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# taz.de -- Kontrolle von Pornos in Großbritannien: Klarnamenpflicht fürs Por…
> In Großbritannien müssen bald Pornoseiten ihre Nutzer verifizieren. Das
> aussichtsreichste System gehört einer Firma, die mehrfach gehackt wurde.
Bild: Wer bist du? Pornodarstellerin bei der Messe „Adult Expo“ im Januar
Berlin taz | „Vertraust du Pornhub mit einer Datenbank deiner sexuellen
Vorlieben?“, fragt die Pornoproduzentin [1][Pandora Blake in einem
Blogpost]. Die zugespitzte Frage bezieht sich auf eine wesentliche Änderung
in Großbritannien: Ab April müssen Pornoseiten die Volljährigkeit ihrer
NutzerInnen garantieren. Die Gesetzesänderung, die Minderjährige schützen
soll, wirft viele weitere Fragen auf: Wie werden intimste Daten in Zukunft
geschützt? Werden kleinere Pornoanbieter vom Markt gedrängt? Und nutzt ein
Quasimonopolist die Änderung aus, um seine Macht noch auszuweiten?
Im vergangenen Jahr verabschiedete das britische Parlament den „Digital
Economy Act“. Das Gesetz hat viele verschiedene Facetten: Beispielsweise
sollen Rechnungen für Mobilfunk begrenzt werden und Schwarzkopierer härter
bestraft werden, es soll zudem ein gesetzlicher Anspruch auf
Breitbandanschlüsse bestehen. Aber auch: Pornoseiten müssen garantieren,
dass ihre NutzerInnen alle über 18 Jahre alt sind. Wer dagegen verstößt,
kann mit empfindlichen Strafen belegt werden: Bis zu 280.000 Euro werden
fällig, die Seiten können im Land gesperrt und Geschäfte mit ihren
Betreibern verboten werden.
Bis Ende April 2018 haben die Seitenanbieter Zeit, die Vorgabe umzusetzen
und immer mehr scheint es. als würde sich ein bestimmtes
Verifizierungssystem durchsetzen: AgeID der Firma MindGeek.
Obwohl MindGeek keinen Porno-Klang hat, ist [2][das Unternehmen für die
Pornoindustrie] so etwas wie Google für Suchmaschinen oder Facebook für
soziale Netzwerke: ein Quasi-Monopolist. Die größten kostenlosen
Pornoseiten gehören MindGeek, unter anderem Pornhub und Youporn, sowie
zahlreiche Produktionsfirmen und auch das Amateurpornonetzwerk
MyDirtyHobby. Im vergangenen Jahr soll MindGeek allein über seine irische
Abrechnungsfirma rund [3][19 Millionen Euro Gewinn gemacht haben].
MindGeek selbst hat damit ein erhebliches Interesse an einer reibungslosen
Implementierung des Gesetzes und entwickelte ein eigenes
Verifizierungssystem: AgeID soll künftig beim Einloggen auf Pornoseiten
nach einem Altersnachweis fragen – beim ersten Einloggen wird dieser von
Verifizierungsstellen bestätigt und ein Konto erstellt. Danach müssen
NutzerInenn sich nur noch mit diesem AgeID-Konto verifizieren. Die Firma
erwartet allein [4][im ersten Monat 25 Millionen Registrierungen].
## Zahlreiche Hacks bei MindGeek-Seiten
In den Datenschutzbestimmungen [5][zählt die Website von AgeID die
zahlreichen Daten auf], die gesammelt werden sollen: Vor- und Nachname,
Postanschrift, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum und -ort, Telefonnummern
und demographische Daten. Und die Seite erläutert: Die Technologie könne
genutzt werden, „um Informationen über Ihre Online-Aktivitäten im Verlauf
der Zeit und über Internetseiten von Drittanbietern oder anderen
Online-Diensten zu erheben“.
Was bedeutet das, wenn eine Firma, an der man kaum vorbeikommt, auch noch
die Datenbank der sexuellen Vorlieben eines Großteils der Bevölkerung
pflegt? Es gebe keinen Grund, warum MindGeek nicht die Nutzerdaten und ihre
Nutzungshistorie an Werbefirmen weiterverkaufen könnte, [6][schreibt
beispielsweise der Fachanwalt für das britische Obszönitätsgesetz Myles
Jackson]. Damit werde MindGeeks Status als das „Facebook von Pornos“
bestätigt, so Jackson. AgeID ist da noch deutlicher: In den
Datenschutzbestimmungen heißt es explizit, dass die gespeicherten
Informationen für Werbung genutzt werden können.
In ihrem Post verweist Pornoproduzentin Pandora Blake außerdem darauf, dass
die Daten bei MindGeek keineswegs in sicheren Händen seien. Seit mehreren
Jahren sind zentrale Websites der Firma immer wieder das Ziel von Hackern
gewesen. 2012 wurden Hunderttausende E-Mail-Adressen und Passwörter von
Youporn-NutzerInnen [7][durch einen Programmierfehler exponiert]. Die
Mindgeek-Website „Brazzers“ wurde 2012 gehackt, [8][2016 wurden erneut
800.000 Nutzerkonten geklaut]. Und erst 2017 wurde bekannt, dass Hacker ein
Jahr lang über eine Pornhub-Schwachstelle NutzerInnen [9][zum Installieren
von Schadsoftware verleitet hatten].
MindGeek selbst weist den Vorwurf der mangelnden Sicherheit allerdings
zurück. Die früheren Hacks wären für das neue System kein Thema, sagte
[10][ein MindGeek-Sprecher gegenüber Sky News.] „AgeID ist komplett neu
entwickelt worden, mit Datenschutz, Datenminimierung und Prinzipien der
Privatsphäre im Zentrum des Designs“, versicherte er. „Weil die Logindaten
von AgeID verschlüsselt werden, können diese Daten im unwahrscheinlichen
Fall eines Hacks auch nicht exponiert werden.“
## Eine Steuer an die Marktbeherrschende
Für ProduzentInnen wie Blake gibt es aber weitere Befürchtungen: Die
marktbeherrschende Stellung MindGeeks werde dazu führen, dass deren System
auch zum De-Facto-Standard der Industrie werde. Das hieße, dass auch
kleinere Anbieter AgeID gegen Gebühr benutzen müssten, um ihre NutzerInnen
zu verifizieren. Die Regierung habe MindGeek damit einen Blankoscheck
ausgestellt, so Blake. MindGeek sieht das erwartungsgemäß nicht so: Die
Zahlungen seien notwendig, da die Firma die Kosten [11][nicht direkt an die
NutzerInnen weitergeben wolle].
MindGeek ist bei kleineren ProduzentInnen ohnehin ein rotes Tuch, diese
unterstellen dem Unternehmen, mit Onlinepiraterie groß geworden zu sein:
Auf Videoseiten wie Pornhub oder Youporn seien die Inhalte von
Produktionsfirmen illegal hochgeladen worden und MindGeek habe die
Werbeeinnahmen komplett eingestrichen. Während sich für MindGeek nun eine
neue Einkommensquelle auftue, könnten wegen der Gebühren kleine Anbieter
vom Netz gedrängt werden.
Blake rechnet beispielsweise vor, dass ihre Website ihr rund 1100 Euro im
Monat einbringe – die Verifizierung werde allerdings mehrere Hundert Euro
am Tag kosten, die Alternativen zu AgeID sogar noch mehr. „Kleinere Sites
wie meine werden letztendlich eine Mindgeek-Steuer an unsere größte
Konkurrentin zahlen müssen“, schreibt sie, „die ihre Marktmacht durch die
Piraterie unserer Inhalte etabliert hat.“
15 Feb 2018
## LINKS
[1] http://pandorablake.com/blog/2017/11/do-you-trust-pornhub-with-a-database-o…
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/MindGeek
[3] https://www.irishtimes.com/business/media-and-marketing/pornography-company…
[4] https://news.sky.com/story/porn-watchers-will-have-to-prove-they-are-over-1…
[5] https://cdn1.ageid.com/misc/privacypolicy_de.pdf
[6] http://mylesjackman.com/index.php/my-blog/120-20-25-million-uk-adults-risk-…
[7] http://www.theregister.co.uk/2012/02/22/smut_chat_breach/
[8] https://motherboard.vice.com/en_us/article/vv7pgd/nearly-800000-brazzers-po…
[9] https://www.theguardian.com/technology/2017/oct/10/pornhub-adult-site-users…
[10] https://news.sky.com/story/porn-watchers-will-have-to-prove-they-are-over-…
[11] https://www.engadget.com/2017/11/23/pornhub-mindgeek-age-verification-agei…
## AUTOREN
Lalon Sander
## TAGS
Datenschutz
Pornografie
Schwerpunkt Überwachung
Streaming
Pornhub
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