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# taz.de -- Handel zwischen Europa und Südamerika: „TTIP wäre größer gewe…
> Die EU will bald einen Freihandelsvertrag mit den Mercosur-Staaten
> abschließen. Maritta Strasser erklärt, warum Campact spät gegen das
> Abkommen mobilisiert.
Bild: Cowboy-Romantik in Argentinien? Ach was. Die Rinder können ein Bestandte…
taz: Frau Strasser, Campact sammelt Unterschriften für eine
[1][Onlinepetition] gegen das geplante Freihandelsabkommen der EU mit dem
südamerikanischen [2][Wirtschaftsblock Mercosur]. Der Vertrag könnte dazu
führen, dass Europa viel mehr Billigfleisch importiert als je in den
TTIP-Verhandlungen mit den USA geplant war. Jetzt steht das
Mercosur-Abkommen kurz vor dem Abschluss. Warum haben Sie Ihre Petition so
spät gestartet?
Maritta Strasser: Wir brauchen eine gewisse Dringlichkeit, damit die Leute
motiviert sind, und wir auf die Teilnehmerzahlen kommen, die für eine
politische Wirkung nötig sind. Und erst jetzt haben die EU-Staaten gesagt,
dass sie das Abkommen im März abschließen wollen.
Bei TTIP und dem Abkommen mit Kanada, Ceta, sind Sie doch viel früher
eingestiegen. Warum?
Bei TTIP gab es eine sehr breite Bürgerbewegung. Wir von Campact können
nicht sagen: „Leute, marschiert!“, und dann marschieren die, sondern die
müssen schon vorher motiviert sein.
Warum gibt es keine so breite Bürgerbewegung gegen das Mercosur-Abkommen?
Wenn TTIP gekommen wäre, wären 40.000 US-Unternehmen, die in der EU
investiert haben, bei den Schiedsgerichten des Vertrags klageberechtigt
gewesen. Aus den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und
Uruguay sind das viel weniger. Wir haben nicht tausende brasilianische
Konzerne, die hier irgendwelche Wasserversorger, Krankenhäuser oder andere
sensible Dinge privatisieren und kaufen könnten. Aber da mischen sehr wohl
US-Konzerne mit.
Die EU-Kommission sagt, dass es in dem Mercosur-Abkommen nur um
Freihandelsthemen wie Zölle, nicht um Investitionsschutz und
Schiedsgerichte gehen solle. Ist deshalb der Protest kleiner?
Ja, der Investitionsschutz war einer der größten Aufreger [3][bei TTIP].
Wir wissen nicht, ob der überhaupt im Mercosur-Abkommen sein wird. TTIP
wäre ein viel größeres Ding gewesen.
War der Widerstand gegen TTIP auch deshalb größer, weil der so genannte
Anti-Amerikanismus ein Motiv war?
Das war kein Widerstand gegen die USA, sondern wir haben gemeinsam mit
unseren amerikanischen Freundinnen und Freunden wie Public Citizen und
vielen anderen Organisationen gegen die Interessen großer Konzerne
gekämpft. Aber es gibt tatsächlich große kulturelle Unterschiede, eine
Fremdheit mit vielen Traditionen in den USA: Zum Beispiel dass dort der
Staat als Gegner und nicht als Garant unserer Rechte gesehen wird. Das ist
kein Anti-Amerikanismus, sondern das sind einfach unterschiedliche
Vorstellungen von Gesellschaft. Daraus wird ein Problem, wenn ein Abkommen
Dinge vereinheitlichen soll. Dann kommt es zum Konflikt, und das ist völlig
berechtigt.
Was genau spricht gegen das Mercosur-Abkommen?
Das Kalkül dieses Vertrags ist, dass die Südamerikaner ihre Märkte für
europäische Industrieprodukte öffnen und Europa die Zölle senkt vor allem
für Agrarprodukte wie Rindfleisch, Geflügel, Zucker und Ethanol. Dann
werden viele Bauern in der EU pleite gehen. Denn sie können nicht mit der
südamerikanischen Billig-Fleischerzeugung auf riesigen Flächen, teilweise
auf der Basis von Landraub sowie sklavenähnlicher Ausbeutung von
Landarbeiterinnen und Landarbeitern, mithalten. Das bedroht zum Beispiel
die konventionelle Haltung von Rindern auf der Weide in Europa.
Gleichzeitig wird in Brasilien und Argentinien Regenwald abgeholzt, um die
Produktion noch weiter auszuweiten, wenn die Exporte steigen – mit den
entsprechenden Folgen für das Klima.
Was bedeutet das Abkommen für die Industrie des Mercosur?
Die Industrieprodukte, die wir dann exportieren, können nach Brasilien und
Argentinien, vernichten dort Industriearbeitsplätze. So haben wir auf
beiden Seiten des Atlantiks Verliererinnen und Verlierer. Die Gewinner sind
in der Regel große Konzerne, und ob sie diese zusätzlichen Gewinne auch
anständig versteuern, dagegen spricht die Erfahrung.
Die Befürworter sagen: Selbst wenn ein paar Bauern in der EU pleite gehen
sollten, sichern wir so viel besser bezahlte Arbeitsplätze etwa in der
deutschen Autoindustrie.
Das könnte durchaus sein. Nur: Die Abhängigkeit unserer Wirtschaft von
Exporten und der Autoindustrie [4][ist ein Problem], das man angehen muss.
Wir müssen hin zu einer ausgewogenen Handelsbilanz, zu einer Wirtschaft,
die klimaverträglich und nachhaltig ist, und nicht von wenigen großen
Konzernen abhängig ist. Gerade die Strafzölle, die US-Präsident Donald
Trump verhängt hat, zeigen ja, wie anfällig unsere Wirtschaft ist, weil wir
so stark von Exporten abhängen.
Was verlangen Sie?
Wir fordern, das Abkommen mit dem Mercosur erst einmal nicht abzuschließen
und offenzulegen, was da genau verhandelt wird.
15 Mar 2018
## LINKS
[1] https://aktion.campact.de/mercosur/appell/teilnehmen
[2] /!5484846
[3] /!t5295622/
[4] /!5487693
## AUTOREN
Jost Maurin
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