# taz.de -- ÖPNV ohne Ticket im Bundestag: Schwarz-Rot fährt weiter „schwar… | |
> Linke und Grüne haben am Freitag Gesetzesentwürfe zur Entkriminalisierung | |
> des Fahrens ohne Fahrerlaubnis eingebracht. | |
Bild: Eine Bahnfahrt endet auch mal im Knast | |
BERLIN taz | Im Jahr 2016 saßen 7.600 Menschen wegen Fahrens ohne | |
Fahrschein in deutschen Gefängnissen. Das sogenannte „Schwarzfahren“ wird | |
in Deutschland als Straftatbestand verfolgt, was den Fiskus allein in | |
Berlin täglich 200.000 Euro kostet. Nicht nur wegen der immensen Kosten | |
steht die Rechtslage deshalb seit Jahrzehnten in der Kritik. Was für den | |
CSU-Bundestagsabgeordneten Alexander Hoffmann die gerechte Bestrafung für | |
„grob asoziales Verhalten“ ist, ist für den Linkenpolitiker Niema Movassat | |
eine ungerechte „Doppelbestrafung“ der Ärmsten. | |
Die Debatte um kostenlosen ÖPNV hatte das Thema wieder aufkochen lassen, da | |
es sich, so Canan Bayram von den Grünen, mit dessen Einführung erübrigen | |
würde. In fünf Kommunen soll kostenloser ÖPNV zwar jetzt getestet werden. | |
Da Gratis-Busse-und-Bahnen jedoch in naher Zukunft flächendeckend | |
unwahrscheinlich bleiben, wurden am Freitag erneut zwei Gesetzesentwürfe | |
zur Abschaffung des Straftatbestands diskutiert. | |
Die Linke schlug vor, ihn gänzlich aus den Gesetzbüchern zu streichen. | |
Dagegen sprach sich die Grüne Bayram unter der Maßgabe „Entkriminalisierung | |
bedeutet keine Legalisierung“ dafür aus, ihn als Ordnungswidrigkeit | |
umzuwidmen und so dem „Recht auf bezahlbare und attraktive Bewegung für | |
alle“ zu entsprechen. Das Ordnungsrecht erlaubt im Gegensatz zum Strafrecht | |
keine Haftstrafen im Fall begründeter Zahlungsunfähigkeit. | |
2016 registrierte die Polizei bundesweit 246.000 Fälle von Fahren ohne | |
Fahrerlaubnis, die für die Verkehrsbetriebe einen Schaden von rund 5,5 | |
Millionen Euro bedeuteten. Von der strafrechtlichen Verfolgung sind | |
bekanntlich vor allem arme und hilfsbedürftige Menschen sowie Obdachlose | |
betroffen, denen es besonders schwer fällt, für den Transport zu bezahlen. | |
Gefängnisstrafen von bis zu einem Jahr seien nicht verhältnismäßig, | |
befördere soziale Ungleichheit und belaste obendrein die Staatskassen, | |
betonten Grüne und Linke. | |
„Das mehr, schärfer und härter des Innenministers“ in dieser Sache ist au… | |
für Katharina Kloke von der FDP die falsche Richtung. Jedoch vertritt sie | |
die Meinung, dass sich der Rechtsstaat nicht über die zur Verfügung | |
stehenden Mittel definieren lässt. In dasselbe Horn stößt Alexander | |
Hoffmann. Er warf der Opposition vor: „Sie rufen die Kapitulation des | |
Rechtsstaats aus!“ | |
Verständnisvoller war die SPD in der Debatte. Ihre Abgeordnete Sarah | |
Ryglewski betonte, dass Mobilität ein Grundrecht, das Strafrecht jedoch | |
nicht das richtige Instrument sei, um es durchzusetzen. Sie sagte, dass | |
„niemand will, dass Schwarzfahren keine Konsequenzen hat, solange wir | |
keinen freien ÖPNV haben.“ Und damit sagte sie auch, dass vorerst alles so | |
bleibt wie es ist. | |
20 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Frederik Richthofen | |
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