Le Pen bis in die Stichwahl der französischen
Präsidentschaftswahlen, hat aber seitdem in Frankreich keine große
Aufmerksamkeit mehr gefunden. Vielleicht hat sie auch deshalb ihre
europäischen Kollegen eingeladen, mit ihr den 1. Mai zu feiern.
Denn traditionell marschiert der Front National zum Tag der Arbeit durch
die Hauptstadt. Aber dieses Mal wählte Le Pens Truppe nicht die Straßen von
Paris, sondern die grauen Messehallen von Nizza. Schließlich leben hier
ihre euphorischsten Anhänger, bei Wahlen erringt sie hier häufig 40
Prozent.
Wie feiern nun Nationalisten zusammen, die alle ihr eigenes Land über alles
stellen wollen? Indem jeder sein eigenes Europa lobt. Der Grieche Failos
Kranidiotis beispielsweise sieht zwei wichtige Säulen für Europa: das
antike Griechenland und das Christentum. Der Bulgare möchte im Brüsseler
Parlament vertreten sein, um in seinem Heimatland Atomkraftwerke so bauen
zu können, wie er es will.
Der Tscheche Tomio Okamura warnt vor den Zentralisten in Brüssel, die
„genauso wie die Nazis“ eine einheitliche Macht über Europa ausüben und d…
kulturelle Erbe seiner Vorfahren zerstören wollten. Einige Redner loben
US-Präsidenten Donald Trump, andere sehen in ihm einen Gegner der
nationalen Interessen. Und im Hauptsaal singen französische Nationalisten
eine „Marseillaise“ nach der anderen. Sie schwingen ihre belgischen,
polnischen, französischen und österreichischen Flaggen.
## Wut gegen Flüchtlinge eint die Parteien
Eigentlich gibt es nur ein Thema, das alle rechtsextremen Parteien eint:
die Wut auf Flüchtlinge. Bei jeder Warnung vor Migrantinnen und Migranten
flammt tosender Applaus auf. Schließlich prallen an der
französisch-italienischen Grenze bei Nizza immer wieder Flüchtlingshelfer
und Rechtsextreme aufeinander.
Erst vor wenigen Tagen spannten Anhänger der „identitären Bewegung“ einen
orangefarbenen Plastikzaun über einen verschneiten Alpenpass auf, um
Flüchtlinge daran zu hindern, nach Frankreich einzuwandern. Auch im kargen
Kongress-Saal stimmten die mehrheitlich männlichen Zuschauer das Motto
aller Nationalisten an: „On est chez nous“ was in etwa dem Slogan
„Deutschland den Deutschen“ entspricht.
Der Pole Michal Marusik brachte es auf die rassistische Formel:
„Flüchtlinge müssen unsere Gesetze akzeptieren – dazu gehört auch die
Sauberkeit.“ Marusik beendete seine Rede mit einem „Gott segne die
Gerechten.“
Die „Bewegung für ein Europa der Nationen und der Freiheiten“ gründete si…
bei der vergangenen Europawahl 2014 und umfasst rechtsextreme Parteien aus
acht EU-Ländern. Kurioserweise ist aus Deutschland nicht die AfD vertreten,
sondern die abgespaltene blaue Partei von Frauke Petry. Sie firmierte auf
dem Einladungsbild – aber war natürlich nicht zugegen.
## Bekannteste Köpfe fehlen
Einzig ihr Ehemann Markus Pretzell wurde noch auf dem AfD-Ticket ins
Europaparlement gewählt und sitzt nun als „Blauer“ in der rechtsextremen
Fraktion. Wohl aus Rücksicht auf die Kluft zwischen der in den Bundestag
gewählten AfD und dem Mitglied der Blauen in der MENL trat kein deutscher
Rechter in Nizza auf.
Natürlich ist das Treffen am Mittelmeer auch der Auftakt für den Kampf um
Plätze im Europaparlament. In einem Jahr wird das Brüsseler Parlament neu
gewählt – und aller Voraussicht nach wird die rechtsextreme Fraktion Plätze
hinzugewinnen. Ob dann die polnischen, französischen und griechischen
Nationalisten allerdings mit einer Stimme sprechen, ist fraglich.
In Nizza fehlten die bekanntesten Köpfe – der Holländer Geert Wilders wurde
angeblich kurzfristig wegen eines laufenden Prozesses aufgehalten, der
Italiener Matteo Salvini schickte nur eine Videobotschaft. Als Le Pen und
der Saal zum Abschluss die französische Nationalhymne singen, schauen ihre
Kollegen nur stumm in die Kamera.
1 May 2018
## AUTOREN
Annika Joeres
## TAGS
Rechtspopulismus
Rechtsextremismus
Marine Le Pen
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt Rassemblement National
Stephen Bannon
## ARTIKEL ZUM THEMA
Champagner-Laune bei den Rechten: Die EU pleite saufen
Rechtspopulisten im Europaparlament tranken 2016 ganze 234 Flaschen
Champagner und aßen 400-Euro-Essen. Sie sollen die 420.000 Euro
zurückzahlen.
Parteitag des Front National: Marketing à la Marine
Der neue Name Rassemblement National sollte die Rechten aus der
Schmuddelecke holen. Doch schon droht Marine Le Pen juristischer Streit.
Neuer Name für Front National: Entdiabolisieren mit dem Ku-Klux-Klan
Marine Le Pen hat die letzten Bande zu ihrem Vater gekappt. Der
rechtsextreme Front National wird anders heißen. Ob sich sonst etwas
ändert?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.