# taz.de -- Umfrage zu „Ausländergewalt“ an Schulen: AfD spielt jetzt mit … | |
> Die AfD fordert Zahlen zu vermeintlichen Straftaten ausländischer | |
> SchülerInnen und will sie selbst erheben – vor den Schulen. Viele sind | |
> empört. | |
Bild: Gewalt unter SchülerInnen hat es an den betroffenen Schulen nicht gegeben | |
BERLIN taz | Wählermobilisierung beginnt früh: Die AfD zielt bereits auf | |
GrundschülerInnen ab. Am Dienstag haben die beiden | |
[1][AfD-Landtagsabgeordneten Hans-Thomas Tillschneider] und Jan Wenzel | |
Schmidt – Landesvorsitzender der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative | |
(JA) – Grundschüler und Gymnasiasten in Halle auf ihrem Schulweg abgepasst. | |
Tillschneider, ein in Rumänien geborener Islamwissenschaftler, der zuletzt | |
an der Universität Bayreuth lehrte und kurze Zeit in der FDP war, gehört | |
zum völkisch-nationalistischen Flügel der AfD. | |
Das Team um die beiden AfD-Politiker drückte den Kindern und Jugendlichen | |
Broschüren zum Thema Ausländergewalt an Schulen in die Hand. Darin werden | |
die SchülerInnen etwa aufgefordert, über einen [2][Fragebogen Angaben zu | |
„Angriffen“] zu machen, die ihnen seitens ausländischer MitschülerInnen | |
widerfahren sein sollen. Gefragt wird nach „körperlichen und verbalen | |
Angriffen, Nötigung, Diebstahl, sexueller Belästigung und | |
Vergewaltigungen“, aber auch nach Herkunft der vermeintlichen Täter – und | |
Opfer. | |
Tillschneider wird auf dem Nachrichten-Portal „Du bist Halle“ wie folgt | |
zitiert: „Etwa die Hälfte der Schüler hat den Fragebogen meist freundlich | |
abgelehnt, etwa die Hälfte der Schüler aber hat ihn interessiert | |
entgegengenommen.“ Sein Kollege Jan Wenzel Schmidt sagte der taz, es seien | |
„auf jeden Fall über hundert Fragebögen“ verteilt worden – „sogar an | |
Schüler mit Migrationshintergrund“. Eine ganze Klasse mitsamt Lehrkräften | |
sei zum Stand gekommen. Die Lehrkräfte hätten sich „neutral“ verhalten und | |
selbst keine Broschüren angenommen. | |
In den sozialen Medien machen sich AfD und JA – die insgesamt mit sechs | |
Personen vor Ort waren – über den fehlenden Gegenprotest lustig: „Die (…) | |
offensichtlich gerne lang schlafenden Freunde der ‚Ich verschließe die | |
Augen vor der Realität-Fraktion‘ kamen zu spät, um mit ihrem Stand noch | |
etwas ausrichten zu können. Das nächste Mal früher aufstehen!“. | |
## Halle: kein leichtes Pflaster für die AfD | |
Die Gegenseite, das ist zum Beispiel das [3][Bündnis „Halle gegen rechts“]. | |
Christof Starke, einer der Sprecher, sagt, die AfD hätte ursprünglich | |
angekündigt, die Aktion ab zehn Uhr stattfinden zu lassen. Stattdessen sei | |
sie schon um sieben Uhr vor Ort gewesen und hätte bereits ihren Stand | |
abgebaut gehabt, als die Gegendemonstranten kurz vor zehn an den Ort des | |
Geschehens gekommen seien. Darauf erwidert Wenzel Schmidt: „Die haben sich | |
nicht ordentlich informiert – wie das mit Linken halt so ist. Unsere Aktion | |
war für sieben Uhr angemeldet; auch die Polizei war schon um diese Uhrzeit | |
vor Ort.“ | |
Valentin Hacken, ein 26-jähriger Studierender, der zusammen mit circa | |
vierzehn weiteren Gegendemonstranten vor Ort war, sagt, die AfD-Aktion sei | |
entgegen eigener Angaben auf keine große Resonanz unter den SchülernInnen | |
gestoßen. Das hätten Schulsozialarbeiter berichtet. Auch sei es an den zwei | |
betroffenen Schulen – der Gemeinschaftsschule Kastanienallee und dem | |
Christian-Wolff-Gymnasium – in der letzten Zeit zu keinen besonderen | |
Vorfällen von Gewalt unter SchülerInnen gekommen. „Einen konkreten Anlass | |
für die AfD-Aktion gab es also nicht“, sagt Hacken. „Außerdem ist die | |
Broschüre nicht mal besonders zielgruppengerecht formuliert und demnach in | |
unseren Augen eher an die eigenen Leute als an Schüler gerichtet.“ | |
Christof Starke sagt, sein Bündnis sei überrascht gewesen. Es sei das erste | |
Mal, dass die Junge Alternative hier aktiv in Erscheinung getreten- Halle | |
ist laut seinem Kollegen Hacken „noch kein leichtes Pflaster für die AfD“. | |
Hacken räumt ein, der Stand der Gegendemonstranten sei nur von wenigen | |
Schülern besucht worden: „Wir wollten die Schüler in Ruhe lassen, aber eben | |
Präsenz zeigen und da sein für Leute mit Gesprächsbedarf. Derartige | |
Aktionen vor Schulen machen wir sonst eigentlich nicht, das ist nicht unser | |
Stil.“ | |
Starke sagt: „Das Zusammenleben in Vielfalt ist durchaus eine | |
Herausforderung – nur leistet die AfD mit ihrer Aktion keinen wirklichen | |
Beitrag zu einem konstruktiven Umgang mit dem Thema. Was die machen, ist | |
reine Propaganda.“ | |
## Ähnliche Aktionen machte schon die NPD | |
Der AfD, zweitstärkste Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, hat kürzlich | |
einen Antrag mit dem Namen „ Null Toleranz für ausländische Gewalttäter an | |
Schulen des Landes“ eingereicht. Ziel sei es gewesen, „endlich Zahlen zu | |
erhalten“, so Jan Wenzel Schmidt. Alle anderen Parteien lehnten den Antrag | |
ab. Die AfD will deshalb selbst Daten erheben und begründet so ihre | |
Schulhofaktion: „Die Politik braucht eine solche Datenerfassung als | |
Handlungsgrundlage.“ | |
Jan Wenzel Schmidt sagt, man habe nun an einer der größten Schulen Halles – | |
auf dem Areal befinden sich drei Schulen direkt nebeneinander – angefangen, | |
selbst diese Daten zu erheben. Einen konkreten Vorfall oder Vorwurf hält er | |
dafür nicht für nötig. | |
Die AfD stützt ihre These des deutlichen Gewaltanstiegs mit einer | |
MDR-Recherche namens „Fünf Zwischenfälle in zwei Wochen“ über Vorkommnis… | |
an Schulen in Wittenberg, Bitterfeld, Stendal und Magdeburg letzten | |
September. Wenn sogar „etablierte Medien“ nicht mehr verschweigen könnten, | |
dass die Täter Ausländer seien, zeige das doch, dass man es mit einem | |
massiven Problem zu tun habe, so die Abgeordneten im AfD-Antrag. | |
Die Gegendemonstranten sind besorgt: Der Blog Störungsmelder zitiert einen | |
von ihnen – den Rechtsextremismus-Experten Torsten Hahnel – vom halleschen | |
Verein Miteinander, der sich an eine ähnliche Aktion der NPD 2004 erinnert | |
fühlt, bei der Rechtsrock-CDUs an Schüler verteilt wurden. „Das Problem | |
ist, dass die AfD tiefer in der Gesellschaft verankert ist als die NPD.“ | |
Starke erwartet, dass die anderen Parteien im Landtag kritisch auf die | |
AfD-Aktion reagieren. [4][Scharfe Kritik geäußert] haben bereits | |
Landesbildungsminister Marco Tullner (CDU) und die Landesvorsitzende der | |
Bildungsgewerkschaft GEW, Eva Gerth, die von „Manipulation“ und | |
„Indoktrination“ sprechen. | |
5 Apr 2018 | |
## LINKS | |
[1] /AfD-will-mit-Pegida-kooperieren/!5485874 | |
[2] https://hans-thomas-tillschneider.de/schulhofgewalt/ | |
[3] /!bo=52d355f24a6ae0aea1/ | |
[4] https://www.mz-web.de/halle-saale/auslaendergewalt-auf-schulhoefen-afd-vert… | |
## AUTOREN | |
Lea Wagner | |
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Gewalt in der Schule | |
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Sachsen-Anhalt | |
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Andreas Kalbitz | |
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