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# taz.de -- Podcasts werden mehr und kommerzieller: Ein gutes Jahr für die Ohr…
> 2017 sind zahlreiche deutschsprachige Podcasts gestartet. Die zunehmende
> Kommerzialisierung des Mediums stößt in der Podcast-Szene auch auf
> Kritik.
Bild: Musikstreaming-Anbieter setzen zunehmend auf eigene Hörstücke
Es war ein gutes Jahr für Podcasts. Sagen die Einen. Mehrere Medienhäuser
haben angefangen zu podcasten: Nach Donald Trumps Amtsantritt im Januar
startete die New York Times „[1][The Daily]“, Spiegel Online zog nach mit
„[2][Stimmenfang]“, Zeit Online [3][podcastet seit September] über Politik,
Sex und Arbeit und die Süddeutsche seit Neuestem [4][über ihre Recherchen].
Das Konzept der Sendungen: Redakteure sprechen über die Nachrichten des
Tages, befragen Kollegen und führen Interviews.
Selbst Sender wie der Deutschlandfunk und Antenne Bayern, deren Geschäft ja
eigentlich das klassische Radio ist, produzieren mittlerweile die
abonnierbaren Stücke fürs Internet.
Mit den neuen Angeboten verändert sich auch die Podcast-Landschaft:
Plattformen wie der Streamingdienst Spotify und der Hörbuchanbieter Audible
[5][bieten mittlerweile ebenfalls Podcasts] an. Und mit dem Erfolg kommt
der Kommerz: Unternehmen schalten Werbung vor und in den Stücken,
[6][teilweise sprechen die Moderatoren sogar die Werbetexte ein].
Freie Podcaster, die bislang die Szene ausmachten, beobachten diese
Entwicklungen mit Skepsis. Jahrelang produzierten sie von der großen Masse
oft unbeachtet ihre Sendungen mit Hang zu Nischenthemen. Oft sind die
Formate Stunden lang; es geht ums Backen, um Permafrost, Feminismus oder
Technik. Einige der Freizeit-Produzenten fürchten, dass sich das Hörangebot
durch die Kommerzialisierung zu sehr von seinen Anfängen entfernt.
Unterschiedliche Finanzierungsmodelle
Eine von ihnen ist Daniela Ishorst. Die 37-jährige Bürokauffrau produziert
„[7][Kunst & Horst]“. Dort spricht sie über Museumsbesuche oder
Theatervorstellungen und versucht, ihre Erlebnisse so einfach wie möglich
zu vermitteln, weil Kunst oft etwas Elitäres habe. Bis zu 1.000 mal würden
ihre Folgen aufgerufen. Sie möchte Leute erreichen, „die eigentlich nichts
mit dem Kunstbetrieb anfangen können und die nicht mal eben zehn Euro
ausgeben können, um ins Museum zu gehen“, sagt Ishorst. Dafür verzichtet
sie auf Werbung.
Weil ihre Eltern wenig Geld hatten, habe sie selbst als Jugendliche nur
selten die Möglichkeit gehabt, Museen und Theater zu besuchen. Hörangebote
ausschließlich zahlenden Kunden vorzubehalten, wie es beispielsweise die
Hörbuchplattform Audible tut, findet sie falsch: „Es wäre schade, wenn die
vielen tollen Podcasts verschwinden, weil sie fünf Euro im Monat kosten“,
sagt Ishorst. Gegen Geldverdienen mit Podcasts sei sie aber nicht: auf das
,wie’ komme es an. Eine freiwillige Finanzierung durch die Hörer ist ihr
Lieblingsmodell. „Solidaritätsprinzip“ nennt sie das, weil einige Geld
geben und alle hören können.
Philip Banse setzt auch auf Solidarität, allerdings anders als Ishorst.
Seit 2005 podcastet er, vor anderthalb Jahren startete seine Sendung
„[8][Lage der Nation]“. Darin bespricht er mit dem Berliner Richter und
Aktivisten Ulf Buermeyer aktuelle politische Themen. Bis zu 90.000 Mal
seien die erfolgreichsten Folgen heruntergeladen worden, sagt Banse. Sein
Geld verdient er hauptsächlich als freier Journalist beim
öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Für die Zukunft hat er große Ideen: bezahlte Mitarbeiter, eigens
recherchierte Themen und einen Reportage-Podcast, der Hintergründe liefert.
Dafür braucht er Geld. „Wir investieren momentan mehr Zeit, als bezahlt
wird. Das ist unser Investment“, sagt Banse. Er finanziert seine Sendungen
über eine Kombination verschiedener Modelle: Für fünf Euro monatlich können
Hörer die Arbeit unterstützen und erhalten Zusatzfunktionen wie einen
Livestream. Knapp 500 Abonnenten seien bereits dabei. Die zahlende
Kundschaft wird von Werbung verschont, die seit kurzem im Podcast
erscheint. „Das finanziert die „Lage“ für die Leute, die nicht zahlen. F…
die, die das nervt, gibt es ein Abo“, sagt Banse. Für ihn sei das ein
faires Modell.
Vermessung der Podcast-Welt
Neben neuen Finanzierungsmodellen sind in den vergangenen Jahren auch neue
Verbreitungswege für Podcaster hinzugekommen, die umstritten sind. Lange
Zeit wurden die Stücke fast ausschließlich über Webseiten oder mit Apps
gehört. Das wahrscheinlich populärste Verzeichnis für die Sendungen stammt
von Apple. Daran gibt es wenig Kritik: Jeder kann Podcasts einreichen, sie
erscheinen in der Regel wenige Tage später auf der Plattform und die
Dateien bleiben auf den Servern der Produzenten. Sie behalten die Kontrolle
über ihr Projekt.
Spotify, der in Deutschland meistgenutzte Anbieter für Musikstreaming,
drängt auch auf den Markt. Im Mai 2016 holte er Jan Böhmermann und Olli
Schulz mit ihrer Sendung, die vorher im Radio lief, auf die eigene
Plattform. Seitdem erscheinen immer mehr Podcasts auch bei Spotify und
anderen Streamingdiensten wie Deezer. Anders als bei Apple müssen Podcaster
dort eine Lizenzvereinbarung abschließen.
Auch die „Lage der Nation“ ist bei Spotify vertreten. Noch würden über 90
Prozent der Downloads über herkömmliche Podcast-Apps erfolgen, sagt Banse.
Spotify sei aber für Leute, die eher zufällig beim Stöbern nach Musik auf
Podcasts stoßen. „Natürlich sind diese Plattformen auf lange Sicht kritisch
zu sehen.“ Er sehe vor allem für werbefinanzierte Formate die Gefahr,
irgendwann von den Werbekunden auf Plattformen gedrängt zu werden, weil
dort mehr Daten über die Hörer und ihren Medienkonsum gesammelt werden. Vor
allem Google und Facebook, die sich hauptsächlich über Werbung finanzieren,
könnten den Markt umkrempeln, wenn sie Podcasts eine Plattform böten.
Daniela Ishorst ist es wichtig, dass der dezentrale Aufbau der
Podcastlandschaft deshalb erhalten bleibt. „Ich werde mich nicht
professionalisieren, nur damit ich noch mehr Klicks habe“, sagt sie.
Außerdem liege die Entscheidung am Ende bei den Nutzern, wie und welche
Podcasts sie hören.
30 Dec 2017
## LINKS
[1] https://www.nytimes.com/podcasts/the-daily
[2] http://www.spiegel.de/thema/stimmenfang_podcast/
[3] http://www.zeit.de/podcasts
[4] http://www.sueddeutsche.de/thema/Das_Thema
[5] /Podcast/!t5027040/
[6] /Werbebloecke-in-Podcasts/!5469865
[7] http://www.kunstundhorst.de/
[8] https://www.kuechenstud.io/lagedernation/
## AUTOREN
Jonas Schönfelder
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