# taz.de -- Dieter Wedel und #metoo: Suche nach „Verdachtsmomenten“ | |
> Der Fall Wedel beschäftigt die IntendantInnen der ARD: Sie lassen ihre | |
> Archive durchforsten und wollen an einem „Bewusstseinswandel“ mitwirken. | |
Bild: Bei den Öffentlich-Rechtlichen soll eine Stelle geschaffen werden, bei d… | |
Nach den schweren Anschuldigungen gegen den Regisseur Dieter Wedel versucht | |
sich die ARD in Aufarbeitung und Aufklärung. Wedel soll, so hat es Die Zeit | |
in zwei Artikeln berichtet, mehrere Frauen sexuell genötigt, bedrängt und | |
vergewaltigt haben. Und die Produktionsfirma sowie der Saarländische | |
Rundfunk (SR) sollen zumindest bei einer Produktion davon gewusst haben. | |
Während der Arbeiten am TV-Mehrteiler „Bretter, die die Welt bedeuten“ im | |
Jahr 1980 soll Wedel versucht haben, die Schauspielerin Esther Gemsch zu | |
vergewaltigen. Die Misshandlungen seien so stark gewesen, dass sie den Dreh | |
abbrechen musste. Es gab anschließend ärztliche Gutachten und Schreiben von | |
Anwälten, die vor Kurzem beim SR gefunden wurden. Dreizehn Ordner der nicht | |
mehr existenten Telefilm Saar zu der Serie und den Anschuldigungen | |
schlummerten in den Archiven des SR. | |
Es drängen sich dementsprechend Fragen auf: Gab es ein Kartell des | |
Schweigens bei der ARD? Und: Gibt es das immer noch? | |
Während der SR unter Intendant Thomas Kleist eine Taskforce gegründet hat | |
und nach ehemaligen MitarbeiterInnen sucht, die zur Aufklärung beitragen | |
könnten, durchforsten derzeit auch die anderen ARD-Anstalten ihre Archive. | |
„In einigen Wochen“, schätzt der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm, sei die | |
Suche abgeschlossen. Dabei hätten es einige Anstalten recht einfach, sie | |
haben nie mit Wedel zusammengearbeitet, und andere – allen voran der | |
Norddeutsche Rundfunk – haben ordentlich zu tun. Dort produzierte das | |
Studio Hamburg viel und gerne mit dem Regisseur Dieter Wedel. | |
## Sensibilisierung soll zur „Daueraufgabe“ werden | |
Es werde nach Indizien gesucht, so beschreibt es Volker Herres, der | |
Programmchef des Ersten Programms: Sind damals Kosten aus dem Ruder | |
gelaufen? Wenn ja, warum? Gab es Neubesetzungen während der Dreharbeiten? | |
Und so weiter. „So entstehen Verdachtsmomente“, sagt Herres, denen man dann | |
nachgehen müsse. „Wenn etwas gefunden wird, werden wir das transparent | |
machen“, verspricht Wilhelm, zumindest so weit das der Opferschutz zulässt. | |
Zwei Tage waren die Intendantinnen und Intendanten in München | |
zusammengekommen, [1][um unter anderem über Wedel und den weiteren Umgang | |
mit Fällen sexueller Belästigung und Gewalt zu sprechen]. Wilhelm spricht | |
auf der abschließenden Pressekonferenz am Mittwoch von einer | |
„Daueraufgabe“: Neben der aktuellen Aufarbeitung müsse es darum gehen, | |
eigene MitarbeiterInnen zu schützen. | |
Das beginne schon mit der Sensibilisierung für das Thema in der Ausbildung | |
und bei Führungskräfteseminaren. Betroffene oder Zeugen sollen sich an | |
Stellen in den Häusern wenden können. Dort sollen auch Externe Gehör | |
finden, also MitarbeiterInnen, die beispielsweise nur vorübergehend bei | |
einer Produktionsfirma angestellt waren oder sind, die im Auftrag der ARD | |
dreht. | |
Außerdem unterstütze die ARD die Schaffung einer externen Einrichtung der | |
Kreativbranche, wo Opfer psychologisch und juristisch betreut werden. Es | |
gebe halt Milieus, die anfälliger seien für Übergriffe, sagt Herres, und | |
dazu gehöre die Kreativbranche, „eine Anhäufung von Menschen mit besonderer | |
Persönlichkeitsstruktur“ (Herres). | |
## Dann ist da noch die Frage nach dem Internet | |
Ansonsten präsentiert Herres noch ein paar Daten aus dem „ARD-Trend 2017“, | |
die belegen, wie beliebt das Erste Programm sei. Zum Beispiel, dass 21 | |
Prozent der gut 3.000 Befragten Das Erste wählen würden, wenn sie nur einen | |
einzigen Sender behalten dürften. Oder dass 23 Prozent das Erste als | |
„qualitativ bestes Programm“ betrachteten. Die zurückhaltende | |
Pressemitteilung dazu: „Das Erste ist das Beste.“ Herres sagt: „Das ist | |
jetzt ein bisschen angeberisch“, aber es seien empirisch erhobene Zahlen, | |
auf denen man sich aber nicht ausruhen werde. Natürlich nicht. | |
Und dann ist da ja noch das Thema Telemedienauftrag: Also die Frage, was | |
die Öffentlich-Rechtlichen online machen dürfen. Darüber debattieren gerade | |
die MinisterpräsidentInnen. Eine Einigung gibt es noch nicht. Während die | |
Zeitungsverleger rund um ihren Verbandspräsidenten Mathias Döpfner | |
(Springer) strengere Limitierungen fordern, warnt Wilhelm, dass es nur den | |
Verlagen diene, wenn sie weniger Netz machen würden. | |
7 Feb 2018 | |
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[1] /Kommentar-Ruecktritt-als-Intendant/!5478868 | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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