# taz.de -- Winter in China: Entweder Smog oder Kälte | |
> Um die Luft zu verbessern, hat China zehntausende kohlebetriebene Anlagen | |
> schließen lassen. Dafür frieren nun Millionen von Menschen. | |
Bild: So sieht der Himmel über Peking normalerweise aus | |
PEKING taz | Eisige Minustemperaturen, aber sonnig und ein strahlend blauer | |
Himmel – die Luft in Peking ist seit Wochen so sauber wie schon seit Langem | |
nicht. Das ist ungewöhnlich für die chinesische Hauptstadt im Winter. | |
Spätestens wenn ab Mitte November die Heizsaison beginnt, zieht sich | |
normalerweise eine dichte Smogdecke über den gesamten Norden und Osten des | |
Landes. Die Feinstaubwerte übersteigen an den meisten Tagen dieser | |
Jahreszeit das 20- bis 30-fache des Grenzwertes, den die | |
Weltgesundheitsorganisation für gesundheitlich noch unbedenklich hält. | |
Doch nicht so in diesem Winter. Um endlich die Smogwerte zumindest in der | |
Hauptstadt unter Kontrolle zu bekommen, hatte die chinesische Führung | |
Anfang Oktober befohlen, dass zehntausende Fabriken in den umliegenden | |
Provinzen für vier Monate schließen müssen. | |
Sämtliche mit Kohle betriebenen Heizkraftwerke und Öfen dürfen ebenfalls | |
nicht laufen. „Wir sehen einen dramatischen Einbruch der Emissionen“, lobt | |
Lauri Myllyvirta, Klimaschutzexpertin bei Greenpeace China, das Vorgehen. | |
Die Luft sei deutlich sauberer geworden. Das hat allerdings seinen Preis. | |
Millionen Menschen vor allem nördlich von Peking beklagen, dass sie seit | |
Wochen bei Minustemperaturen in ihren Wohnungen und Häusern frieren müssen. | |
Schlagzeilen in den chinesischen Medien machten auch Schüler einer | |
Grundschule in der nordöstlichen Provinz Hebei. Sie haben ihre Tische und | |
Stühle nach draußen verfrachtet, um den Unterricht im Freien abzuhalten. In | |
den Räumen war es so eisig, dass sie sich im Freien von den Sonnenstrahlen | |
zumindest etwas Wärme erhofften. | |
## Heizen mit Maiskolben | |
In einer anderen Schule brachten die Schüler Maiskolben mit, um die | |
Klassenzimmer zu beheizen. Der Grund: Maiskolben fallen nicht unter das | |
Verbot der Kohlebeheizung. Denn die Behörden haben mit drastischen | |
Maßnahmen gedroht, sollten die Menschen doch wieder Kohle verbrennen. In | |
einem Dorf hingen rote Banner, auf denen in weißen Schriftzeichen mit | |
Gefängnisstrafe bei Zuwiderhandlung gedroht wurde. | |
So löblich das Ansinnen der chinesischen Regierung war – es hapert an der | |
Umsetzung. Drei Millionen Haushalte war versprochen worden, dass ihnen bis | |
Ende Oktober die Kohleöfen abgebaut werden, sie dafür aber Gasleitungen | |
erhalten. Der Abbau der Öfen war kein Problem. Mit dem Bau der Gasleitungen | |
und der entsprechenden Geräte kamen sie aber nicht hinterher. Durch einen | |
Teil der Leitungen strömt bis heute kein Gas. | |
Hinzu kommt, dass selbst für die vorhandenen Leitungen nicht ausreichend | |
Gas eingeplant ist. Weil der November in Nordchina schon ausgesprochen kalt | |
war, stieg der Verbrauch stärker als von der Zentralregierung vorgesehen. | |
Binnen weniger Tage schossen die Preise um bis zu 30 Prozent in die Höhe. | |
Vor allem die ärmeren Menschen auf dem Lande können sich diese Preise nicht | |
leisten. | |
Um die Kälte in den betroffenen Haushalten zu lindern, hat die Regierung in | |
einigen besonders kalten Regionen des Landes die Kohleverbrennung in diesen | |
Tagen wieder zugelassen – sofern es in den Haushalten noch die | |
entsprechenden Öfen gibt. Prompt herrscht in diesen Gegenden wieder dichter | |
Smog. | |
22 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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