# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Wie falsch ist Richtiges von Falschen? | |
> E-Autos statt Diesel, Bio statt Quäl – schön, wenn die Menschen | |
> vernünftig sind. Aber was, wenn das aus seltsamen Motiven geschieht? | |
Bild: Autos für die Guten? | |
Schräg gegenüber von unserer Wohnung gibt es dieses zweifelhafte | |
Etablissement. Zwischen Whisky-Shop und Blumenladen residiert: ein Makler. | |
Die Nachbarn erzählen, er treibe beruflich die Mietpreise nach oben. Und | |
neulich sah ich ihn, wie er in einen glänzenden schwarzen Wagen stieg. | |
Einen Tesla Model S. | |
Seitdem grüble ich: Wenn die Falschen das Richtige tun – wird es dadurch | |
falsch? Wenn diejenigen bei der Elektromobilität Gas geben, die man | |
eigentlich auf dem Standstreifen parken will? Wenn der gefährlichste | |
Wirrkopf der Welt durch sein Prahlen mit dem großen Atomknopf plötzlich | |
Nord- und Südkorea wiedervereinigt? Wenn die AfD im Bundestag die | |
Agrarpolitik als Ursache von Ökoproblemen benennt? | |
Ein altes Problem bei der Rettung der Welt: Was tun mit den | |
Trittbrettfahrern? Lange wurde der Energiewende vorgeworfen, sie mache die | |
Zahnärzte reich, die in Solaranlagen und Windkraftportfolios investieren | |
konnten. Das stimmt. Den Boom bei Biolebensmitteln gebe es nur, weil sich | |
die Bionade-Boheme damit von den armen Netto-Kunden abgrenzen wollten, hieß | |
es dann. Stimmt zumindest teilweise. | |
## Was ist Greenwashing? Was hilft? | |
Und jetzt die E-Autos. Die kann sich auch nicht jeder leisten, wenn er sein | |
Geld nicht als Makler verdient. Sind sie angenehm, um den Abstand zum | |
Dieselpöbel zu halten? Die Werbung propagiert jedenfalls, für die Rettung | |
der Welt dürfe es auch mal ein bisschen mehr kosten. | |
Ehrlich gesagt: Ich hätte gar nichts dagegen, wenn die Society-Schnösel das | |
grüne Leben für sich entdecken würden – statt einen Lifestyle zu | |
propagieren, der sich einen Scheiß um morgen schert. Es wäre doch toll, | |
wenn der Jetset nur noch in abgasfreie Flugzeuge stiege. Wenn sich Schöne | |
und Schlanke nur noch an ökofairen Regionalbuffets bedienten. Oder wenn sie | |
damit angäben, dass ihr CO2-Konto praktisch leer sei. Wenn im Trash-TV die | |
Neureichen mit ihren ethischen Investments oder ihren geschützten Urwäldern | |
prahlen würden. Oder wenn „plastische Chirurgie“ beim Kampf gegen den | |
Kunststoff helfen könnte. | |
Sicher: Vieles ist Greenwashing, wo die Öko-Fassade die Zerstörung | |
bemäntelt. Aber das dümmste Argument gegen Umwelt-Engagement war schon | |
immer: „Die tun das nur, um Geld zu verdienen!“ Das wollen wir doch sehr | |
hoffen, dass man mit guten grünen Ideen reich werden kann. | |
Im Englischen zumindest hört man keinen Unterschied zwischen „profit“ und | |
„prophet“. Darüber kann man nun lange sinnieren. Oder sich bei Kraftwerken | |
und Autos am kategorischen Imperativ des großen Umweltethikers Helmut Kohl | |
(CDU) orientieren: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“ | |
5 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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