# taz.de -- Sinkende Smartphoneverkäufe: Eine Verbindung fürs Leben | |
> Im letzten Quartal 2017 sanken erstmals die Verkaufszahlen von | |
> Smartphones. User zahlen mehr für ein Gerät und behalten es länger. | |
Bild: Auch in China ist das Smartphone ein ständiger Begleiter | |
Die Verkaufszahlen in der Smartphone-Branche sind unerwartet erheblich | |
zurückgegangen. Bis vor kurzem ging der Trend noch stetig nach oben – Ende | |
vergangenen Jahres dann plötzlich der Bruch. Die Menschen haben im vierten | |
Quartal 2017 deutlich weniger Smartphones gekauft. Mit etwa 408 Millionen | |
Geräten wurden knapp 6 Prozent weniger Geräte als im Vergleichszeitraum des | |
Vorjahres verkauft. Zu diesem Ergebnis kam eine [1][Studie] des | |
Marktforschungsinstituts Gartner, das seit 2004 den weltweiten | |
Smartphone-Markt verfolgt. Dies ist der erste von Gartner registrierte | |
Rückgang. Besonders die beiden Marktgiganten Samsung und Apple mussten | |
erheblich geringere Verkaufszahlen melden. | |
Anshul Gupta, Forschungsleiter bei Gartner, ist der Meinung, dass es sich | |
für die KäuferInnen nicht mehr lohnt, in ein neues Modell zu investieren. | |
Smartphone-Nutzer wählen „beim Neukauf Qualitätsgeräte und behalten diese | |
länger, was den Ersatzzyklus für Smartphones verlängert“. KäuferInnen | |
können bei den neuen Produktgenerationen immer weniger merkliche Vorteile | |
feststellen. Was muss sich ändern, damit die Menschen ihre Geräte wieder | |
für ein neueres Modell eintauschen? | |
„Längere Akkulaufzeit, mehr Speicherplatz und eine bessere Kamera stehen | |
ganz oben auf der Wunschliste der Verbraucher“,so Nick Kriegeskotte, Leiter | |
des Bereichs für Telekommunikationspolitik bei Bitkom e.V., dem Verband der | |
deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche. Während Smartphones | |
immer besser mit eigenständigen Spiegelreflex- und Kompaktkameras mithalten | |
können, geht es mit der Akku-Technik momentan nur langsam voran. „Das wird | |
sich aber in Zukunft ändern. Die Akku-Technik macht dank der Forschung rund | |
um Elektromobilität große Fortschritte“, so Kriegeskotte. | |
Dennoch konzentrieren sich Apple, Samsung und Co. momentan vor allem auf | |
andere Dinge. „Die Käufer und Käuferinnen legen immer mehr Wert auf den | |
optischen Bereich“, teilt Andreas Gentner, Medienexperte der | |
Unternehmensberatung Deloitte, der taz mit. KonsumentInnen sind für die | |
Wirkung des Handydesigns erheblich sensibilisiert worden. Minimale | |
Änderungen in der Größe, in der haptischen Wahrnehmung und im Aussehen | |
haben enorme Auswirkungen darauf, ob KundInnen das Design akzeptieren. | |
Im Social-Media-Zeitalter ist es unabdingbar geworden, technisch auf dem | |
neuesten Stand zu sein. Der Druck, bei den neuesten Instagram- und | |
Snapchat-Trends mithalten zu können, hält unvermindert an. Die Geräte | |
müssen auch im Grafik-, Bildschirm- und Kamera-Test gut abschneiden. | |
Visualität spielt bei der technischen Ausstattung wie beim Design des | |
Handys eine große Rolle. | |
## Vom Gebrauchsgegenstand zum Wegbegleiter | |
Da man wegen des Platzmangels noch nicht alles in einem Gerät haben kann, | |
muss man zwischen Akku und neuester Software- und Hardware Prioritäten | |
setzten. Die Wünsche, die KundInnen an ein neues Smartphone haben, hängen | |
stark von ihrem Nutzungsverhalten ab. Instagrammer und Snapchatter nehmen | |
es in Kauf, ihr Gerät öfter aufladen zu müssen und dafür die besten Fotos, | |
Stories und Videos posten zu können. Jemand, der sein Gerät als | |
Büroassistent für unterwegs verwendet, legt jedoch mehr Wert auf einen sehr | |
guten Akku und schnellen Prozessor. Das Smartphone-Angebot erweitert sich | |
stetig und reagiert damit auf die unterschiedlichen Nutzungsverhalten der | |
Menschen. | |
Es macht offenbar Sinn, dass sich die Marktgiganten derzeit auf Kamera und | |
Displayauflösung konzentrieren. Zwar kaufen sich die Smartphone-Anhänger | |
seltener jedes neue Top-Gerät, im Durchschnitt wird für das neue Handy aber | |
etwas mehr ausgegeben als früher, so Kriegeskotte. Der Trend, immer das | |
Neueste haben zu wollen, geht demnach zurück. Stattdessen steigt der | |
emotionale Wert des Handys für seine BesitzerInnen. „Das Smartphone | |
entwickelt sich allmählich von einem Nutzgerät zu einem Gefährten für das | |
ganze Leben“, so Gentner. Wir nehmen unser Smartphone überall hin mit, | |
speichern persönliche Daten auf ihnen: Fotoalben, Kontakte und | |
To-Do-Listen. Wir kaufen ihm eine Handy-Hülle, die wir entweder selbst | |
designed oder nach unserem Geschmack im Laden ausgesucht haben. Es fragt | |
uns, wie es uns heute geht und informiert uns über den schnellsten Weg zur | |
Arbeit. – Ein Leben ohne unser persönliches Smartphone ist kaum noch | |
vorstellbar. | |
Neben der längeren Nutzungsdauer der teuren Geräte spielt aber auch „der | |
gesättigte Markt eine relevante Rolle für die gesunkenen Verkaufszahlen. Es | |
besteht in den meisten Gesellschafts- und Altersgruppen kaum noch | |
Nachholbedarf“, sagt Gentner. Im letzten Quartal 2017 musste kaum noch | |
jemand vom alten Klapphandy zum Smartphone umsteigen. Allerdings hat der | |
Großteil derjenigen, die immer noch kein Smartphone besitzen, auch diesmal | |
keines gekauft. Der Grund: Es fehle an „ultra günstigen“ Geräten, die | |
trotzdem für den Alltag gut zu gebrauchen seien. Deswegen kaufe diese | |
Gruppe lieber gute Feature-Phones (Handys ohne Touchscreen und Apps), so | |
Gupta. | |
Die Zukunft der Smartphones wird mehr und mehr von Virtual Reality | |
gestaltet. Das Smartphone funktioniert dabei als Steuerungsapparat für die | |
Geräte, mit denen wir in die virtuelle Welt eintauchen können, wie zum | |
Beispiel VR-Brillen. Ob diese Innovation eine ähnliche Revolution auslösen | |
wird, wie es das erste iPhone getan hat, bleibt abzuwarten. Im Mainstream | |
sind die Computerbrillen noch lange nicht angekommen. | |
13 Mar 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://www.gartner.com/newsroom/id/3859963 | |
## AUTOREN | |
Katharina Korn | |
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