| # taz.de -- Kommentar zu Christen in Berlin: Grund zur Demut | |
| > Nur noch ein Viertel der Berliner sind Mitglied der beiden großen | |
| > christlichen Kirchen. Die müssen ihre Rolle deswegen grundsätzlich | |
| > überdenken. | |
| Bild: Wem sagt er noch was? Blick in die Gedächtniskirche am Breitscheidplatz | |
| Zahlen sagen letztlich zwar nicht viel aus über die Religiösität einer | |
| Stadt. So galt Berlin nie als Hochburg der Protestanten. Aber irgendwie | |
| hatte man stets doch das Gefühl, die evangelische Kirche sei hier noch eine | |
| relevante Größe. Das lag sicher am Personal: die evangelischen Bischöfe – | |
| aktuell Markus Dröge – versuchen stets, auch in politischen Debatten etwas | |
| jenseits ihrer Kernthemen zumindest präsent zu sein. | |
| Allerdings gibt es Zahlen, die eine Signalwirkung haben, und in diesem Fall | |
| die politische Präsenz besonders der evangelischen Kirche deutlich in Frage | |
| stellen: Nur noch ein Viertel der Berliner Einwohner gehört einer der | |
| beiden großen christlichen Kirchen an, evangelisch sind magere 15,9 | |
| Prozent. Vor zehn Jahren lag der Anteil beider Kirchen noch bei zusammen 30 | |
| Prozent. | |
| Für die evangelische Kirche und ihre Vertreter sollte das erst einmal ein | |
| Grund zur Demut sein – und dann ein Anlass, ihre Rolle in einer offenen, | |
| überwiegend toleranten und vor allem multireligiösen Stadt grundsätzlich zu | |
| überdenken. Dazu gehören finanzielle Aspekte: Die Selbstverständlichkeit, | |
| mit der der Berliner Senat den evangelischen Kirchentag im vergangenen Jahr | |
| unterstützt hat, ist ein Relikt aus (mindestens) dem 20. Jahrhundert und | |
| nicht mehr angemessen. | |
| ## Finanzielle Hilfen sind keine Selbstverständlichkeit | |
| Denn letztlich sind solche Veranstaltungen auch nichts anderes als Werbung | |
| für die Kirche; sie haben Missionierungscharakter. Das wiederum ist eine | |
| Eigenschaft, die im 21. Jahrhundert völlig fehl am Platze ist: Religion | |
| jeglicher Couleur und Ausrichtung kann nur überleben, wenn sie die Achtung | |
| vor anderen Religionen bewahrt und natürlich vor Menschen, die sich zu | |
| keinem Glauben bekennen – und zugleich die Extreme innerhalb der eigenen | |
| Kirche verurteilt. | |
| Um ihre neue Rolle zu finden, sollte die evangelische Kirche endlich | |
| anerkennen, eine Minderheit zu sein. Damit sie dann, von einer klaren | |
| Position aus gemeinsam mit Vertretern anderer Religionen und solcher | |
| nicht-religiöser Gruppen in der stets aktuellen Debatte um | |
| gesellschaftliche Werte präsent sein kann. | |
| 4 Jan 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Bert Schulz | |
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