# taz.de -- Überschwemmungen in Kenia: Auf den Staub folgt der Schlamm | |
> Nach zwei Jahren Dürre plagen Kenia heftige Regenfälle und | |
> Überschwemmungen. Nur ein paar junge Männer verdienen am nassen Elend. | |
Bild: Schon im März mussten die Bewohner Nairobis Überschwemmungen hinnehmen | |
Der Staub hat dem Schlamm Platz gemacht. Nachdem Kenia zwei Jahr lang an | |
elender Dürre litt, plagen nun anhaltende und schwere Regen das Land. Bei | |
Einladungen schauen Kenianer nun erst mal zum Himmel und sagen: „Ich komme, | |
wenn das Wetter es zulässt.“ Waren die meisten zu Beginn der zu früh | |
einsetzenden Regenzeit noch begeistert, sehnen sie sich jetzt wieder nach | |
der Sonne. Den Wettervorhersagen zufolge wird die aber vorläufig nicht | |
scheinen. | |
Vielerorts gibt es heftige Überschwemmungen. Bis jetzt kamen fünfzehn | |
Menschen ums Leben, eine Viertelmillion Menschen musste ihre Häuser | |
verlassen. Ganze Dörfer stehen unter Wasser oder sind unter dem Schlamm von | |
Erdrutschen verschwunden. Viele Bauern sahen ihre Ernte verfaulen. Tiere | |
haben zwar genug Gras und Wasser, aber jetzt lauern Krankheiten. „Wir | |
bekommen von allem immer zu viel. Zu viel Sonne, zu viel Regen“, klagt ein | |
Schafhirt. | |
An vielen Orten ist die Infrastruktur zerstört. Die wichtige Straße, die | |
von der Hafenstadt Mombasa ins übrige Kenia und auch in die Nachbarländer | |
führt, ist nur noch teilweise befahrbar. | |
Touristen, die sich das berühmte Naturschutzgebiet Masai Mara nahe der | |
Grenze zu Tansania anschauen wollen, können das Weltwunder nur noch mit dem | |
Flugzeug erreichen. Auf halbem Weg zwischen der Hauptstadt Nairobi und der | |
Masai Mara ist schon zweimal ein 40 Meter langer Straßenabschnitt unter | |
tiefem Schlamm verschwunden. Eine italienische Besucherin, zurück von ihrer | |
Safari, sagt: „Ich bin sechsmal in der Masai Mara gewesen, aber noch nie | |
habe ich sie so grün gesehen. Jedenfalls mangelt es den wilden Tieren nicht | |
an Futter.“ | |
## Kreisverkehre ähneln Schwimmbecken | |
Selbst im Nairobi-Nationalpark müssen die Behörden regelmäßig mit dem | |
Traktor losziehen, um zu abenteuerlustige Besucher aus dem Schlamm zu | |
ziehen. Der Hauptstadt blieben Überschwemmungen nicht erspart. | |
Kreisverkehre sehen hier mittlerweile aus wie Schwimmbecken. Dort schaffen | |
es nur Geländewagen, ihren Weg fortzusetzen. | |
Zumindest in den besseren Stadtteilen Nairobis geht das. Der größte Teil | |
der Metropole hat schon im Normalfall schlechte Straßen, von denen ein Teil | |
nun für Autos wie Fußgänger unbenutzbar geworden ist. Die Kanalisation war | |
sowieso schon unzulänglich, aber jetzt ist sie auch noch überschwemmt. | |
„Exkremente schwimmen bei mir durch die Straße“, erzählt eine Sekretärin | |
aus Nairobi. Sie klagt, dass sie deshalb nicht zur Arbeit habe gehen | |
können. „Es wird mich nicht wundern, wenn eine Cholera-Epidemie ausbricht.“ | |
Die Bewohner der Stadt äußern ihren Frust in den sozialen Medien, vor allem | |
ihren Ärger über Nairobis Gouverneur Mike Sonko. Dem bei der Jugend | |
beliebten Politiker wird vorgeworfen, falsche Prioritäten zu setzen. „Statt | |
mit allen Mittel diese Stadt aus dem Schlamm zu ziehen, schickt er | |
Mopedtaxifahrer nach Ruanda, damit sie dort lernen, wie man sich im Verkehr | |
benimmt“, schreibt ein Mann aus Nairobi wütend auf Facebook. Mopedfahrer | |
und Busfahrer gelten als notorisch schlechte Verkehrsteilnehmer, die für | |
die meisten Unfälle in dem Land verantwortlich sind. | |
Das kenianische Rote Kreuz versucht zu helfen, aber ist überfordert von der | |
großen Zahl notleidender Menschen. „Mit dem Regen und den Pfützen kommt | |
Malaria. Wir fürchten, dass die Zahl der Todesopfer dieses Jahr enorm | |
ansteigen wird“, sagt Rote-Kreuz-Chef Abbas Gullet. Die Regierung bietet | |
kaum Hilfe an. Sie kämpft mit hohen Staatsschulden – und jetzt kommen dazu | |
noch die Kosten für die Wiederherstellung der Infrastruktur. | |
Nur ein paar Menschen verdienen gut am nassen Elend der Bürger: arbeitslose | |
junge Männer, die sich an überfluteten Straßen strategisch aufstellen. Sie | |
tragen für 10 Cent Menschen auf die andere Seite. Für ungefähr 2 Euro | |
bekommt man auch sein Auto durch den Schlamm geschoben. | |
28 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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