| # taz.de -- Kommentar Geld für die Bundeswehr: Der Kalte Krieg ist längst vor… | |
| > Die Bundesregierung sollte nicht einfach mehr Geld fürs Militär fordern. | |
| > Ein kritischer Blick auf die Bedürfnisse der Bundeswehr wäre besser. | |
| Bild: Armer kleiner Panzer, geht es dir nicht gut? Kann mehr Geld helfen? | |
| Mit der Bundeswehr meint es diese Große Koalition gut: Sie bekommt [1][mehr | |
| von allem]. Mehr Personal, mehr Ausrüstung, mehr Waffen und für all das | |
| mehr Geld. 6 Milliarden Euro zusätzlich in den nächsten vier Jahren sieht | |
| der Plan von Finanzminister Olaf Scholz vor. 12 Milliarden Euro zusätzlich | |
| fordert Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Um die konkrete Summe | |
| wird die Koalition noch lange ringen, ab dem Herbst auf fundierterer | |
| Grundlage als bisher: Dann will von der Leyen das neue Fähigkeitsprofil der | |
| Bundeswehr vorstellen – ein Dokument also, das festlegen soll, welche | |
| Ausstattung die Armee braucht, um ihre Aufgaben zu erfüllen. | |
| Im Idealfall wird in dem Papier aber nicht nur stehen, was die Bundeswehr | |
| braucht. Für eine seriöse Debatte sollte sich die Regierung dem Thema auch | |
| von der anderen Seite nähern und fragen: Was braucht die Bundeswehr nicht? | |
| Nehmen wir die Landes- und Bündnisverteidigung: Nach dem Ende des Kalten | |
| Kriegs war sie fürs Erste überflüssig – es stand schließlich kein Feind | |
| mehr vor der Tür. Nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine denkt die | |
| Bundesregierung aber um und will die Bundeswehr wieder für einen russischen | |
| Angriff rüsten. Mit Blick auf die Außenpolitik des Kreml ist das legitim. | |
| So bedrohlich wie vor 1990 ist die Lage für Deutschland und die Nato | |
| trotzdem nicht. | |
| Die russische Armee demonstriert in Syrien und der Ukraine zwar, wozu sie | |
| in der Lage ist. Trotzdem sind ihre Fähigkeiten begrenzt. Das zeigen schon | |
| die Militärausgaben, die 2017 in Russland nur 66,1 Milliarden Dollar | |
| betrugen. Zum Vergleich: Allein die drei wichtigsten europäischen | |
| Nato-Staaten (Deutschland, Frankreich und Großbritannien) gaben zusammen | |
| 149,3 Milliarden aus. | |
| Für Panzerschlachten in der norddeutschen Tiefebene muss sich die Nato | |
| nicht mehr wappnen. Wenn überhaupt, droht Gefahr an Schwachpunkten im | |
| Osten wie zum Beispiel in den baltischen Staaten. Was dort hilft? Am | |
| ehesten das, was die Nato seit zwei Jahren mit deutscher Unterstützung | |
| sowieso schon macht: Kleinere Einheiten aus anderen Mitgliedsstaaten | |
| stationieren – Abschreckung mit überschaubarem Eskalationspotenzial. Dafür | |
| braucht die Bundeswehr funktionierende Ausrüstung, die natürlich Geld | |
| kostet, aber eben keine massive Aufrüstung mit riesiger Kampfpanzerflotte | |
| wie im Kalten Krieg. | |
| ## Aufgaben der Bundeswehr eingrenzen | |
| Ähnlich sieht es [2][bei den Auslandseinsätzen] aus: Die Bundesrepublik | |
| muss auch in Zukunft nicht bei jedem militärischem Abenteuer der | |
| Partnerstaaten mitmachen. An misslungenen Interventionen wie im Irak und in | |
| Libyen hat sich die Bundeswehr nicht beteiligt, im Nachhinein hat sich das | |
| als richtig herausgestellt. | |
| Für sinnvolle und rechtmäßige Auslandseinsätze, vor allem solche unter | |
| UN-Mandat, sollte die Bundeswehr zwar ausreichend ausgerüstet sein. Auch | |
| dafür ist funktionierende Ausstattung nötig, die natürlich Geld kostet. Die | |
| Zahl solcher Einsätze wird aber auf absehbare Zeit begrenzt bleiben – und | |
| damit auch die Menge des tatsächlich benötigten Materials. | |
| Womöglich könnte die Regierung die Bundeswehr schon mit dem vorhandenen | |
| Geld angemessen ausstatten: Indem sie die Aufgaben der Bundeswehr | |
| tatsächlich eingrenzt, statt künftig überall dabei sein zu wollen. Indem | |
| sie – wie bereits geplant – in Zukunft stärker mit den europäischen | |
| Partnern kooperiert, sich auf bestimmte Fähigkeiten konzentriert, andere | |
| Fähigkeiten den Nachbarstaaten überlässt oder bei Waffenkäufen | |
| zusammenlegt. Und indem sie ihr Beschaffungswesen weiter reformiert und | |
| dadurch weniger Geld verpulvert. | |
| Vielleicht würden auch all diese Schritte noch nicht ausreichen. Vielleicht | |
| braucht die Bundeswehr tatsächlich mehr Geld, entweder für einige Jahre | |
| oder sogar dauerhaft. Vielleicht könnte die Bundesregierung das den Bürgern | |
| sogar vermitteln. Das schafft sie aber nicht, indem sie einfach nur nach | |
| mehr ruft. | |
| 6 May 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tobias Schulze | |
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