Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Paraguay: Sieg für rechtsnationalen Abdo
> Der rechtsnationale Mario Abdo Benítez setzt sich gegen seinen
> Kontrahenten durch. Überraschend auf Platz 3 landet ein Grüner.
Bild: Mario Abdo Benítez kurz nach seiner Wahl am Sonntag in Asunción
Buenos Aires taz | In Paraguay hat der rechtsnationale Mario Abdo Benítez
die Präsidentschaftswahl gewonnen. Der Kandidat der regierenden
Colorado-Partei setzte sich am Sonntag mit 46,4 der Stimmen durch. Sein
größter Kontrahent Efraín Alegre von der konservativ-liberalen Partei PLRA
erhielt 42,7 Prozent. Die anderen acht Kandidaten landeten weit
abgeschlagen auf den nächsten Plätzen. Einen kleinen Achtungserfolg errang
Juan Bautista Ybañez von der grünen Partei, der es mit 3,3 Prozent der
Stimmen auf den dritten Platz schaffte.
Abdo Benítez' Triumph überrascht nicht, fiel mit 96.000 Stimmen Vorsprung
jedoch knapper aus als erwartet. Der 46-Jährige wird am 15. August die
Nachfolge des [1][scheidenden Präsidenten Horacio Cartes antreten]. Mit ihm
setzt sich die Herrschaft der konservativen Colorado-Partei fort, die seit
über 70 Jahren das Staatsoberhaupt stellt, einschließlich der Diktatur von
General Alfredo Stroessner (1954–1989). Lediglich 2008 verloren die
Colorados gegen den ehemaligen Bischof Fernando Lugo, dessen Linksbündnis
eine Koalitionsregierung mit der liberalen Partei bildete.
Der Name Abdo Benítez ist eng mit der Zeit der Stroessner-Diktatur
verbunden, in der über 400 Menschen ermordet und 20.000 inhaftiert und
gefoltert wurden, wie es der Bericht der Kommission für Wahrheit und
Gerechtigkeit im Jahr 2008 dokumentiert. Mario Abdo Benítez Senior war
Stroessners Privatsekretär und der führende Kopf des politischen
Führungskreises. Reue zeigte der Senior nie. Als er 2013 starb, waren
zahleiche Korruptionsprozesse gegen ihn anhängig.
Wiederholt hat Mario Abdo Benítez Junior „die guten Dinge der damaligen
Epoche“ verteidigt. Im Wahlkampf hielt er sich damit zurück und gab sich
als überzeugter Demokrat. Gleich nach seiner Stimmabgabe am frühen
Sonntagmorgen ging er zum Grabmal seines Vaters, das unmittelbar neben dem
Mausoleum der Stroessnerfamilie liegt. Sein stattliches Vermögen verdankt
der geschulte Politberater dem Erbe seines Vaters und seinen zwei
Baufirmen, mit denen er seit Jahren glänzende Geschäfte macht, auch mit dem
Staat.
## Maquila-Industrie boomt
Der anhaltende Boom der Bauwirtschaft wird befeuert von den immensen
Exporteinnahmen, die die Großgrundbesitzer durch den Verkauf von Soja und
der Staat durch den Verkauf von Strom erzielen. Paraguay ist zum
sechstgrößten Sojaproduzenten aufgestiegen und die Mega-Wasserkraftwerke
Yaciretá und Itaupú erzeugen ein Vielfaches mehr als den Eigenbedarf und
finden in die Nachbarländer Argentinien und Brasilien zahlungskräftige
Abnehmer. Doch nicht nur das.
Der rund 300.000 öffentlich Bedienstete oder Funktionsträger umfassende
Staatsapparat ist durchdrungen von Parteimitgliedern oder Sympathisanten.
Die Colorados haben Paraguay zu einem gewerkschaftsschwachen Billiglohnland
mit niedrigen Steuersätzen gedrillt. Das wissen Investoren zu schätzen und
die Maquila-Industrie rund um die Hauptstadt Asunción boomt. An den
verlängerten Werkbänken von Firmen vor allem aus Brasilien fertigen rund
13.000 Beschäftigte zu Niedriglöhnen Konsumprodukte.
Die gut 1.100 Kilometer lange Luftlinie zwischen Asunción und der
brasilianischen Industriemetropole São Paulo ist in Südamerika ein
Katzensprung. Dass der Boom ausgrenzt, beweist gerade die Sojaproduktion,
die viele Arbeitskräfte in der Landwirtschaft überflüssig macht. Die
abgewanderten Betroffenen siedeln sich in den Armenvierteln an, die sich in
und um die Städte ausdehnen. Für alle sichtbar ist dies gerade in Asunción.
Hier grenzen Luxusviertel, Shoppingmalls und Armensiedlungen unmittelbar
aneinander. Im Wahlkampf war dazu von den beiden großen Parteien wenig zu
hören.
## Ein Viertel unter der Armutsgrenze
Ebenso wenig war von einer Agrarreform die Rede, mit der die ungleichen
Eigentumsverhältnisse bei Grund und Boden angegangen werden könnten. Dass
drei Prozent der Bevölkerung Eigentümer von 88 Prozent des Landes sind,
macht Paraguay auch hier zum Spitzenreiter.
Wie sehr die Wirtschaft auch im regionalen Vergleich brummt, bestätigte
kürzlich der Internationale Währungsfonds, als er Paraguay zum
Spitzenreiter in Lateinamerika erklärte und ein Wirtschaftswachstum von 4,5
Prozent für Ende des Jahres prognostizierte. Zwar wächst seit 15 Jahren mit
dem gleichen Prozentsatz jedes Jahr die Mittelklasse, aber noch immer lebt
jedeR vierte ParaguayerIn unterhalb der Armutsgrenze.
Bleibt abzuwarten, ob sich kritische Stimmen unterhalb der Präsidentenebene
zusammenfinden werden. Denn die rund 4 Millionen Wahlberechtigten waren am
Sonntag auch aufgerufen, 45 Senatoren und 80 Abgeordnete im zukünftigen
Kongress, sowie 17 Gouverneure und 17 Regionalparlamente zu wählen. Die
Wahlbeteiligung lag bei 61 Prozent.
23 Apr 2018
## LINKS
[1] /Kommentar-Praesident-in-Paraguay/!5398449
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Paraguay
Südamerika
Soja
Schwerpunkt Armut
Argentinien
Naturschutz
Lateinamerika
## ARTIKEL ZUM THEMA
Olympische Jugendspiele in Buenos Aires: Die wollten nur Spiele
Den Zuschlag für Jugend-Olympia gab es für ein soziales Konzept. Davon ist
nichts mehr zu erkennen. Nun will Argentinien das ganz große Spektakel.
Naturzerstörung bedroht Menschheit: Artenschutz für den Homo sapiens
Der Biodiversitätsrat der Vereinten Nationen warnt in einem neuen Bericht:
Der Verlust von fruchtbaren Böden schadet 3,2 Milliarden Menschen.
Debatte USA und Lateinamerika: Chinas neuer Hinterhof
Unter Trump hat das Desinteresse der USA an Lateinamerika den Höhepunkt
erreicht. China füllt das ökonomische Vakuum gerne.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.