Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Arbeitsrechte in OECD Staaten: Beschwerde gegen Adidas
> Eine Schuhzulieferfirma von Adidas soll massiv Arbeitsrechte verletzt
> haben. Die Marke distanziert sich vom Vorwurf schmutziger Geschäfte.
Bild: Unter welchen Bedingungen Adidasschuhe weltweit produziert werden, bleibt…
Berlin taz | Es braucht schon lange keine Weltmeisterschaft im Fußball
mehr, um zu sehen, dass so ziemlich jede*r Sportler*in Sportschuhe von
Adidas trägt. Auch ohne ein sportliches Großereignis gelingt es dem
Sportartikelhersteller 2017 die Umsätze um 15 Prozent im Vergleich zum
Vorjahr zu erhöhen. Eine knappe Woche nach der Veröffentlichung des
Positivtrends, könnte den allseits beliebten Sneakern nun ein Imageschaden
bevorstehen.
Das als gemeinnütziger Verein gegründete Südwind-Institut reichte diese
Woche eine Beschwerde gegen Adidas bei der deutschen OECD (Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) Kontaktstelle ein. Südwind,
Mitglied der Kampagne für Saubere Kleidung, wirft Adidas vor, Geschäfte mit
einem indonesischen Schuhzulieferer zu führen, der Arbeitsrechte
missachtet.
Im Juli 2012 streikten 2.000 Beschäftigte der Firma PT Panarub Dwikarya
Benoa (PDB), in der Adidas Schuhe fertigen ließ. Sie setzten sich für die
Zahlung des im Januar 2012 eingeführten Mindestlohns sowie das Recht auf
Vereinigungsfreiheit ein. Das Unternehmen hatte im Februar 2012 mehrere
Beschäftigte entlassen, die versuchten eine Gewerkschaft zu gründen. Auch
in Folge des Streiks im Juli wurden 1.300 Streikende entlassen. Die
gesetzlich verpflichtende Abfindung haben bis heute mehr als 300 der
Entlassenen nicht erhalten. Der Großteil der Betroffenen sind Frauen.
## Ein Fall für die OECD
Für Sabine Ferenschild, Sprecherin von Südwind, stellt das einen Verstoß
gegen die Leitsätze der OECD für multinationale Unternehmen dar. Sie will
mit der Beschwerde ein Zeichen der Solidarität mit den Beschäftigten
setzen, „die noch immer jede Woche demonstrieren“. Ansonsten sei das
„erneut ein Zeichen, dass man als multinationales Unternehmen nur
hartnäckig genug sein muss, um vereinbarte Menschen- und Arbeitsrechete zu
missachten.“
Die Leitsätze der OECD beruhen auf den Kernarbeitsnormen der
Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), eine Sonderorganisation der UN.
Diese umfassen explizit das Recht Gewerkschaften zu gründen und die Pflicht
für Unternehmen verhandelte Tariflöhne umzusetzen. Obwohl Indonesien kein
Mitglied der OECD ist, hat es – wie Deutschland- die rechtlich
verpflichtenden Normen der ILO ratifiziert. Dies diene der NGO als
Fundament für eine Beschwerde bei der deutschen OECD Kontaktstelle in
Berlin, so Ferenschild.
## Adidas bestreitet Geschäftsbeziehungen
Auf Nachfrage der taz gibt Adidas an, zum Zeitpunkt des Streiks im Juli
2012 keine Geschäftsbeziehungen mehr zu PDB geführt zu haben. Adidas habe
die Geschäftsverbindung im Januar 2012 abgebrochen, da der Zulieferer den
gesetzlichen Mindestlohn nicht rechtzeitig umsetzen wollte. Laut Adidas
habe PDB sich mit 850 Beschäftigten über Abfindung und Lohnzahlungen
verständigen können, obwohl das Unternehmen den unangekündigten Streik als
illegal bezeichnet.
Die bis heute 345 streikenden Beschäftigten hätten die Abfindungszahlung
abgelehnt. Die Gewerkschaft GSBI, die die Streikenden vertritt, habe die
Frist für eine Klage vor dem indonesischen Arbeitsgericht verstreichen
lassen. Mittlerweile hat der Betrieb PDB seit über vier Jahren geschlossen,
so Adidas.
## Verletzung der Arbeitsrechte schon länger bekannt
Die Vorwürfe gegen Adidas bestehen jedoch schon länger als 2012. Bereits
2004 reichte die Kampagne Saubere Kleidung eine Beschwerde gegen
Adidas-Salomon bei der deutschen OECD Kontaktstelle ein. Damals richtete
sich die Beschwerde gegen das Dachunternehmen PT Panarub Industry, zu dem
auch PDB ein gehört. Der Vorwurf war derselbe: Entlassung aufgrund von
Gewerkschaftsmitgliedschaft.
2011 entschieden die OECD Staaten, dass multinationale Unternehmen dafür
verantwortlich sind, dass in jeder ihrer Produktionsstätten die Arbeits-
und Menschenrechte eingehalten werden. Dennoch führte Adidas die Geschäfte
mit PDB bis 2012 fort. Die Panarub Industry ist bis heute ein wichtiger
Zulieferer. Auf der Webseite des Dachunternehmens werden die Geschäfte mit
Adidas seit 1988 als „ein Meilenstein der Firmengeschichte“ bezeichnet. Um
bessere Arbeitsbedingungen für die 11.000 Beschäftigten zu bewirken, müsse
„Adidas endlich damit drohen Aufträge zurückzuziehen“, so Ferenschild.
## Ausgang des Verfahrens ist ungewiss
Sollte die deutsche OECD Kontaktstelle die Beschwerde von Südwind zulassen,
wird der Beschwerdegegner Adidas aufgefordert eine Stellungnahme zu
veröffentlichen. Das geschieht freiwillig. Regierungen sollten schließlich
in der Lage sein, genug Druck auf die Unternehmen auszuüben und sie zu
einem Moderationsprozess zu bewegen, so ein Sprecher der Kontaktstelle in
Berlin. Unabhängig davon, ob eine Einigung erzielt wird, spreche die
zuständige Kontaktstelle eine Empfehlung an die Beteiligten des Verfahrens
aus.
Seit 2000 habe es ungefähr 35 Verhandlungen gegeben, so der Sprecher. Dass
eine Beschwerden nicht angenommen wird, kommt dabei häufiger vor, als dass
ein Verfahren abgebrochen wird. Eine kürzlich durchgeführte Studie der OECD
habe ergeben, dass sich viele Unternehmen noch nicht an die freiwilligen
Handlungsempfehlungen hielten. „Das Monitoring müsse noch verbessert
werden“, so der Sprecher.
24 Mar 2018
## AUTOREN
Malte Kanefendt
## TAGS
Adidas
Arbeitsrecht
Gewerkschaft
Indonesien
Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
Aktivisten in Indonesien unter Druck: Kommunismus-Keule gegen Ökos
In Indonesien werden immer wieder Umweltaktivisten verhaftet, angeblich in
mehr als 150 Fällen. Nun trifft es Gegner einer Goldmine.
Löhne in der Bekleidungsindustrie: Fleisch ist für Beschäftigte zu teuer
In Osteuropa sind die Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie mies.
Die Bezahlung liegt oft weit unter dem Mindestlohn.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.