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# taz.de -- Snowboarderin gewinnt Ski-Rennen: Ehrverletzende Siegerin
> Die tschechische Snowboarderin Ester Ledecká gewinnt sensationell das
> Super-G-Rennen. Sie war nicht die Einzige, die es kaum glauben konnte.
Bild: Wie ein Alien, der in der falschen Sportart gelandet ist: Ester Ledecká …
Dieses Super-G-Rennen im Jeangseon Alpene Centres von Pyeongchang hat die
Welt des alpinen Skisports aus den Angeln gehoben. Selbst die Sechste hatte
Probleme, mit diesem historischen Ereignis und Ergebnis zurechtzukommen:
„Es ist ein bisschen enttäuschend für mich, von einer Snowboarderin
geschlagen zu werden“, bekannte die US-Amerikanerin Lindsey Vonn, die in
ihrer Karriere 28 Weltcups im Super-G gewonnen hat.
Es sind bisher die Bilder dieser Winterspiele, wie die Tschechin Ester
Ledecká nach ihrem Lauf eine gefühlte Ewigkeit emotionslos auf die
Anzeigetafel stierte, weil sie den Ziffern dort, die ihren Olympiasieg
bezeugten, keinen Glauben schenken wollte. IOC-Chef Thomas Bach hatte zu
diesem Zeitpunkt schon der vermeintlichen österreichischen Siegerin Anna
Veith gratuliert.
Krönt Ledecká nächsten Samstag beim Parallel-Riesen-Slalom der Snowboarder
ihre Spiele in Südkorea auch noch mit einer weiteren Goldmedaille, wird
womöglich hernach eine Konkurrentin lamentieren, von einer Skifahrerin
vorgeführt worden zu sein.
In der Leistungssportwelt des detailversessenen Spezialistentums sind
erfolgreiche Quereinsteiger eigentlich kaum noch vorstellbar. Und wenn –
wie im Fall der coolen Snowboarder und traditionsbewussten Skifahrer – noch
kulturelle Gräben markiert werden, sind solche Beutezüge von Grenzgängern
umso ehrverletzender. Zumal Ledecká eine Pionierin ist. Bislang hat noch
nie eine Snowboarderin überhaupt nur den Versuch gewagt, bei den
Olympischen Winterspielen beim alpinen Skisport mitzumischen. Dass nun
gleich Gold dabei heraussprang, hebt die 22-jährige Tschechin in der
olympischen Geschichte auf einen ganz exklusiven Platz.
## Beides Mal geht's den Berg herunter
Bei den ersten Olympischen Spielen in der Neuzeit konnten Multitalente wie
etwa der Deutsche Carl Schuhmann noch problemlos in diversen Sportarten
brillieren. 1896 in Athen gewann er drei Goldmedaillen im Turnen, eine im
Ringen, Bronze im Gewichtheben und im Weitsprung reichte es immerhin für
Platz sieben. Im Profisport heute bedarf es aber einer gewissen
Artverwandtschaft der Disziplinen, um zumindest konkurrenzfähig sein zu
können. Die ebenfalls tschechische Eisschnellläuferin Martina Sablikova,
die sich in Pyeongchang über 5.000 Meter die Silbermedaille sicherte, wurde
etwa bei der Rad-WM 2015 im Einzelzeitfahren Zwölfte. Bei den Olympischen
Spielen gewann auch die DDR-Sportlerin Christa Luding-Rothenburger im
Winter im Eisschnelllauf (unter anderem Gold) und im Sommer im
Bahnradsprint (Silber, 1988).
Doch wie genau ist es um die Artverwandtschaft zwischen den Schneesportlern
auf den dünnen Brettern und dem dicken Brett bestellt? Wirklich
aufschlussreich sind die Erklärungen zu den Gemeinsamkeiten von Ester
Ledecká, die zuerst als Snowboarderin Karriere machte und bei der WM 2017
die Gold-Plakette nach dem Parallel-Riesenslalom überreicht bekam, nicht:
„Beides Mal geht es den Berg herunter.“
Ihre Bemerkungen waren so ungeschminkt wie ihr Gesicht, weshalb sie es
vorzog, bei der Pressekonferenz ihre riesige Skibrille nicht abzunehmen.
Auf den Rummel um die Siegerin war sie nicht nur unvorbereitet, er war ihr,
wie sie offen bekannte, eher lästig: „Ich will nicht unhöflich sein, aber
am liebsten würde ich jetzt Snowboarden gehen.“ Dieser Bewegungsdrang nach
eigentlich getaner Arbeit vermittelte zumindest eine Ahnung, weshalb diese
Tschechin, die in der Altstadt von Prag aufwuchs, eine so außergewöhnliche,
vielseitige Sportlerin ist. Die Tochter des bekannten tschechischen
Musikers Jan Ledecky ist es von klein auf gewöhnt, sehr eigenständige Wege
zu gehen. Mit ihrem Bruder wurde sie zu Hause unterrichtet und ging nicht
in die Schule.
Als ihre Hobbys hat die neue Olympiasiegerin übrigens einmal
Beachvolleyball, Eishockey und Windsurfen angegeben. Sommerspiele, sagte
sie nun, könne sie sich durchaus vorstellen. Man kann das durchaus auch als
Warnung begreifen.
18 Feb 2018
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Pyeongchang
Olympische Winterspiele 2022
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Snowboard
Skisport
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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