Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Niemals vergessen, rückwärts Union!
> In Berlin-Köpenick beim 1. FC Union Berlin findet ein Experiment statt:
> Wie schnell kann ein Profiteam verunsichert werden?
Bild: Felix Kroos hat gerade mit seiner Mannschaft verloren
Kurze Rückblende: Anfang Dezember, nach einem 1:2 in Bochum, wurde Jens
Keller entlassen. Der 1. FC Union Berlin stand zu dem Zeitpunkt auf Rang
vier – mit drei Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz. Und plötzlich
war der Trainer, der in der Spielzeit 2017/18 noch für eine der
erfolgreichsten Saisons der Klubgeschichte gesorgt hatte, draußen.
Das Stirnrunzeln an der Wuhlheide war so sehr in die Gesichter der Fans
getackert, dass es noch nicht einmal für Proteste reichte. Das
anschließende Heimspiel unter dem neuen Trainer André Hofschneider, ein
inspirationsloses 0:1 gegen Dynamo Dresden, ließen die BesucherInnen im
Stadion an der Alten Försterei merkwürdig teilnahmslos über sich ergehen.
Präsident Dirk Zingler schlingerte sich derweil durch die
Krisenkommunikation: „Gehen Sie davon aus, dass wir schwerwiegende Gründe
hatten, das Arbeitsverhältnis zu beenden“, sagte er dem Kicker. Niemand
habe leichtfertig aus einer Laune heraus eine Entscheidung getroffen. Dann
eröffnete er noch einen Nebenkriegsschauplatz: „Die Wahrnehmung in Teilen
von Fußball-Deutschland scheint mir: Wie kann sich eigentlich dieser kleine
Ostverein Union Berlin erdreisten, den großen Champions-League-Trainer zu
entlassen?“ Und Zingler zündete noch eine Nebelkerze: „Einen Mitarbeiter,
der sich nichts zuschulden kommen lassen hat, entlasse ich nicht.“
Rumms.
Nur: Wer genau hat Union vorgeworfen, dass der kleine Ostverein doch nicht
den großen Champions-League-Trainer rausschmeißen dürfe? Und was genau
hatte sich Keller zuschulden kommen lassen?
Den markigen Worten von Zingler folgte: nichts.
Stattdessen legte Union den Rückwärtsgang ein: Mit „schwerwiegende Gründen…
seien „die sportlichen Gründe“ gemeint gewesen, ließ Lutz Munack, der
Geschäftsführer Sport, wissen. Doch das Einparkmanöver misslang: Alle Zäune
und Pfeiler in der näheren Umgebung wurden abgeräumt. Denn drei Spieltage
weiter steht Union auf Platz neun. Hofschneiders Bilanz: drei Niederlagen,
ein Unentschieden. Beim letzten Heimspiel gegen Nürnberg schaffte es Union
in 90 Minuten kaum einmal, wirklich gefährlich zu werden. Immerhin reichte
es zu zwei Platzverweisen.
Das erste Zwischenbilanz des Berliner Experiments: Viel mehr Verunsicherung
geht kaum.
## „Wir wollen aufsteigen“
Der Abstand zum Relegationsplatz Richtung Liga eins ist vor dem 21.
Spieltag, an dem Union am Montagabend auswärts bei Arminia Bielefeld
ranmuss, auf acht Punkte gewachsen. Der Vorsprung auf den Relegationsplatz
Richtung dritte Liga beträgt nur noch fünf Punkte. Das Team, das vergangene
Saison zeitweise durch die Liga raste, auf Platz eins stand und dem erst
zum Ende hin der Sprit ausging, wirkt derzeit ideen- und ratlos.
Dabei war doch vor der Saison alles klar. „Wir wollen aufsteigen“, hatte
Präsident Zingler verkündet. „Das Handeln aller im Verein ist darauf
ausgerichtet.“ Dafür wurden Leistungsträger wie Toni Leistner, Steven
Skrzybski oder Sebastian Polter gehalten. Dafür wurden Spieler wie der
vielumworbene Akaki Gogia aus Dresden geholt. Dazu die Stadionausbaupläne.
Doch so sehr der Anspruch stieg, sosehr die Erwartungen wuchsen, desto
kürzer schien die Lunte bei den Verantwortlichen zu werden: Union
marschierte eben nicht durch die Liga, spielte nicht so attraktiv wie
gedacht, tat sich sichtlich schwer mit der Favoritenrolle. Und dann knallte
es.
Unions Sport-Geschäftsführer Munack teilte unter der Woche selbstkritisch
mit, dass „wir in eine Sackgasse reingefahren sind, aus der wir jetzt so
einfach nicht mehr rauskommen“.
5 Feb 2018
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
FC Union
FC Union
Zeitgeschichte
FC Union
Fußball-Bundesliga
FC Union
## ARTIKEL ZUM THEMA
Sonntag eröffnet Union die neue Saison: Viel Geduld vorausgesetzt
Union Berlin wollte in der letzten Saison den Aufstieg erzwingen – und fand
sich im Abstiegskampf wieder. Mit neuem Trainer sind die Töne jetzt
demütiger.
Unions Mythenjahr 1968: Von der Geschichte weggekickt
Vor 50 Jahren holte der 1. FC Union den DDR-Pokal. Dass der Sieg den
Köpenickern kein Glück brachte, hat mit dem Prager Frühling zu tun.
1. FC Union hat zu kämpfen: Ein Fünkchen Hoffnung
Seit Wochen hat Union nicht mehr gewonnen. Nach dem 2:2 bei Holstein Kiel
ist noch kein Aufschwung in Sicht. Eine Stippvisite im „Bistro Palme“ am
S-Bahnhof Grünau.
Hertha BSC Berlin: Mut zur Schönheit
Die Berliner sind zu einer stabilen Größe in der Bundesliga geworden, wie
auch das 2:2 gegen Bayern zeigt. Nur mit dem Publikum werden sie nicht
warm.
Union Berlin startet in neue Saison: Es riecht nach Aufbruch
Nach dem knapp verpassten Aufstieg in der vergangenen Saison will Union
Berlin nun wirklich in die Bundesliga. Dabei geht es um grundsätzliche
Fragen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.