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# taz.de -- Urteil im Fall des Rentnermords: Lebenslang für Josef S.
> Zehn Jahre lag ein Mordopfer tot in seiner eigenen Tiefkühltruhe. Der
> Mörder wurde nun verurteilt
Bild: Der Angeklagte im Gericht
Eine Kiezgröße war Josef S. über viele Jahre im nördlichen Prenzlauer Berg,
eine Kiezgröße im besten Sinne: Geschätzt bei Nachbarn als Handwerker, gern
gesehen in einem Kiosk, wo er oft sein Frühstück einnahm, bekannt als
Joschi aus dem Trödelladen, den er in der Langhansstraße betrieb.
Geworden ist aus Josef S. nun einer, über den man – und das nicht nur in
seinem Kiez – als Mörder reden wird, als besonders kaltblütigen Mörder, der
an der Jahreswende 2006/7 den Rentner Heinz N. erschossen, die Leiche
zerteilt und in der Wohnung des Opfers eingefroren haben soll, um dann,
solange es ging, von der nicht kleinen Rente des Toten, dessen
unmittelbarer Nachbar er eine Zeit lang war, zu leben, monatlich 2.000
Euro.
Die 40. große Strafkammer des Landgerichts hat Josef S. gestern zu einer
lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes und diverser anderer Delikte
verurteilt und zugleich die besondere Schwere der Schuld festgestellt.
Josef S. wird also die nächsten 15 Jahre im Gefängnis verbringen, erst
danach bestehen Aussichten darauf, dass er seine Freiheit wiedererlangt.
## S. plünderte das Konto seines Opfers
Das Aufsehenerregende an dem Fall neben der Grausamkeit der Tat war, dass
es zehn Jahre dauerte, ehe der Tote entdeckt wurde. Das lag wohl vor allem
daran, dass Josef S. den Mord verschleierte und den Anschein erweckte, der
Rentner lebe nach wie vor in seiner Wohnung. S. sah dort immer wieder nach
dem Rechten, leerte den Briefkasten, erledigte Steuererklärungen im Namen
des Opfers – weshalb er auch wegen Urkundenfälschung verurteilt wurde – und
plünderte das Konto, ungestört.
Es gab nur einen Nachbarn, dem etwas komisch vorkam. Er meinte, Gestank aus
der Wohnung des Rentners zu riechen; nicht Verwesung, sondern Muff. Weil
den aber niemand sonst bemerkte, fand er nirgendwo Gehör. Bis es ihm am
Abend des 9. Januar 2017 doch gelang, die Polizei zur Durchsuchung der
Wohnung zu animieren – wo Heinz N. gefunden wurde. Ein Mobiles
Einsatzkommando musste nur warten, ehe einen Tag später Josef S. kam, um
den Briefkasten zu leeren.
## Den Mord gestand er nicht
Im Verlaufe des Prozesses gestand S. die Beseitigung der Leiche, die
Urkundenfälschung und den Raub. Da war die Beweislage aber auch erdrückend:
Heinz N.s Ausweise und Kontoauszüge hatte die Mordkommission bei Josef S.
gefunden, seine DNA an den hellroten Plastiksäcken, in denen die
Leichenteile ruhten. Nur den Mord stritt er bis zuletzt ab. Er habe, so
ließ er am 19. Verhandlungstag über seine Verteidiger mitteilen, Heinz N.
am 28. Dezember 2016 tot in seiner Wohnung aufgefunden, im Sessel sitzend,
mit einer Schusswunde im Kopf; offenbar Suizid aus Trauer über den nicht
lange zurückliegenden Tod seiner Frau. Josef S. habe am Tag darauf die
Leiche zersägt, weil er das Geld haben wollte.
Das Gericht folgte dem nicht, sämtliche Gutachten sprachen dagegen. Es gab
keine Leichenflecken, der Tote wurde schnell eingefroren; den Schuss muss
jemand anderes abgegeben haben. Ein Unbekannter? Das Gericht sah dafür
keine Anzeichen. Und ein weiterer Fall spielte eine Rolle, laut Gericht
„die Blaupause“ für den Mord an N.: Seit 2000 fehlt von Irma K. jede Spur,
sie wäre 92 Jahre alt. Auch ihre Rente kassierte Josef S., eine Leiche
wurde nie gefunden.
18 Apr 2018
## AUTOREN
Felix Zimmermann
## TAGS
Verbrechen
Mord
Justiz
Prozess
Mord
Kriminalität
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