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# taz.de -- Hinterhof von Ekkehard Maaß: Tod einer Oase
> Im Hinterhof der Wohnung von Liedersänger Ekkehard Maaß soll gebaut
> werden – dort wo er 1978 den wohl wichtigsten literarischen Salon der DDR
> gründete.
Bild: Alle Bäume, die nun in Form von Kleinholz zu seinen Füßen liegen, hat …
Der 1951 geborene Liedersänger, Publizist und Übersetzer Ekkehard Maaß
steht in einem Hinterhof und deutet schulterzuckend auf zersägte Stämme und
Äste. Es ist der Hinterhof seiner Privatwohnung in der Schönfließer Straße
in Prenzlauer Berg, wo er 1978 den wohl wichtigsten literarischen Salon der
DDR gründete. Hier lasen von Peter Brasch bis Bert Papenfuß die
interessantesten jungen DDR-Autoren. Später wurde der Salon auch
Anlaufpunkt für Künstler und Autoren aus Russland und den Ländern des
Kaukasus.
Ekkehard Maaß setzte sich jahrelang für die Rückkehr des zwangsweise nach
Georgien exilierten deutsch-georgischen Schriftstellers Giwi
Margwelaschwili nach Deutschland ein. Er wurde für seinen Einsatz für
Bürger- und Menschenrechte ausgezeichnet, 2011 bekam er das
Bundesverdienstkreuz.
Alle Bäume, die nun bereits in Form von Kleinholz zu seinen Füßen liegen,
hat Maaß, ein ewig junger, energischer, kleiner Mann, selbst vor 40 Jahren
gepflanzt, erzählt er. Pappeln, Birken, einen Nussbaum, der bis zu seiner
Fällung zu stattlicher Größe herangewachsen sei. Die Kettensäge dröhnt
laut, im Hintergrund arbeitet ein Mann mit Bauhelm und Ohrenschützern. Er
muss die dicken Stämme noch kleiner bekommen, sagt er in einer kurzen
Pause. Am Ende soll alles in den Häcksler.
Der Hof sei einst ein Vorzeigeprojekt der DDR-Architektur gewesen, erzählt
Ekkehard Maaß gegen den Lärm an. Ein entkernter Innenhof, über den man das
halbe Viertel durchwandern konnte – ähnlich wie beim „Paradiesgarten“
Hirschhof, den berühmten zusammengelegten Hofanlagen an der Ecke Oderberger
Straße und Kastanienallee, die ebenfalls ein Treffpunkt der Bürgerbewegung
der DDR war und von Künstlern gestaltet wurde.
## Der Bezirk tut nichts
Doch anders als beim Hirschhof, für dessen Erhalt der Bezirk erbittert
kämpfte und an den er schließlich nur noch erinnern konnte, indem er
nebenan einen neuen Hirschhof bauen ließ, sieht die Politik im Hinterhof
der Schönfließer Straße 21 offenbar weniger Handlungsbedarf. Es soll gebaut
werden – Verdichtung ist das Zauberwort. „Hier setzen sich private
Gewinninteressen gegen die Lebensqualität der Anwohner durch“, sagt
Ekkehard Maaß.
Inzwischen ist eine Anwohnerin dazugekommen, der nun ebenfalls der Blick
über ihre wilde, grüne, geliebte Oase verbaut wird, wie es sie gerade in
diesem Viertel nur noch selten gibt. Kiwi Menrath sagt, man habe alles
versucht: Schreiben ans Bezirksamt, an die Mieterberatung, den
Denkmalschutz verfasst, aber stets nur vage Antworten bekommen. Ekkehard
Maaß dreht sich um und deutet auf eine bunt bemalte Brandmauer, die
ebenfalls verschwinden wird. An einem schönen Septembertag 1985 ließ er sie
unter dem Motto „Aktion Malwand“ gestalten von jungen georgischen
Künstlern. Auch die Ostberliner Malerin Uta Hünniger, die Dresdner Malerin
Christine Schlegel und andere beteiligten sich. Der Denkmalschutz, so Maaß
und Menrath, konnte allerdings trotzdem nicht einschreiten. Er kann nichts
tun, solange der Besitzer der Brandmauer nicht aktiv wird.
Und bei diesem handelt es sich nun einmal genau um jenen Bauherrn, der
gerade ihren schönen, literarischen Hinterhof zerstört.
1 Mar 2018
## AUTOREN
Susanne Messmer
## TAGS
Berlin Prenzlauer Berg
Prenzlauer Berg
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