| # taz.de -- Mordfall im Berliner Tiergarten: Der Angeklagte schweigt | |
| > Vor einer Jugendstrafkammer des Landgerichts beginnt der Prozess im | |
| > Mordfall Tiergarten. Der Ehemann des Opfers Susanne F. spricht von | |
| > Behördenversagen. | |
| Bild: Gesicht hinter Aktendeckel verborgen: Angeklagter im Mordfall Tiergarten | |
| „Taff“ sei Susanne F. gewesen, berichtet eine der Freundinnen des Opfers | |
| als Zeugin vor Gericht. Der Vorsitzende Richter will es genauer wissen. Wie | |
| sich Susanne F. wohl bei einem Überfall verhalten hätte, fragt er die | |
| Zeugin. Die Antwort kommt ohne Zögern. „Wahrscheinlich hat sie um ihre | |
| Handtasche gekämpft.“ | |
| Am Mittwoch hat vor einer Jugendstrafkammer des Landgerichts der Prozess um | |
| den Mord an der Kunsthistorikerin Susanne F. begonnen. Die 60-Jährige war | |
| am 5. September 2017 im Tiergarten auf dem kurzen Wegabschnitt hinter dem | |
| Schleusenkrug in Richtung Bahnhof Zoo überfallen und getötet worden. | |
| Angeklagt ist ein 18-jähriger, in Tschetschenien geborener russischer | |
| Staatsbürger. Er soll die Frau mittels gewaltsamer Einwirkung gegen ihren | |
| Hals aus Habgier getötet haben, um ihre Wertgegenstände an sich zu bringen. | |
| Susanne F. habe in der Handtasche ein Handy und mindestens zwei Euro | |
| gehabt. | |
| Die Letzten, die die Kunsthistorikerin lebend sahen, waren ihre | |
| Freundinnen. Zu viert hatten sie sich im Schleusenkrug auf ein Bier | |
| getroffen. Es sei ein wunderschöner, ruhiger Abend im September gewesen. | |
| Kurz nach 22 Uhr habe man sich getrennt, so die 68-jährige Olga P. als | |
| Zeugin. Sie und die beiden anderen Frauen seien dann durch den Tiergarten | |
| in Richtung Straße des 17. Juni gegangen, Susanne F. Richtung S-Bahnhof | |
| Zoo. Es sei ziemlich dunkel gewesen. Das letzte Bild: Nach zehn Metern habe | |
| sich Susanne F. noch mal umgedreht und gewinkt. Der Weg, auf dem sie | |
| gestanden habe, der normalerweise immer stark begangen sei, so Olga P., | |
| „war menschenleer“. | |
| Für die Tat selbst gibt es keine Zeugen. Obwohl der Ehemann der Getöteten, | |
| Klaus R., bereits am nächsten Tag eine Vermisstenanzeige aufgab und die | |
| Polizei das Gebiet am Schleusenkrug absuchte, wurde die Leiche erst am 8. | |
| September gefunden. Zwei Passanten entdeckten die Tote, als sie im Gebüsch | |
| austreten wollten. | |
| Klaus R. ist im Prozess Nebenkläger. Einen Tag bevor das Verfahren begann, | |
| traf er sich mit Journalisten in der Nähe des Schleusenkrugs, wo sich eine | |
| provisorische kleine Gedenkstätte, bestehend aus zwei Grablichtern, Blumen | |
| und einem Foto von Susanne F. befindet. R., ein 68-jähriger ehemaliger | |
| Journalist, deutete auf eine Stelle am Bahndamm. Genau dort habe seine Frau | |
| gelegen. Heute sei das Dickicht gerodet, damals sei das noch ein Urwald | |
| voller Unrat gewesen. | |
| „Ich will die Wahrheit erfahren, was passiert ist“, diesen Satz wiederholt | |
| R. auch, als er am Mittwoch in der Prozesspause interviewt wird. R. spricht | |
| von Behördenversagen; den Vorwurf richtet er vor allem an Innensenator | |
| Andreas Geisel (SPD). „Es war ein überflüssiger Mord.“ | |
| Der Angeklagte Ilyas A. ist wegen Raubes vorbestraft und sollte abgeschoben | |
| werden. Weil er keine feste Anschrift hatte, kam es nicht dazu. Eine Woche | |
| nach der Tat war er in der Nähe von Warschau festgenommen worden. Die | |
| Verbindungsdaten des Handys der Toten hatten die Ermittler auf seine Spur | |
| geführt. Seine erste Aussage, das Handy einem Unbekannten abgekauft zu | |
| haben, widerrief er bei einem Haftprüfungstermin. | |
| In der modifizierten Stellungnahme, die der Vorsitzende Richter am Mittwoch | |
| verlas, gab A. an, im Gebüsch einen Leichnam entdeckt und diesen nach | |
| Wertgegenständen durchsucht zu haben. Am frühen Morgen des 6. September sei | |
| das gewesen. Auf dem Weg in eine Notübernachtung für Heranwachsende in der | |
| Fasanenstraße habe er sich im Gebüsch erleichtern wollen. Den Abend und die | |
| Nacht zuvor habe er in einem Internetcafé verbracht. Der Prozess wird am | |
| 11. April fortgesetzt. | |
| 28 Mar 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Plutonia Plarre | |
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