# taz.de -- Forscher über tote Wale in Australien: „Wale sind wie Autofahrer… | |
> 150 angespülte Tiere sind offenbar nicht mehr zu retten, die Behörden | |
> rufen Hai-Alarm aus. Meeresforscher Boris Culik weiß, welche | |
> Gegenmaßnahmen helfen. | |
Bild: Hatten keine Chance: 150 angespülte Kurzflossen-Grindwale | |
taz: Herr Culik, an der Westküste Australiens sind mehr als 150 | |
Kurzflossen-Grindwale gestrandet. Wie konnte das passieren? | |
Boris Culik: Da gibt es verschiedene Erklärungen. Wale orientieren sich | |
akustisch, indem sie Klicklaute ausstoßen. Ein flaches Ufer wirft aber | |
keine Echos zurück und kann daher als offenes Wasser interpretiert werden. | |
Wenn einzelne Tiere stranden, locken sie andere mit Hilferufen an. Die | |
eintretende Ebbe verschlimmert die Situation zusätzlich. Vielleicht wurden | |
sie auch durch ein Militärmanöver oder lautes Sonar an den Strand | |
getrieben. Eine andere Theorie ist, dass sich die Tiere am Erdmagnetfeld | |
orientieren. Wenn sich dieses bei einem Sonnensturm verschiebt, sind die | |
Wale verwirrt. Das ist vergleichbar mit Autofahrern, die sich blind auf ihr | |
Navi verlassen und dann vom Anleger ins Wasser fahren, ohne zu schauen, ob | |
da wirklich eine Fähre auf sie wartet. | |
Wie schlimm ist das für den Bestand der Kurzflossen-Grindwale? | |
150 Tiere sind ein gravierender Einschnitt. Es ist aber unklar, wie schlimm | |
genau das für die Population ist. Ob diese Art bedroht ist, kann ich auch | |
nicht einschätzen. Es liegen einfach zu wenig Daten vor. | |
Kurzflossen-Grindwale haben ein sehr großes Verbreitungsgebiet, und über | |
die Hochsee kann man das gleiche wie über die Tiefsee sagen: Sie ist sehr | |
schwer erforschbar. Von der Rückseite des Mondes ist mehr bekannt. | |
Was tut die Wissenschaft dagegen? | |
Im Rahmen eines von der spanischen Loro-Parque-Stiftung finanzierten | |
Projekts wollen wir vor Teneriffa untersuchen, ob man Grindwale mit | |
akustischen Signalen vor Gefahren warnen oder auf Abstand halten kann. | |
Wie funktioniert das? | |
In der Ostsee haben wir bewiesen, dass man Schweinswallaute synthetisch | |
nachbilden kann, um die Tiere vor gefährlichen Netzen zu warnen. Die | |
Fischer haben dadurch 70 Prozent weniger Schweinswale im Netz. Es gibt also | |
Hoffnung. Mit dieser Technologie können wir die Tiere auch vor | |
Unterwasserbaustellen, Sprengungen oder flachem Gewässer schützen. | |
Die australischen Behörden haben nun den Strand wegen Hai-Alarm gesperrt. | |
Ist das nötig? | |
Ja, das ist durchaus plausibel. Für die Haie sind die verendenden Grindwale | |
ein Jackpot. Außerdem sind Haie sozusagen die Müllabfuhr der Meere, eine | |
hohe Zahl an Raubtieren ist also ganz normal. Und wenn ein Hai erst mal im | |
Jagdfieber ist, würde ich da nicht mehr schwimmen wollen. | |
24 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Malte Bollmeier | |
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