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# taz.de -- Silizium für neue Solaranlagen: Geklonte Kristalle statt Drahtsäge
> Ein neues Verfahren könnte die Herstellung von Solarzellen
> revolutionieren. Forscher wollen künftig hauchdünne Kristalle züchten.
Bild: Silizium, hier ganz roh und ungeschnitten
Berlin taz | Aus Sicht der Fertigungstechnik ist es eine Revolution:
Bislang wurden die dünnen Siliziumscheiben, aus denen Solarzellen bestehen,
mittels Drahtsäge aus Blöcken geschnitten. Nun hat das Fraunhofer-Institut
für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg eine Technik zur Industriereife
gebracht, die es ermöglicht, die Kristallplättchen direkt in der
gewünschten Dicke zu züchten. Das aufwendige Sägen könnte also bald
Geschichte sein.
Die Siliziumscheiben sind ein flächendeckender Bestandteil der Solarmodule
und geben diesen die oft bläulich kristallglitzernde Farbe. Ihre Fertigung
ist sehr aufwendig und für rund 40 Prozent der Kosten eines Solarmoduls
verantwortlich: Man schmilzt Silizium, um kristalline Blöcke zu züchten,
die man dann in hauchdünne Scheiben von 160 bis 180 Mikrometer Dicke,
genannt Wafer, zersägt. Der große Nachteil: Fast die Hälfte des
energieaufwendig produzierten Siliziumkristalls wird dabei zu Sägestaub.
Der Versuch, die Siliziumscheiben direkt ausreichend dünn zu produzieren,
scheiterte bislang an der Qualität der Kristalle – diese bestimmt die
Energieausbeute. Nun vermeldet das ISE den Durchbruch: Es gelinge jetzt,
das Silizium aus einem Gas auf einem Saatkristall abzuscheiden. Dabei
orientiert sich das Kristallgefüge an der Struktur der Unterlage – Epitaxie
nennt man das in der Kristallografie. Die Schicht kann dann ohne
Sägeverlust abgelöst werden.
„Wir klonen quasi Siliziumkristalle“, sagt Physiker Stefan Reber. Er war
zuvor Abteilungsleiter am ISE und ist nun Firmenchef der NexWafe GmbH, die
in Freiburg gerade eine Pilotfertigung aufbaut, um die neue Technik
kommerziell zu nutzen. Die Pilotfertigung soll künftig einen Wafer pro
Sekunde schaffen, die Jahreskapazität der Anlage soll bei 5 Megawatt
liegen. Mitte des Jahres soll die Produktion starten. Zugleich ist eine
größere Fabrik mit einer Kapazität zwischen 200 und 500 Megawatt bereits in
Planung.
## Energieeinsparung soll bei rund der Hälfte liegen
Am Markt erfolgreich sein kann die neue Technik natürlich nur, wenn sie mit
dem Sägeverfahren wirtschaftlich konkurrieren kann. Rebers Optimismus
speist sich vor allem aus der Energieeinsparung, die bei rund der Hälfte
liegen soll. Sie resultiert vor allem aus dem vermiedenen Sägeverlust.
Zugleich geht Reber davon aus, dass die Stromausbeute der Solarzellen
„sogar eher noch einen Tick besser sein“ werde, weil man mit dem neuen
Verfahren die Kristalle mit geringeren materialspezifischen Toleranzen
fertigen könne als bisher. Das ISE nennt die neue Technik, die eine
Preissenkung der Solarmodule um 20 Prozent bringen soll, „bahnbrechend“.
Da in der krisengeschüttelten deutschen Solarwirtschaft keine Firma die
neue Technologie aufgriff, soll nun ein Start-up die Erfindung industriell
verwerten. Entsprechende Risikokapitalgeber aus dem Ausland haben sich
bereits gefunden. Daneben ist auch die Fraunhofer-Gesellschaft als
Gesellschafter mit an Bord.
7 Feb 2018
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
Solarenergie
Start-Up
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
ISE
Solarworld
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