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# taz.de -- Rechtspopulismus in Skandinavien: Gute Nacht, Dänemark!
> Die Medien in Dänemark und Schweden gehen sehr unterschiedlich mit
> Rechtspopulisten um. Auf die Wahlergebnisse hat das kaum Einfluss.
Bild: Fröhliche Populisten: die ehemalige DF-Vorsitzende Kjaersgaard und der j…
Stockholm taz | Die Frage, wie schwedische JournalistInnen mit den
Schwedendemokraten umgehen sollen, ist seit Jahren ein Dauerthema. Als sich
die Umfragewerte dieser Partei mit Wurzeln in der Neonaziszene Anfang der
Nullerjahre der Vier-Prozent-Sperrklausel für den Reichstag näherten,
wollte man jedenfalls den Fehler Dänemarks nicht wiederholen. Da hatten
sich die demokratischen Parteien bei ihrer Suche nach parlamentarischen
Mehrheiten von Anfang an gerne auf die Rechtspopulisten gestützt.
Auch die Medien räumten der Dänischen Volkspartei (DF) bereitwillig Platz
und somit Resonanz ein. Das Resultat: Die Partei war bereits 2001 mit 12
Prozent drittstärkste Kraft im Folketing, dem dänischen Parlament,
geworden. „God natt Danmark!“ kommentierte damals die Tageszeitung Dagens
Nyheter: Gute Nacht, Dänemark!
Schweden wollte es besser machen. Abgrenzung war angesagt. Zum Wahlsonntag
2010 zierte die Titelseite des Stockholmer Expressen ein zerknülltes Plakat
der Schwedendemokraten und ein fettes „NEJ!“. Vier Jahre später ein „Sti…
Nein zum Rassismus!“ über die gesamte Frontseite. Ähnliche Botschaften gab
es auf den Kommentarseiten der meisten anderen großen Tageszeitungen.
Aftonbladet, Schwedens auflagenstärkste Zeitung, akzeptiert bis heute keine
Wahlanzeigen dieser Partei. Sie will es auch im anstehenden Wahljahr 2018
nicht tun.
In einer im letzten Jahr erschienenen [1][Studie (.pdf)] über den Umgang
der Medien mit radikalen rechtspopulistischen Parteien in den nordischen
Ländern findet man dänische und schwedische Zeitungen jeweils am
entgegengesetzten Ende einer Skala: Während schwedische Medien fast
durchweg kritisch über die Rechtspopulisten im Land berichten, sind
dänische Medien eher neutral.
## „Es fehlt ein einfacher kausaler Zusammenhang“
Vergleicht man hingegen die Wahlerfolge der jeweiligen Parteien, zeigt
sich, dass keine der beiden Strategien die Rechtspopulisten wirklich
eindämmt. Bei den letzten Parlamentswahlen konnten die Schwedendemokraten
ihren Stimmenanteil auf 12,8 Prozent mehr als verdoppeln und wurden
drittstärkste Partei. Spielt für WählerInnen die Medienpräsentation also
überhaupt eine entscheidende Rolle? Die erwähnte Studie bezweifelt dies:
„Die Relation zwischen Meinung, Medienpräsentation und der individuellen
Parteiwahl ist komplex, manchmal widersprüchlich und es fehlt ein einfacher
kausaler Zusammenhang.“
Die meisten Medien hätten ihre Ablehnung der Schwedendemokraten nicht
verhehlt, meint der Göteborger Journalistik-Professor Jesper Strömbäck.
Trotzdem hätten sie dazu beigetragen, die Partei groß zu machen. Wenn auch
unter negativen Vorzeichen sei ihr und ihren Schwerpunktthemen
überproportional viel Aufmerksamkeit gewidmet worden.
Wie eine im August veröffentlichte [2][Untersuchung zeigte (.pdf)] hatten
im Zeitraum 2010 bis 2015 die führenden Tageszeitungen, gleich ob mit
konservativer, liberaler oder sozialdemokratischer Ausrichtung, die
Einwanderungsfrage vorwiegend unter einem negativen Vorzeichen behandelt:
Als Mitursache steigender Kriminalität und als potentielle Schwächung des
Sozialstaats und der Ökonomie des Landes. Es gebe für negative wie positive
Folgewirkungen der Einwanderung empirische Belege, konstatiert die Studie.
„Aber das negative Bild wurde stärker hervorgehoben, als es aufgrund der
Forschung gerechtfertigt gewesen wäre“.
## Aufs notwendige Nachbohren verzichtet
Man müsse nicht über jedes Stöckchen der Rechtspopulisten springen, sagt
Strömbäck: „Natürlich eine Debatte, aber nicht beschränkt auf die Fragen,
die sie gerne hätten und nicht ausgehend von deren Weltbild“. Doch genau
das misslinge zu häufig, sagt Göran Greider, Chefredakteur der Tageszeitung
Dala-Demokraten und fordert: „Das ganze Arsenal an Gegenargumenten muss
ständig parat sein.“
Der Vorwurf, die Schwedendemokraten allzu negativ behandelt zu haben, habe
mittlerweile dazu geführt, dass man oft aufs notwendige Nachbohren
verzichte, Konfrontation und Attacke scheue. Gebe man Stimmen Raum, „die
unser grundlegendes demokratisches Fundament nicht respektieren“, sagt
Cecilia Krönlein, Ex-Chefredakteurin von Göteborgs-Posten, „dann stellt das
sehr hohe Anforderungen an Programmform, Präsentation und Interviewer.“
Was man der Mehrheit der schwedischen Medien aber zugutehalten kann: Sie
haben bislang nicht den Fehler Dänemarks begangen, wo, so der
Sozialpsychologieprofessor Lars Dencik, eine „Debattenkultur ohne Grenzen“
herrsche. Die Presse in dem Dänemark passe sich zu oft an die „offen
vulgäre Rhetorik“ der Rechtspopulisten an und habe deren fremdenfeindliche
und rassistische Aussagen „unkritisch weitervermittelt“.
28 Dec 2017
## LINKS
[1] http://www.delmi.se/upl/files/133995.pdf
[2] http://www.delmi.se/upl/files/140688.pdf
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Serie Medien und Rechtspopulismus
Dänemark
Schweden
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