# taz.de -- Ausstellungsempfehlung für Berlin: Fußball, Spieler, Postkolonial | |
> Die Kunst ist rund: Konzeptkünstler Philip Kojo Metz zeigt bei Decad eine | |
> Retrospektive seines Projekts „The Mimicry Games“. Die taz sprach mit dem | |
> Künstler. | |
Bild: Philip Kojo Metz, „The Mimicry Games – Documentation Senegal“ (Auss… | |
Sport ist immer auch Folie für Machtkämpfe. Bei [1][Philip Kojo Metz] kann | |
dieser Sport beispielsweise das Boxen sein (Muhammad Ali!), seit einigen | |
Jahren hat er sich zunehmend dem Fußball zugewandt: Sein Langzeitprojekt | |
„The Mimicry Games“ wird aktuell bei [2][Decad] dokumentiert (2014 bis | |
heute). | |
Zu den „Mimicry“-Partien traten seit 2014 verschiedene afrikanische | |
Profispieler in den Trikots ehemaliger europäischer Kolonialmächte | |
(Deutschland, Frankreich, Portugal, …) gegeneinander an. Ausschnitte aus | |
zwei Spielen, die in Kamerun (Deutschland vs. Frankreich) und im Senegal | |
(Portugal vs. Frankreich) stattfanden, sind bei Decad zu sehen – samt | |
Live-Kommentar-Mimicry voll obligatorischer Banalitäten, die nachträglich | |
über das Kamerun-Spiel gelegt wurde. | |
Auf Public Screenings der Aufzeichnungen folgten über die Jahre | |
Diskussionen mit Fußballexperten, Spielern, Künstlern und Theoretikern zu | |
Kolonialgeschichte, Nationalismus und Ungleichheitsverhältnissen – im | |
Fußball und darüber hinaus. Vier Talkrunden aus Berlin, Dakar, Köln und | |
München laufen hier zum Re-Viewing auf Tablets. | |
Gleich im ersten Raum der Übersichtsausstellung mimt Metz den | |
Spielverderber: Auf seiner Fotoarbeit „Exhale“ (2018) hat er dem runden | |
Leder die Luft rausgelassen. Die edel glänzende Ikone verweigert die | |
Funktionalisierung. | |
Laut dem postkolonialen Theoretiker Homi K. Bhabha ist der Mimikry ein | |
doppelter Blick eigen: Die Kolonisierten mögen kulturelle Praktiken der | |
Kolonialmacht zwar nachahmen, so dass sich diese missionarisch bestätigt | |
fühlt. Gleichzeitig wirft die Aneignung der Codes aber den Blick zurück: | |
Mimikry ist immer auch Antäuschen – der beste Weg zum Konter. | |
Einblick (711): Philip Kojo Metz, Künstler | |
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? | |
Und warum? | |
Philip Kojo Metz: Ich find meine Kunst anregend – und alles andere regt | |
mich auf. Nee, jetzt mal im Ernst: Ich reg mich nicht mehr über Kunst auf. | |
Das ist Zeitverschwendung. Man bekommt hier in Berlin total viel zu sehen – | |
das meiste ist eh umsonst: reingehen, Klappe halten, genießen (oder auch | |
nicht), rausgehen. | |
Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen? | |
Demnächst kommt Lee Scratch Perry nach Berlin – das will ich sehen! | |
Ansonsten finde ich private Konzerte in Wohnzimmern, Bruchbuden, | |
Zwischengeschossen in Berlin wirklich sehenswert. Es gibt viel Talent aus | |
der ganzen Welt hier: Querbeet, alle Niveaus, alle Qualitäten. Wirklich | |
genial und ein ganz spezielles „Berlinding“. | |
Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit | |
durch den Alltag? | |
„Mach, was Du willst: Design Thinking“ von Bill Burnett und Dave Evans und | |
„Walden“ von Henry David Thoreau. | |
Was ist dein nächstes Projekt? | |
Ich arbeite an einem Fotobuch über Gerard Chenet, einen sehr interessanten | |
92-jährigen Künstler aus dem Senegal, der seinen Traum verwirklicht und | |
sein Lebenswerk geschaffen hat. Es wird ein Portrait über ihn, seine | |
Architektur und seine Gedichte – man kann sich daran beteiligen, erfreuen. | |
Und außerdem das Projekt unterstützen, indem man sich zum Beispiel jetzt | |
schon ein Exemplar sichert unter: [3][indiegogo: Gerard Chenet – | |
Architecture & Poems]. Außerdem bereite ich mich mit meinem Projekt „The | |
Mimicry Games“, momentan zu sehen im Projektraum Decad, auf die WM 2018 | |
vor. | |
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten | |
Freude? | |
An neuen Ideen spinnen, manchmal morgens direkt nach dem Aufstehen, | |
tagsüber im Café, abends an der Bar – egal wo. Und mit anderen treffen, | |
austauschen, produzieren. | |
Dieser Text erscheint im taz Plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg | |
immer donnerstags in der Printausgabe der taz. | |
14 Feb 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.philipkojometz.de/www.philipkojometz.de/home.html | |
[2] http://decad.org/Current | |
[3] https://www.indiegogo.com/projects/gerard-chenet-architecture-poems | |
## AUTOREN | |
Noemi Molitor | |
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