| # taz.de -- Borussia Dortmund siegt mit 4:0: Das Ende des Beamtenfußballs | |
| > Verblüffend abgeklärte Auftritte junger Spieler wie Jadon Sancho und | |
| > Manuel Akanji verhelfen Dortmund zu einem 4:0 über Leverkusen. | |
| Bild: Kurz vor Schluss bietet der BVB seinen Fans wieder ansehnlichen Fußball | |
| Dortmund taz | Manchmal lassen die kleinen Geschichten im Meer der | |
| Höhepunkte großer Fußballspiele besonders schöne Einblicke zu. In Dortmund | |
| lief am Samstagabend die 84. Minute, als Marco Reus seinen dritten Treffer | |
| auf dem Fuß hatte, aus acht Metern hätte er lässig das 5:0 für den BVB | |
| schießen können, aber er hatte eine andere Idee. Reus wollte seinem | |
| 18-jährigen Kollegen Jadon Sancho einen weiteren Treffer schenken. | |
| Der Pass missglückte, es blieb beim 4:0-Sieg der Dortmunder über Bayern | |
| Leverkusen, aber Reus’ Versuch war eine große Geste der Anerkennung. Es | |
| hatte mächtig Spaß gemacht, mit diesem Teenager zusammenzuspielen, der das | |
| 1:0 selbst erzielt und zwei weitere Tore aufgelegt hatte. Der kurz darauf | |
| unter Standing Ovations ausgewechselte Doppeltorschütze Reus hätte gern | |
| Jadon Sancho die Heldenrolle geschenkt. | |
| Der junge Engländer sei ein „technisch überragender Spieler“, schwärmte … | |
| Ersatzkapitän später, „er hat seine Chance bekommen und gnadenlos | |
| ausgenutzt“, auch weil er „in der Defensive mithilft“. Pässe, Dribblings, | |
| Torabschlüsse und sogar Grätschen – Sancho war eine Augenweide. Und Reus | |
| wollte diesen Jungen auch deshalb stärken, weil mit ihm ein Hauch von | |
| Zukunft durch das Stadion wehte. Gemeinsam mit dem Schweizer Kollegen | |
| Manuel Akanji bildete das Talent eine furiose linke Seite, mit der Reus | |
| wundervoll harmonierte. Auch Julian Weigl machte eines seiner besten Spiele | |
| seit Monaten, Maximilian Philipp überzeugte als Sturmspitze und sagte nach | |
| dem Abpfiff: „Wir haben alles gezeigt, was zum Fußballspiel dazu gehört: | |
| Mut, Leidenschaft, heute hat man gesehen, was wir für eine Qualität haben.“ | |
| Es ist ja viel über die Mentalität dieser Dortmunder Mannschaft gesprochen | |
| worden. | |
| Profis wie Ömer Toprak oder Mario Götze (die ebenfalls ordentlich spielten) | |
| und den an diesem Tag nicht eingesetzten Gonzalo Castro, Nuri Sahin, André | |
| Schürrle und Marcel Schmelzer wird ja vorgeworfen, nicht mehr regelmäßig | |
| die geforderte Energie aufzubringen. So sei beim BVB eine Mentalität | |
| entstanden, die Sportdirektor Michael Zorc neulich zu dem Vorwurf bewog, | |
| das Team spiele „Beamtenfußball“. Gegen Bayer Leverkusen wirkten die | |
| Dortmunder nun geladen wie in den besten Zeiten. Zwar hat solch ein | |
| einzelnes Spiel, noch dazu gegen einen Gegner, der laut Sportchef Rudi | |
| Völler „naiv und viel zu brav“ gespielt hatte, nur eine begrenzte | |
| Aussagekraft. Aber dieser Tag stärkte den Glauben daran, dass dieser heftig | |
| kritisierte Kader doch einen guten Nährboden für das Aufblühen eines neuen | |
| Geistes bieten könnte. | |
| Der Trainer hatte Marcel Schmelzer nicht nur aus der Startelf genommen und | |
| stattdessen den überragenden Akanji auf die völlig ungewohnte Position des | |
| Linksverteidigers gestellt, er hatte Schmelzer gar nicht erst in den Kader | |
| berufen. „Rein sportliche Gründe“ habe er dafür, beteuerte Stöger, Akanji | |
| sei einfach schneller, robuster und damit gegen Außenstürmer wie Julian | |
| Brandt oder Leon Bailey besser geeignet. Aber sprintstarke Außenstürmer hat | |
| auf diesem Niveau jeder Gegner, und Sportdirektor Zorc räumte offen ein, | |
| dass der Trainer mit dieser Maßnahme „ein Zeichen setzten“ wollte. Denn | |
| Schmelzer gibt dem Team kaum mehr Impulse, macht seit Wochen regelmäßig | |
| Fehler, wird längst auch von vielen Fans sehr kritisch gesehen und war bei | |
| der blutleeren Derbyniederlage auf Schalke in der Woche zuvor besonders | |
| schlecht. | |
| ## BVB-Profis fühlen sich gerne zu Unrecht kritisiert | |
| Man muss also davon ausgehen, dass auch der Urdortmunder gemeint war, als | |
| Fans zum Einlauf der Teams vor der Südtribüne ein gigantisches Banner mit | |
| einer bösen Botschaft entrollten. „Kein Wille, keine Leidenschaft, kein | |
| Mut, keine Mannschaft. Niemand verkörpert Borussia Dortmund so wenig wie | |
| ihr“, stand dort. „Natürlich nimmt man solche Riesenplakate wahr, aber wir | |
| müssen das ausblenden“, sagte Philipp. | |
| Während der Ball rollte, gelang das tatsächlich ganz gut, aber nach der | |
| Partie kam es doch zu einem etwas verstörenden Moment. Statt wie üblich | |
| nach solchen Spektakeln in der Anerkennung der Südtribüne zu baden, drehten | |
| die Spieler nach einem kurzen Pflichtbesuch ab und verschwanden in der | |
| Kabine. Er könne „auch nicht genau beschreiben“, was da los war, sagte | |
| Manuel Akanji etwas später, er habe sich noch mit Lukasz Piszczek | |
| unterhalten, da seien die Kollegen einfach „umgedreht und wieder | |
| zurückgelaufen.“ Offenbar saß die Kränkung durch das Banner vorm Spiel noch | |
| tief. Das ist nicht neu: Immer wieder fühlen sich die BVB-Profis zu hart | |
| und zu Unrecht kritisiert bei all den Erlebnissen mit Trainerwechseln, | |
| internen Konflikten oder dem Sprengstoffanschlag. | |
| Ziel der Erneuerung wird neben der Entwicklung einer neuen Mentalität sein, | |
| dieses Gefühl irgendwie abzuschütteln. Akanji, Sancho oder Philipp könnten | |
| da eine echte Hilfe sein. | |
| 22 Apr 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Theweleit | |
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