# taz.de -- Rugby Six Nations: Triumph der Bescheidenen | |
> Ausgerechnet am St. Patrick’s Day demütigt das irische Rugbyteam die | |
> Engländer und gewinnt zum dritten Mal in seiner Geschichte den Grand | |
> Slam. | |
Bild: Starke Iren haben England fest im Griff | |
Für Leo Varadkar begann dieser Nationalfeiertag mit einer Peinlichkeit. Der | |
Ministerpräsident der Republik Irland nahm am Samstag an der St. Patrick’s | |
Day Parade in New York teil, während die irische Rugby-Nationalmannschaft | |
in England das abschließende Spiel des Six Nations bestritt. Vor dem | |
Anpfiff wünschte Varadkar Trainer Joe Schmidt und seinem Team alles Gute. | |
Aber in seiner Botschaft via Twitter verwendete Varadkar statt der irischen | |
Flagge die der Elfenbeinküste. Vom „peinlichen Tricolore-Fauxpas“, schrieb | |
der [1][Irish Independent]. Diese Anekdote ging nicht unter im Jubelrausch | |
der Iren. Der 17. März 2018 wird nicht nur für Varadkar unvergesslich | |
bleiben, das Datum steht ab sofort für einen der größten Erfolge in der | |
irischen Sportgeschichte. | |
Die Iren gewannen nicht nur das [2][Six Nations], sondern nach 1948 und | |
2009 zum dritten Mal auch den sogenannten Grand Slam. Dieser Titel wird | |
jenem Team verliehen, das alle fünf Spiele des alljährlichen Turniers der | |
sechs besten Rugby Nationen Europas gewinnt. Und an diesem Samstag | |
besiegten die Iren nach Frankreich, Wales, Schottland und Italien auch | |
England – nein, sie demütigten die Engländer in deren Rugby-Tempel in | |
Twickenham mit 24:15. | |
Besser als die Botschaft des Ministerpräsidenten kam nach dem Abpfiff die | |
von Brian O’Driscoll an, dem Kapitän jener irischen 15, die 2009 letztmals | |
den Grand Slam gewonnen hatte. O’Driscoll hatte vor dem Turnier auf den | |
Grand-Slam-Sieg der Iren gewettet und 400 Euro gewonnen, er teilte seinen | |
Nachfolgern mit: „Die Drinks gehen auf mich.“ Das könnte teuer werden. Die | |
irische Mannschaft feierte Samstagnacht in London, als gäbe es kein Morgen, | |
bevor sie am Sonntag in Dublin empfangen wurde. | |
An diesem Tag wollten viele Iren unbedingt dabei sein. Tausende Menschen | |
von der Grünen Insel hielten sich am Samstag ohne Ticket vor dem Stadion | |
auf. Der englische Guardian berichtet: „Alles war grün, nicht nur die | |
englischen Spieler auf dem Platz waren von Männern in grünen Trikots | |
umgeben.“ Sportlich ließen die Iren den Engländern keine Chance und zeigten | |
auch in diesem Spiel ihre aktuelle Dominanz. Irlands Trainer Joe Schmidt | |
sagte: „Meine Spieler sind gewöhnliche Männer, die ein außergewöhnliches | |
Team bilden.“ | |
## Drei Titel in sechs Jahren | |
Vor sechs Jahren übernahm der Neuseeländer das Amt, drei Mal gewann Irland | |
seither das Six Nations. Die Iren überholten die Engländer jüngst in der | |
Weltrangliste, als Ranglistenzweiter gelten sie nun als erster europäischer | |
Herausforderer von Titelverteidiger Neuseeland bei der WM im kommenden Jahr | |
in Japan. Dem maximal professionellen Schmidt sind Triumphgesten fremd, die | |
Metapher von den „gewöhnlichen Männern“ wählte er nicht ohne Grund. | |
Jüngst war Christy Moore zu Gast im Trainingslager der Iren und stimmte die | |
Mannschaft mit seinem Hit „Ordinary Man“ auf die Partie gegen den | |
unbeliebten Nachbarn ein. Moore ist einer der bekanntesten Folk-Sänger | |
Irlands, seine Lieder handeln von den Sorgen der sogenannten kleinen Leute, | |
von Liebe und der Unterdrückung der Iren durch die Engländer. Deren | |
Rugby-Trainer Eddie Jones gab sich nach der dritten Pleite in Serie | |
ungewohnt demütig, der Titelverteidiger wurde nur Fünfter. | |
Anfang der Woche wurde ein Video öffentlich, auf dem Jones zu sehen war, | |
als er vor einem Jahr für eine Tochterfirma von Englands Hauptsponsor eine | |
Rede hielt. Dabei bezeichnete er Wales als „little shit place“ und kündigte | |
den Iren Revanche für die Niederlage am letzten Spieltag des Six Nations | |
2017 an. Dabei sprach er von den „scummy Irish“, den „schäbigen Iren“. | |
Jones entschuldigte sich zwar, die Empörung aber war nicht nur in Irland | |
groß. | |
## Auswüchse wie im Fußball | |
Mit zunehmender Professionalisierung und dem Aufkommen der sozialen Medien | |
kämpft auch der Rugby-Sport gegen Auswüchse, wie sie der Fußball längst | |
kennt. Eddie Jones beispielsweise war nach der Niederlage seines Teams in | |
Schottland während der Heimreise mit dem Zug ständigen Pöbeleien | |
ausgesetzt. Auch zu Handgreiflichkeiten sei es gekommen, erzählte Jones und | |
erklärte, er werde nie wieder öffentliche Verkehrsmittel in Großbritannien | |
benutzen. | |
Vor dem Match in Edinburgh hatten ehemalige und aktive schottische | |
Internationale die Stimmung mit abwertenden Äußerungen über Jones und | |
England vergiftet. Jones analysierte, dass derlei Bemerkungen zu dem | |
Verhalten geführt hätten, wie er es nach dem Spiel auf der Heimfahrt aus | |
Schottland habe erleben müssen. Dass nun ein Video mit herabwürdigenden | |
Äußerungen von Jones gegenüber Wales und den Iren publik wurde, ist für den | |
englischen Nationaltrainer peinlich. | |
Am Samstag wurde Jones auch von englischen Fans ausgebuht. Einer der | |
Grundsätze dieses Trainers lautet: Wer es sich gemütlich macht, kann sich | |
nicht verbessern. Vielleicht also gut, dass für Eddie Jones die Zeiten | |
gerade ziemlich ungemütlich sind. | |
18 Mar 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.independent.ie/sport/rugby/six-nations/the-drinks-are-on-me-bri… | |
[2] https://www.sixnationsrugby.com/en/home.php | |
## AUTOREN | |
Tobias Schächter | |
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