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# taz.de -- US-Schulen in schlechtem Zustand: Rebellierende Lehrer
> Der Streik in West Virginia hat Schule gemacht: Nach dem Erfolg der
> Kollegen protestieren nun Lehrer in Oklahoma und Kentucky für mehr Geld.
Bild: Lehrer aus Kentucky versammeln sich im State Capitol, um für mehr Geld u…
New York taz | Dort, wo die meisten Rednecks und Trump-Wähler leben, gärt
eine Lehrer-Revolte. Nach einem erfolgreichen Streik in West Virginia gehen
nun Lehrer in Kentucky und Oklahoma auf die Straße. Auch in Arizona laufen
Vorbereitungen. Vielerorts verlangen die Lehrer mehr als die Aufbesserung
ihrer Hungerlöhne: Sie wollen kleinere Klassen und besseres
Unterrichtsmaterial.
Damit stehen sie nicht allein. Bei ihren Demonstrationen vor den
Regierungssitzen in Oklahoma City und in Frankfort, Kentucky, tragen auch
Schüler und Eltern die roten T-Shirts der Lehrergeschwerkschaft und rufen
den Slogan mit: „Stand with teachers“. In vielen der 77 Counties von
Oklahoma unterstützt auch die Schulaufsicht den Streik, der am Montag in
die zweite Woche geht.
In Oklahoma hat die Regierung des Bundesstaates zu Streikbeginn am Anfang
vergangener Woche eine Erhöhung des Jahreslohns für Lehrer um 6.100 Dollar
angeboten. Die Hungerlöhne der Lehrer sind wohlbekannt. Seit der
Finanzkrise vor zehn Jahren hat Oklahoma seinen Schuletat jedes Jahr weiter
gesenkt.
In öffentlichen Schulen laufen Mäuse durch Klassenzimmer, datieren die
Schulbücher aus den 90er Jahren und werden materialintensive
Unterrichtsfächer wie Kunst gestrichen. Klassenausflüge fallen aus, weil
das Geld fehlt, um die Busse zu bezahlen. An manchen Orten in Oklahoma sind
Schulen nur noch an vier Wochentagen geöffnet, damit die Lehrer am fünften
Tag Geld verdienen können. Manche Lehrer in Oklahoma gehen in Armenküchen
essen.
## Neben ihrem Lehrerjob putzt sie
Andrea Thomas, die an einer Schule in Oklahoma City unterrichtet, putzt an
ihrem fünften Arbeitstag Häuser und Geschäfte. Ihr Mann, ebenfalls ein
Lehrer, spendet Blut und arbeitet zusätzlich als Verkäufer. Während die
Regierung in Oklahoma an den Schulen gespart hat, sind Tausende Lehrer in
andere Bundesstaaten geflohen. Im Nachbarbundesstaat Texas ist schon der
Einstiegslohn für Lehrer 9.000 Dollar höher, später in der Karriere öffnet
sich die Schere noch weiter.
Oklahoma liegt auf dem vorletzten Platz der 50 Bundesstaaten bei den Löhnen
für Lehrer und andere Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. Dabei ist der
Bundesstaat nicht arm. In derselben Zeit, als Oklahoma das Geld für
öffentliche Schulen strich, boomte dort das Öl- und Gasgeschäft mit neuen
Fracking-Technologien. Anstatt die Mineralölindustrie zu besteuern, folgt
die republikanische Mehrheit in Oklahoma dem Dogma, dass Steuern sowie
Regierungsausgaben Teufelszeug sind. Die Unternehmenssteuern gehören zu den
niedrigsten in den USA.
Lehrer in Oklahoma und in Kentucky dürfen offiziell nicht streiken. Und nur
ein kleiner Teil von ihnen ist gewerkschaftlich organisiert. Die
Diskussionen über einen Streik liefen vor allem in privaten
Facebook-Gruppen von Lehrern ab, die in den zurückliegenden Monaten
zigtausendfachen Zulauf bekamen. Nach dem Erfolg des Lehrerstreiks in West
Virginia im vergangenen Monat gab schließlich auch die Lehrergewerkschaft
in Oklahoma ihr Okay für einen Ausstand.
Wie in Oklahoma stehen auch im Hunderte Kilometer weiter nordöstlich
gelegenen Kentucky Frauen an der Spitze der Lehrer-Proteste. Und auch in
Kentucky fanden die ersten Diskussionen auf dem sozialen Netzwerk Facebook
statt. Eine von der Lehrerin Nema Brewer gegründete private Facebook-Gruppe
mit dem Hashtag #KY120 hat inzwischen an die 40.000 Mitglieder.
## Lehrer-Renten werden teils um ein Viertel gekürzt
In der vergangenen Woche sorgte in Kentucky ein neues Gesetz, das die
Republikaner während der Frühlingsferien durchgesetzt haben, für Aufruhr.
Es sieht einerseits Senkungen von Unternehmenssteuern in Höhe von 80
Millionen vor, andererseits streicht es die Renten für Lehrer um bis zu 25
Prozent. Die sichere Rente war für Lehrer in Kentucky lange das wichtigste
Argument, um ihre niedrigen Löhne zu ertragen.
Wie in Oklahoma sind auch in Kentucky Lehrerstreiks illegal. Und bislang
haben die Lehrer von Kentucky sich noch nicht auf ein einheitliches
Vorgehen geeinigt. Ein Teil von ihnen will sich am Montag, wenn die
Schulferien zu Ende sind, krank melden. Andere wollen mit einer kollektiven
Arbeitsverweigerung warten, bis die Gesetzgeber des Bundesstaates am
Freitag, den 13. April, wieder zusammen kommen.
Während die Regierung in Washington – inklusive Bildungsministerin Betsy
DeVos – hartnäckig zu den Protesten der Lehrer schweigt, kommt von der
Demokratischen Partei Ermunterung. Der Unabhängige Bernie Sanders geht noch
weiter. Er applaudiert den Lehrern in West Virginia, Oklahoma und Kentucky.
Aus ihren Protesten, so glaubt er, könne eine „progressive Bewegung“
entstehen.
9 Apr 2018
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Lehrerstreik
Oklahoma
USA
Privatschule
Schwerpunkt 1968
Schwerpunkt USA unter Trump
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