# taz.de -- Legendäres Café Sibylle in Berlin: Im Osten wird der Kaffee knapp | |
> Das DDR-Kultcafé Sibylle auf der Karl-Marx-Allee steht vor dem Aus. In | |
> wenigen Tagen endet der Mietvertrag, die Mitarbeiter sind gekündigt. | |
Bild: Bleibt nur die Leuchtschrift? Eingang zum Café Sibylle auf der Karl-Marx… | |
Es ist Nachmittag und im Friedrichshainer Café Sibylle in der | |
Karl-Marx-Allee ist Hochbetrieb, zumeist eher ältere Herrschaften machen | |
sich über Kaffee und Kuchen her. An der Decke des Cafés hängen bunt bemalte | |
Regenschirme, einer von ihnen steht direkt am Eingang und auf diesem steht: | |
„Sibylle muss bleiben.“ Die Schirme stammen von der Künstlerin Ute Donner, | |
das Café Sibylle verkauft diese an Gäste, und Donner ist auch die | |
Initiatorin einer Petition, die für den Erhalt des Cafés trommelt. | |
Erst vor kurzem wurde der bekannten Szenebar Kosmetiksalon Babette ein paar | |
Häuser weiter in der Karl-Marx-Allee der Mietvertrag nicht verlängert, sie | |
wird wohl schließen müssen. Dem Café Sibylle, einer weiteren Institution in | |
der geschichtsträchtigen Straße, droht nun selbiges. | |
Die ehemalige Milchbar war schon in den Sechzigern ein bekanntes | |
Ostberliner Café, das nach kurzer Unterbrechung nach der Wende weitgehend | |
originalgetreu erhalten blieb. „Egon Krenz, Walter Momper, alle waren sie | |
mal hier zu Besuch“, so Peter Schröder, einer der beiden Betreiber der | |
Lokalität. | |
Doch bereits Ende März läuft der Mietvertrag des Cafés aus, in dem auch | |
regelmäßig Veranstaltungen wie Lesungen und Konzerte stattfinden und das | |
gerne von diversen Vereinen für ihre Sitzungen genutzt wird. Den | |
Mitarbeitern wurde bereits gekündigt. Allerdings ist die ganze Sache | |
ziemlich verworren und kompliziert, der Fall könnte noch ein paar neue | |
Wendungen bekommen. | |
Die Sachlage ist die: Die GmbH Krea, die das Café Sibylle erst seit fünf | |
Jahren betreibt, ist selbst nur Untermieter in dem Haus, das Predac | |
Immobilien gehört. Eigentlicher Mieter des Cafés ist der Verein BUF, die | |
Bildungseinrichtung für berufliche Umschulung und Fortbildung, die ihren | |
Sitz in Kreuzberg hat. Die BUF hat den Cafébetreibern gekündigt mit der | |
Begründung, jemanden Neues für das Café suchen zu wollen. | |
Vorangegangen waren jedoch Verhandlungen, in der eine Verlängerung des | |
Untermietvertrags um fünf Jahre bei moderater Mieterhöhung in Aussicht | |
gestellt wurde. Allerdings unter der Auflage, der BUF „eine einmalige | |
Spende in Höhe von 50.000 Euro“ zu überweisen. So steht es in einem | |
E-Mail-Schriftverkehr, den Peter Schröder ausgedruckt vor sich liegen hat. | |
„Wie soll man das anders nennen als Erpressung“, fragt der. | |
Dieser seltsame Vorgang erklärt sich nun wohl daraus, was erst in den | |
letzten Tagen bekannt wurde: Die BUF scheint pleite zu sein und hat einen | |
Insolvenzantrag gestellt. | |
Zum Politikum wird die ganze Geschichte zusätzlich dadurch, dass der Bezirk | |
Friedrichshain-Kreuzberg durch eine Dauerausstellung über die ehemalige | |
Stalinallee, die sich im Café Sibylle befindet, auch noch in der Sache mit | |
drinsteckt. Die Ausstellung, zu der ein paar Bildtafeln und altes Mobiliar | |
aus der DDR gehören, wurde einst mit öffentlichen Geldern finanziert. | |
In einer Rahmenvereinbarung aus dem Jahr 2005, die Peter Schröder aus der | |
Tasche zieht, wurde festgelegt, dass sich die BUF um die Ausstellung zu | |
kümmern habe. Und dass diese, falls die Betreuung seitens der BUF nicht | |
mehr zu gewährleisten sei, zurück an das Bezirksamt gehe. | |
Der Stadtrat und stellvertretende Bezirksbürgermeister von | |
Friedrichshain-Kreuzberg, Knut Mildner-Spindler, macht auf Anfrage klar, | |
dass er sich den Erhalt der Ausstellung im Café Sibylle wünsche und dafür | |
auch gute Chancen sehe. Er sagt aber auch: „Uns interessiert nur die | |
Ausstellung.“ | |
Was nun genau mit dem Café Sibylle passiert, liege weitgehend außerhalb | |
seiner Befugnis. „Die Verbitterung der gekündigten Mitarbeiter des Cafés | |
kann ich verstehen“, sagt er und auch: „Die Betreiber des Cafés sind | |
beschissen dran.“ Aber solange der bereits eingesetzte Insolvenzverwalter | |
der BUF erst einmal prüfen müsse, wie und ob der Verein als Hauptmieter des | |
Café Sibylle überhaupt weiterexistiert, könne man wenig tun. | |
Was wohl auch für den Fall gilt, dass die BUF als Hauptmieter ausfällt. | |
Denn dann muss Predac Immobilien entscheiden, wem sie die Räumlichkeiten | |
vermietet, in denen sich aktuell das Café Sibylle befindet, „Klar aber ist, | |
dass der Bezirk eindeutig dafür ist, dass das Café Sibylle erhalten | |
bleibt“, so Mildner-Spindler. | |
## Sauer auf den Bezirk | |
Café-Sibylle-Betreiber Peter Schröder ist das sichtbar zu wenig. Er ist | |
ziemlich aufgebracht, vor allem auf Stadtrat Knut Mildner-Spindler ist er | |
nicht gut zu sprechen. Ein Bekenntnis zu ihm als Cafébetreiber hätte er | |
sich gewünscht, stattdessen interessiere sich der Stadtrat nur für die | |
Ausstellung. Es laufe gut mit dem Café, sagt er, und dass die Leute wollen, | |
dass alles weiter so laufe wie bisher, sehe man ja am Erfolg der Petition, | |
die bislang fast 1.500 Unterschriften hat. | |
Inzwischen hat die Predac zu verstehen gegeben, dass sie sich Schröder und | |
seinen Partner von der Krea gut als Hauptmieter vorstellen könne. Dann aber | |
müsste alles recht schnell gehen mit dem Mietvertrag. Sonst gibt es in gut | |
zwei Wochen zumindest vorerst keinen Kuchen mehr im Café Sibylle. | |
20 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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