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# taz.de -- Grundstücks-Deal zum Schnäppchenpreis: Beiersdorf darf sich freuen
> Der Senat ist Beiersdorf beim Kaufpreis für eine Kleingartenfläche
> offenbar sehr weit entgegengekommen. Die Linke findet das befremdlich.
Bild: Bedrohte Erholungsfläche: Kleingärten am Veilchenweg in Lokstedt
HAMBURG taz | Das nennt man wohl ein Schnäppchen. Für rund 35 Millionen
Euro hat die Stadt Hamburg eine Fläche von knapp zwölf Hektar im Stadtteil
Lokstedt an die Beiersdorf AG verkauft. Was hat der Chemiekonzern mit den
umgerechnet 17 Fußballfeldern in bester Lage angrenzend an das Werksgelände
in der Troplowitzstraße vor? Angeblich gar nichts. Zumindest nicht sofort.
Laut Senat gilt der Verkauf nur der Standortsicherung. „Der Flächenankauf
erfolgt als langfristige Erweiterungsperspektive der Beiersdorf AG“, heißt
es in einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der Linken-Politiker
Heike Sudmann und Stephan Jersch vom 20. Februar. Und auch der
Beiersdorfkonzern teilt mit: „Es gibt zurzeit keine Planungen für die
Inanspruchnahme dieser Flächen.“
Die 260 Kleingärten rund um den Veilchenstieg dürfen bleiben. Für die
nächsten 20 Jahre sollen die Pachtverträge nicht gekündigt werden. Das wird
im Kaufvertrag zwischen der Stadt und Beiersdorf erwähnt, der im Juni 2017
bereits unterzeichnet wurde, aber erst rechtskräftig wird, wenn ihn die
Bürgerschaft im Mai durchwinkt.
Daran, das alles so bleibt, wie es ist, glauben weder die Kleingärtner noch
Hartmut Obens von der Linken in der Bezirksversammlung Eimsbüttel. Ihm
stößt der Deal zwischen der Stadt und Beiersdorf in zweierlei Hinsicht auf.
„Das ist ein Geschenk an Beiersdorf“, sagt er.
Der Kaufpreis liegt bei knapp 300 Euro pro Quadratmeter. Jedoch liegt der
Bodenrichtwert an der Troplowitzstraße laut der interaktiven
Bodenrichtwertkarte für Produktion und Lagerei schon bei 430 Euro, für
Bürohäuser sogar bei 722 Euro pro Quadratmeter. Der Senat habe die
Grünfläche billig verhökert, sagt Obens. „Wir haben ausgerechnet, dass
Beiersdorf bei einer Bodenrechtsänderung etwa 100 Millionen Euro
Sofortgewinn erzielen könnte. “
Außerdem sei der Verkauf ein „Geheimakt“ gewesen, ohne die Öffentlichkeit
hinzuzuziehen. Das will Obens jetzt nachholen und hat eine aktuelle halbe
Stunde in der Bezirksversammlung Eimsbüttel beantragt. Er will einen
Alternativplan für die Nutzung des Areals vorstellen.
Das interessiert auch Michael Witzorek. Der 47-Jährige ist Mitglied der
Gartenfreunde Stubbenkamp, eines der drei Kleingärtenvereine, deren
Parzellen im verkauften Areal liegen. Er kritisiert, die Stadt habe sich
von Beiersdorf über den Tisch ziehen lassen.
Witzorek hat die Initiative „Lebenswertes Lokstedt“ gegründet, die eine
Onlinepetition gegen den Verkauf der Kleingartenfläche angeschoben hat.
Auch wenn er noch hofft, ist er überzeugt: „Jeder, der den Kaufvertrag
liest, sieht, dass damit das Plattmachen der Gärten garantiert ist.“
Tatsächlich heißt es im Kaufvertrag, dass die Pachtverträge schon vor
Ablauf der 20 Jahre gekündigt werden könnten, wenn dies „aus erheblichen
betrieblichen Gründen der Beiersdorf AG erforderlich ist“. Für Witzorek ein
deutlicher Hinweis, dass der Konzern mehr plant, als er preisgeben will.
„Das ist nur eine Beruhigungspille“, sagt auch Obens zu der Frist. Nichts
im Vertrag binde Beiersdorf an dieses Versprechen. Dem widerspricht Dirk
Sielmann, Vorsitzender des Landesbundes der Gartenfreunde (LGH) und
Mitglied der SPD-Fraktion Mitte. In einer Zusatzvereinbarung zum
Kaufvertrag zwischen der Stadt, Beiersdorf und dem LGH seien für die
Pächter*innen „wichtige Ansprüche vertraglich abgesichert“ worden. So
stünden ihnen im Fall einer Kündigung eine Entschädigung und Ersatzflächen
zu.
Einige Gartenfreunde werfen Sielmann vor, mit dem Senat gemeinsame Sache zu
machen. Dieser widerspricht vehement. Auch Obens findet diese „Vermischung“
befremdlich. Er glaubt, dass der Beiersdorf-Deal, noch nicht zu Ende
erzählt ist.
22 Feb 2018
## AUTOREN
Juliane Preiß
## TAGS
Hamburger Senat
Kleingartenanlage
Stadtentwicklung Hamburg
Kleingärtner
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