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# taz.de -- Frauen in Führungspositionen: Ohne Druck geht fast nichts
> Laut einer Studie greift die Frauenquote nur da, wo sie gesetzlich
> verankert ist. Immer noch weigern sich Firmen, Frauen zu fördern.
Bild: Eine Ausnahme: Facebook-Managerin Sheryl Sandberg lässt sich von Kindern…
Berlin taz | Die unantastbarsten Argumente für die Frauenquote in
Kontrollgremien von Unternehmen sind Zahlen. Aktuelle Zahlen, die belegen,
dass sich der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten bis Ende des Jahres 2017,
wie vom Gesetz vorgesehen, tatsächlich auf rund 30 Prozent erhöht hat. Seit
2016 gilt die verbindliche Geschlechterquote für neu zu besetzende
Aufsichtsratsposten in etwa 100 großen Unternehmen. Ob sie auch wie geplant
umgesetzt wird, prüft jedes Jahr das Deutsche Institut für
Wirtschaftsforschung (DIW) [1][im Managerinnen-Barometer (pdf).]
„Die Unternehmen mit verbindlicher Quote haben mordsmäßig zugelegt“,
resümiert Elke Holst, Forschungsdirektorin für Gender Studies am DIW. Bei
61 Prozent dieser Unternehmen liegt der Anteil der Frauen inzwischen bei
einem Drittel und mehr. Gegenüber 2016 ist das ein Anstieg um 14,3
Prozentpunkte. Bei den DAX30-Unternehmen sind es sogar knapp zwei Drittel
(67 Prozent) mit einem Frauenanteil von bis zu 33 Prozent in ihren
Kontrollgremien.
Etwa die Hälfte davon stammt aus der ArbeitnehmerInnenvertretung. Insgesamt
hat sich der Anteil bei den Unternehmen, die an die Quote gebunden sind, um
3 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr verbessert. „Wir sehen: Es geht
doch“, sagt Holst. Die gesetzliche Regelung sei sinnvoll gewesen, um mehr
Druck aufzubauen.
Denn ein weiteres Ergebnis des Barometers ist, dass von den Aufsichtsräten
keine Signalwirkung für die Vorstände und Geschäftsführungen ausgeht, für
die keine verbindliche Quote gilt. In einigen Bereichen geht die
Entwicklung sogar wieder zurück, zum Beispiel bei Versicherungen und
SDAX-Unternehmen. „Ohne Druck und Sanktionen geht fast nichts voran“,
bekräftigt Holst.
Elke Holst und ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin, Katharina Wrohlich,
haben über die 100 Quotenfirmen hinaus die Daten von insgesamt mehr als 500
Unternehmen untersucht – bei jenen ohne Quote mit dem Ergebnis, dass es
ohne Zwang nicht funktioniert: In der Gruppe der Top 200, also der 200
umsatzstärksten Unternehmen, hatten nur 37,5 Prozent einen
Frauenführungsanteil von 30 Prozent. Die Zahl der Vorständinnen stagnierte
Ende 2017 noch immer bei 8 Prozent.
## „Stark verankerte Stereotypen“
„Auch der europäische Vergleich zeigt, dass die Quotenregelung wirkt“, sagt
Wrohlich. „Insbesondere dann, wenn Sanktionen drohen.“ Frankreich, die
Niederlande, Belgien und Italien haben 2011 eine gesetzlich verankerte
Frauenquote eingeführt. Seitdem ist die Zahl von Frauen in den jeweils
höchsten Entscheidungsgremien stark gestiegen – Frankreich wird die Quote
2017 mit mehr als 40 Prozent aller Voraussicht nach schon übererfüllt
haben. Europaweiter Vorreiter ist Norwegen, das bereits 2003 eine
verbindliche Frauenquote von ebenfalls 40 Prozent für Aufsichtsräte
verordnet hat und – bis hin zur Unternehmensauflösung – die schärfsten
Sanktionen verhängt.
Auch da, wo die Frauenquote bereits greift, unterscheidet sich die Dynamik
zwischen den 14 analysierten Unternehmensgruppen. Obwohl bei Banken und
Versicherungen mehr als die Hälfte der Beschäftigten Frauen sind, liegt ihr
Anteil in den Aufsichtsräten bei 23, in Vorständen bei knapp 9 Prozent.
„Ein Grund dafür sind stark verankerte Stereotypen, etwa, dass Frauen
weniger Mathematik-affin seien“, sagt Holst. Mitarbeiterin Wrohlich
ergänzt: „Bereits Grundschülerinnen schätzen sich in Mathe schlechter ein,
obwohl ihre Noten das nicht widerspiegeln.“
Die Wissenschaftlerinnen schlagen vor, den Pool an Frauen, die für
Spitzenpositionen infrage kommen, systematisch von unten nach oben zu
füllen. Was es dafür braucht, sind veränderte Strukturen in Unternehmen und
Gesellschaft, ein anderes Familienbild, eine andere Führungskultur.
„Das Bild einer Führungsperson richtet sich immer noch nach der
Lebenswirklichkeit des Mannes“, sagt Holst. Die Politik müsse „wie aus
einem Guss“ agieren, um die Veränderung sozialer Normen zu forcieren: die
Familienarbeitszeit und die Vätermonate ausweiten, Teilzeit als
Karrierekiller verhindern, das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit
verabschieden und das Ehegattensplitting abschaffen.
11 Jan 2018
## LINKS
[1] https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.550241.de/17-1.pdf
## AUTOREN
Hanna Voß
## TAGS
Frauenquote
Frauen in Führungspositionen
Henkel
Gesundheitspolitik
Landtagswahl in Niedersachsen
Gabor Steingart
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