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# taz.de -- Vormarsch der Türkei in Syrien: Afrin steht vor dem Häuserkampf
> Die Stadt Afrin muss sich auf heftige Kämpfe einstellen. Türkische
> Einheiten, die 2015/2016 gegen Kurden im Einsatz waren, rücken an.
Bild: Viele Menschen waren vor dem syrischen Krieg in die Kurdenregion geflohen…
Athen taz | Der türkische Einmarsch [1][in Afrin] erreicht nach offiziellen
Angaben eine neue Phase. Nachdem die Kämpfe sich bislang in dünn
besiedeltem Gebiet abgespielt haben, geht es nun um die Stadt Afrin und
eine weitere, etwas kleinere Stadt, Dschindires, im Südwesten des Kantons.
„Wir haben Afrin eingekreist“, behauptete am Wochenende Ministerpräsident
Yıldırım, um die türkische Bevölkerung auf den bevorstehenden Städtekampf
einzustimmen.
Zu diesem Zweck hat die türkische Armee bereits Spezialeinheiten der
Gendarmerie und der Polizei herangeschafft, die Erfahrung im Städtekampf
haben. Es sind Soldaten und Polizisten, die im Winter 2015/2016 die
Innenstadt [2][von Diyarbakır], die Städte Nusaybin und Cizre im Kampf
gegen PKK-nahe kurdische Milizen in Schutt und Asche legten, nachdem diese
sich dort verbarrikadiert und die Orte anschließend zu autonomen Zonen
erklärt hatten.
Nimmt man diesen brutalen Häuserkampf zum Vorbild, kann man sich
vorstellen, welches Unheil auf die Menschen in der Stadt Afrin zukommen
wird. Nach kurdischen Angaben halten sich dort bis zu einer halben Million
Leute auf. Darunter sind zahlreiche Flüchtlinge, die sich in den zuvor vom
Krieg kaum berührten kurdischen Kanton vermeintlich in Sicherheit gebracht
hatten.
Während in der Türkei einige wenige Kolumnisten davor warnen, dass ein
Städtekampf wahrscheinlich auch viele zivile Opfer fordern wird, behauptet
die türkische Regierung bis jetzt kategorisch, es hätte überhaupt noch
keine zivilen Opfer gegeben. Die in London ansässige oppositionsnahe
Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte zählte dagegen schon Anfang
vergangener Woche 112 getötete Zivilisten, darunter 23 Kinder.
## Die Nerven liegen blank
Als in der vergangenen Woche ein Sprecher der US-Regierung deshalb zivile
Opfer in Afrin beklagte, reagierte der türkische Präsident Recep Tayyip
Erdoğan darauf sehr verärgert und warf den USA vor, selbst für Tausende
Tote in Syrien verantwortlich zu sein.
Wie sehr das Thema möglicher toter Zivilisten die Türkei umtreibt, zeigt
ein Vorfall aus der vergangenen Woche. Ein Moderator des islamistischen
TV-Kanals Yeni-Akit, Ahmet Keser, redete sich dabei so sehr in Rage, dass
er sagte, wenn „unsere Armee Zivilisten töten würde, dann nicht in Afrin,
sondern in Cihangir, Nışantaşe und Etiler“. Das sind Bezirke in Istanbul,
die dafür bekannt sind, dass dort überwiegend säkulare Leute leben. Dort
wären die wahren Verräter, so Keser. Der Wutausbruch kostete ihn seinen
Job, vermutlich aber nur, weil er offen aussprach, was viele Anhänger
Erdoğans insgeheim denken.
Die Nerven der Regierungsmitglieder sind auch deshalb so angespannt, weil
insbesondere immer mehr westliche Staaten fordern, die Türkei solle sich
gefälligst an den 30-tägigen Waffenstillstand für Syrien halten, der am 24.
Februar dieses Jahres vom UN-Sicherheitsrat in New York beschlossen wurde.
Präsident Erdoğan lehnt das vehement ab, da die Türkei in Syrien lediglich
„Terroristen“ angreifen würde. Allerdings taucht die kurdische YPG, gegen
die die türkische Armee in Afrin vorgeht, in dem UN-Dokument, in welchem
auch „Terrororganisationen“ aufgelistet sind, gegen die weiterhin gekämpft
werden darf, nicht auf. Das wäre auch verwunderlich, da die YPG in Syrien
mit den USA verbündet ist und auch Russland die kurdische Miliz keineswegs
als Terrororganisation ansieht.
[3][Trotzdem] lässt der russische Präsident Wladimir Putin seinen „Partner�…
Erdoğan weiterhin in Afrin Krieg führen. Als Erdoğan von einem Journalisten
gefragt wurde, ob Russland den Einsatz der türkischen Luftwaffe über Afrin
einschränken würde, sagte er: „Nein, überhaupt nicht. Wir haben kein
Problem mit Russland.“
Das gilt offenbar [4][trotz des Eingreifens von Milizen, die dem syrischen
Präsidenten Baschar al-Assad nahestehen]. Erst vor wenigen Tagen sollen 35
dieser Assad-Unterstützer auf dem Weg nach Afrin von der türkischen
Luftwaffe getötet worden sein.
4 Mar 2018
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## AUTOREN
Wolf Wittenfeld
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