# taz.de -- Berlinale-Kolumne Was bisher geschah: Die Freiheit braucht ein Erdb… | |
> Die Berlinale diskutiert über den Stand der Dinge in der deutschen | |
> Filmwirtschaft nach #metoo. Rechtsradikale Identitäre sorgen für einen | |
> Eklat. | |
Bild: „Unter dem Deckmantel der künstlerischen Freiheit wird Missbrauch betr… | |
„Es ist ein Erdbeben“, hat Helen Mirren vor wenigen Tagen auf dem Roten | |
Teppich über die #MeToo-Debatte gesagt. Tut sich wirklich was? „Kultur im | |
Wandel“ hieß die Veranstaltung am Montagnachmittag im Tipi am Kanzleramt. | |
Familienministerin Katharina Barley (SPD) wiederholt ihr Mantra: „Es geht | |
nicht um Sex, es geht um Macht.“ | |
Thomas Kleist, Intendant des Saarländischen Rundfunks, spricht trotzdem von | |
einer „Sexdebatte“, bis ihn das Publikum zur Korrektur zwingt: „Äh, | |
Missbrauch, sorry.“ Es gehe nicht um künstlerische Freiheit, so Barley, | |
sondern um Straftaten. Welche Frauenbilder erzeugt die Filmbranche? Barley | |
erwähnt eine Szene aus der TV-Serie „Hart aber herzlich“, die sie als | |
Teenager gesehen hat. Die beiden Hauptdarsteller liegen im Bett. Sie: | |
„Schatz, was liebst du am meisten an mir?“ Er: „Dass du noch nie Nein | |
gesagt hast.“ | |
Ob ein Regelkodex vorstellbar sei für den Umgang am Set, fragt die | |
Moderatorin, Schauspielerin Natalia Wörner glaubt, der sei nicht umsetzbar. | |
Ihre Kollegin Jasmin Tabatabai widerspricht: Ein Leitfaden für den | |
Nachwuchs wäre sinnvoll. Damit junge Schauspielerinnen wissen, sie müssen | |
dem Regisseur nicht bedingungslos gehorchen. Klare Vorgaben tangieren | |
dessen künstlerische Freiheit keinesfalls. Und überhaupt, fragt Tabatabai: | |
„Was ist mit der Freiheit derer, die bisher unterdrückt wurden? Unter dem | |
Deckmantel der künstlerischen Freiheit wird Missbrauch betrieben.“ | |
Barbara Rohm, im Vorstand von ProQuote Film, ergänzt: Die | |
Öffentlich-Rechtlichen haben sich bisher hinter Schlagwörtern wie | |
„künstlerischer Freiheit“ versteckt. 85 Prozent aller Filme werden von | |
Männern gemacht. Da helfe nur eine Quote. Auf Einzelne zu vertrauen, die | |
das Richtige tun, reiche nicht. Vor allem nicht, wenn es um öffentliche | |
Gelder gehe. Und was sagt die andere Seite, die Geldgeber, Sender, | |
Produzenten? Die haben Pause, denn ein Flashmob junger Menschen, die einen | |
ganz anderen Kulturwandel im Sinn haben, tritt auf. | |
Aktivisten aus dem Umfeld der rechtsradikalen Identitären Bewegung nutzen | |
dafür den Hashtag #120dB. Sie betreten die Bühne, werfen Flyer und kleine | |
Alarmgeräte (120 Dezibel) in den Raum. Die Rechtsradikalen werden ausgebuht | |
und rausgeschmissen, die Alarmgeräte ausgetreten. | |
Nach Ende dieses Spuks sprechen die Podiumsgäste weiter: Parität sei das | |
Ziel, darüber ist man sich einig, gegen die Quote habe niemand etwas. Aber | |
von echtem Wandel seien die großen Fernsehsender noch weit entfernt. | |
Michael Lehmann, Chef der Studio Hamburg GmbH, gibt die ehrlichste Antwort: | |
„Wir haben zu lange zugunsten des Erfolgs weggeschaut und gesagt: Der macht | |
das so toll, deswegen darf das alles so sein. Muss es so sein? Nein, | |
natürlich nicht.“ | |
20 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Viktoria Morasch | |
## TAGS | |
Filmbranche | |
Schwerpunkt #metoo | |
Filmwirtschaft | |
Schwerpunkt Berlinale | |
Schwerpunkt #metoo | |
#Me too | |
Schwerpunkt #metoo | |
Schwerpunkt Berlinale | |
Bechdel-Test | |
Schwerpunkt Berlinale | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gendergerechtigkeit auf der Berlinale: Strukturen, Strategien, Signale | |
Verbände und Filmschaffende tauschen sich über Gendergerechtigkeit aus. Sie | |
suchen Lösungen für den Sexismus in der Branche. | |
Hilfe bei Missbrauch in Film und TV: „Es darf sich jeder und jede melden“ | |
Die deutsche Fernsehbranche bekommt endlich eine Beratungsstelle für Opfer | |
sexueller Gewalt. Ein Gespräch mit einer der Initiatorinnen. | |
Berlinale und #MeToo: „Äh, Missbrauch, sorry“ | |
Die #MeToo-Debatte hat die Filmbranche verunsichert. Wie auf der Berlinale | |
über das Thema geredet wird – oder auch nicht. | |
Berlinale: Gus Van Sant: Skater und Rollstuhlfahrer | |
„Don’t Worry, He Won’t Get Far on Foot“ erzählt die bestürzende Gesch… | |
des Cartoonisten John Callahan. Aber mit Humor statt Selbstmitleid. | |
Berlinale-Kolumne Was bisher geschah: Der Bechdel-Fail | |
Es ist ermüdend, immer wieder über Diskriminierung und Sexismus im Film | |
reden zu müssen. Aber es ist nötig, wie eine Berlinale-Deabtte zeigt. | |
Berlinale-Standbild (Teil 3): Speckiger Platz | |
Das Zentrum der Berlinale ist am Potsdamer Platz. Der allerdings wird immer | |
öder und dröger. Filmreif ist das längst nicht mehr. |