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# taz.de -- DFB-Team verliert gegen Brasilien: Wie eine schlechte Filmkopie
> Beim Freundschaftsspiel unterliegt die deutsche Elf mit 0:1 gegen
> Brasilien. Und Mario Gomez begeht bei seiner Spielanalyse sogleich einen
> Tabubruch.
Bild: Niederlage für die deutsche Mannschaft (im grünen Trikot) im Berliner O…
Es war kein Zufall, dass gerade Mario Gomez dieses verbotene Wort
rausrutschte. Glücklos zwar hatte der 32-jährige Stürmer im brasilianischen
Strafraum auf seine Chance gewartet, aber der Wackelkandidat um einen der
begehrten WM-Kaderplätze macht das Wissen tiefenenstpannt, dass er etwas
hat, was die anderen nicht haben: Er ist ein Vollstrecker alter Schule und
teamintern dennoch kein Ego-Shooter.
Das gibt ihm auch eine gewisse Narrenfreiheit. Kein Wunder also, dass er
fast schon beiläufig bei seiner Analyse der 0:1-Niederlage in den
Katakomben des Berliner Olympiastadions den Tabubruch beging: „Wenn wir mit
unserer ersten Elf spielen, können wir Brasilien absolut Paroli bieten,
wenn nicht sogar mehr.“
Erste Elf? Dieser Begriff wurde aus dem DFB-Wörterbuch eigentlich schon vor
Jahren gestrichen. Und nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2014 erließ
der Verband auch aus marketingstrategischen Gründen die Sprachverordnung,
von nun an nur noch den feststehenden Begriff „Die Mannschaft“ zu benutzen.
Aber die beiden großen Bewährungstests gegen Spanien und Brasilien haben
vor allem eines gezeigt: Es gibt eine erste und zweite Mannschaft.
Mit seiner Personalauswahl für die beiden Spiele hat Bundestrainer Joachim
Löw dafür gesorgt, dass die Hierarchie deutlicher zum Vorschein kam als
gewünscht. Spanien zollte er mit dem Aufgebot der Allerbesten reichlich
Respekt, gegen Brasilien wiederum sollte eine auf sieben Positionen
veränderte Improvisationself sich vor der WM-Kader-Nominierung Mitte Mai
beweisen.
Dass Löw sich dennoch vom runderneuerten Team mehr versprochen hat,
erklärte er in der DFB-Sprachdiktion: „Jede Mannschaft hat mal so einen
Tag, an dem es nicht läuft.“ Er hob nicht auf die Personal und
Qualitätsunterschiede ab, sondern auf die Tagesform.
## Lediglich Brandt sorgte für Schwung
Mit dem berauschenden Auftritt gegen Spanien hatten die beteiligten
Nationalspieler einen hohen Maßstab gesetzt. Die Partie gegen die
Südamerikaner wirkte dagegen wie eine schlechte Filmkopie, bei der das Bild
gerade immer dann unansehnlich wird, wenn es spannend werden könnte. Julian
Draxler und Leroy Sané deuteten auf der linken Seite zwar anfangs an, dass
sie mit ihrer Schnelligkeits- und Kombinationsgabe eine Abwehr
auseinandernehmen können. Im entscheidenden Moment traf insbesondere Sané
doch immer die falschen Entscheidungen. Für die erste Elf konnte er sich am
Dienstagabend ebenso wenig empfehlen wie Gomez, Marvin Plattenhardt, Leon
Goretzka oder Kevin Trapp. Lediglich der eingewechselte Julian Brandt
sorgte in den Schlussminuten für Schwung.
Ein traumwandlerisches Zusammenspiel der an Löws Experiment beteiligten
Spieler kann man natürlich auch nicht von dieser neuen Formation erwarten.
Das muss zur Verteidigung ebenso angeführt werden, wie der Umstand, dass
der Gegner auf die traumatische Verletzung aus dem WM-Halbfinale von vor
vier Jahren (1:7), sehr giftig reagierte. Mit großer körperlicher Wucht und
Dynamik zerstörte der fünfmalige Weltmeister das Aufbauspiel der Deutschen
schon im Ansatz.
Wobei Julian Draxler den Gegner nicht zu stark reden wollte. Auf der Suche
nach Erklärungen, warum sich die DFB-Elf so schwer tat, erklärte er: „Es
lag vor allem an uns selbst. Ich habe Brasilien gar nicht so stark gesehen,
dass wir keine Chance gehabt hätten, die auszuspielen.“ Es hätte vor allem
die Aggressivität und Zweikampfstärke gefehlt. Ungewohnt viele Ballverluste
waren die Folge. Ihren Anfang nahmen sie bereits häufig bei den Abschlägen
von Kevin Trapp. Die fatalsten leistete sich mit Ilkay Gündogan allerdings
einer der Routinierteren. Nicht nur das Gegentor durch Gabriel Jesus
leitete er mit einem Fehlpass ein. Zuvor war er bereits Initiator einer
anderen brasilianischen Großchance durch Coutinho gewesen.
## Ein weiteres entzaubertes Sommermärchen
Vergangenen Sommer wurde ja nach den Erfolgen der deutsche U21 bei der EM
und der deutschen Verlegenheitsauswahl beim Confed Cup gern der Eindruck
verbreitet, dass Löw jederzeit per Zufallsgenerator aus einem Kreis von 60
Spielern eine A-, B-, C-, und D-Mannschaft zusammenstellen kann, die nahezu
jeden Gegner schlagen kann.
Ein weiteres Sommermärchen, das nun entzaubert wurde. Erstmals seit dem
verlorenen EM-Halbfinale musste das Team von Löw sich wieder einmal
geschlagen geben. Der vermutlich wichtigste deutsche Nationalspieler Toni
Kroos teilte am Dienstagabend mit, dass er an die große Favoritenrolle der
Deutschen bei der WM in Russland sowieso nie geglaubt habe. Er sagte: „Das
war vorher Quatsch und das ist jetzt Quatsch. Jetzt sehen es vielleicht ein
paar mehr so.“ Das könnte für Löw und sein Team durchaus ein Gewinn sein.
28 Mar 2018
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Fußball
Mario Gomez
Joachim Löw
Toni Kroos
WM-taz 2018: Auf dem Platz
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