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# taz.de -- Trotz Vorgabe des BVerfG: Wetzlar lässt Nazis nicht rein
> Karlsruhe fürchtet um seine Autorität, nachdem Wetzlar 60 Nazis den
> Zutritt zur Stadthalle verweigerte. Denn die Stadt widersetzte sich einer
> Anordnung.
Bild: Die Gegendemonstration in Wetzlar war gut besucht
Die Stadt Wetzlar hat am Wochenende eine einstweilige Anordnung des
Bundesverfassungsgerichts missachtet und der NPD eine Halle verweigert. Das
Karlsruher Gericht hat nun die hessische Kommunalaufsicht um Prüfung des
Vorgangs gebeten – ein bislang einmaliger Vorgang.
Es ist nicht unüblich, dass Stadtverwaltungen und Polizei erst einmal
versuchen, Demos und Veranstaltungen der Nazi-Partei zu verhindern. Sie
überlassen es dann den Gerichten, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit
und die Gleichbehandlung von Parteien durchzusetzen. Neu ist aber, dass
sogar Gerichtsentscheidungen ignoriert werden.
Konkret geht es um eine NPD-Veranstaltung im hessischen Landtagswahlkampf.
Die Stadt und Oberbürgermeister Manfred Wagner (SPD) ließen von Beginn an
keinen Zweifel, dass sie der NPD wegen ihrer verfassungswidrigen
Ausrichtung die Wetzlarer Stadthalle nicht überlassen wollen. Im Februar
entschied jedoch der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Kassel, dass die NPD bei
der Hallenvergabe wie die anderen Parteien behandelt werden müsse, sie sei
schließlich nicht verboten.
Die NPD lud für den 24. März zu einer Veranstaltung in die Wetzlarer
Stadthalle ein. Dabei sollten rechte Kader reden und Rechtsrock-Bands wie
„Oidoxie“ und „Kategorie C“ spielen. Die Stadt argumentierte nun, das s…
gar keine Wahlkampfveranstaltung, sondern ein Konzert. Außerdem habe die
Partei weder Sicherheits- und Sanitätsdienst noch Haftpflichtversicherung
nachgewiesen. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) erklärte, dass der
Hessische Landtag fraktionsübergreifend die Stadt bei ihrem Kampf gegen die
geplante NPD-Veranstaltung unterstütze.
Das Verwaltungsgericht (VG) Gießen lehnte diese Argumentation aber ab. Am
Donnerstag vergangener Woche drohte es der Stadt ein Zwangsgeld in Höhe von
7.500 Euro an. Sie solle mit der Partei endlich einen Mietvertrag
abschließen. Wie die NPD ihren Wahlkampf gestalte, sei deren Sache.
Versicherungsschutz, Sicherheits- und Sanitätsdienst seien nachgewiesen.
Auch der VGH bestätigte die Gießener Entscheidung.
Die Stadt wiederholte jedoch stur, die Partei habe die geforderten
Mietbedingungen wie Versicherungsschutz und Sanitätsdienst nicht
nachgewiesen. Am Freitag verhängte das VG Gießen deshalb das Zwangsgeld von
7.500 Euro und drohte ein zusätzliche Zwangsgeld von 10.000 Euro an. Die
Stadt ignorierte auch dies.
## Die Halle blieb zu
Am Samstag erließ schließlich das Bundesverfassungsgericht eine
einstweilige Anordnung: Die Stadt müsse der NPD die Stadthalle überlassen.
Die Stadt bringe nur Argumente vor, die von den Verwaltungsgerichten
bereits verworfen wurden. Die Stadt erklärte, sie werde die Urteile
„selbstverständlich“ anerkennen – wenn die NPD die Erfüllung der
Mietbedingungen nachweise. Die Halle blieb zu. 60 Nazis warteten vergebens.
In der Stadt demonstrierten derweil 2.000 Menschen für ein „buntes
Wetzlar“. Matthias Körner, Geschäftsführer der DGB-Region, rief: „Das hi…
ist einmalig. Die Stadt Wetzlar wird mit der Art ihres Widerstands in die
Geschichte eingehen.“ Am Abend fand das Rechtsrock-Konzert im nahen
Städtchen Leun in einem Privathaus statt.
Am Montag nun schrieben die Verfassungsrichter an das Regierungspräsidium
Gießen. Es solle den Vorfall aufklären, notwendige aufsichtsrechtliche
Maßnahmen ergreifen und das Bundesverfassungsgericht unverzüglich davon
unterrichten.
Die Stadt Wetzlar wollte auf Anfrage keine Stellungnahme mehr abgeben. Es
handele sich um ein „laufendes Verfahren“.
27 Mar 2018
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Bundesverfassungsgericht
Hessen
Schwerpunkt Flucht
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