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# taz.de -- Schullandheim ist pleite: Klassenfahrt mit Insolvenzverwalter
> Das Schullandheim Puan Klent auf Sylt ist in finanzielle Not geraten,
> auch Sponsoren konnten das Haus nicht retten. Nun sucht ein
> Insolvenzverwalter Lösungen.
Bild: Idyllisch gelegen, aber in finanziellen Turbulenzen: das Schullandheim Pu…
Generationen von Hamburger Kindern kennen diesen Ort und sei es nur aus
Erzählungen der Geschwister und Freunde. Denn von allen Unterkünften für
Klassenreisen am Meer scheint [1][Puan Klent], an der Südspitze Sylts, mit
die schönste. So ging denn auch ein kleiner Aufschrei durch die Stadt, als
kurz vor Weihnachten bekannt wurde, dass die Stiftung, die das
Schullandheim betreibt, Insolvenz angemeldet hat.
„Das war dort voll cool“, schwärmt die zehnjährige Anna*. „Wir haben vi…
mit den anderen gespielt, auch mit den Jungs. Wir sind uns nähergekommen,
haben Fußball gespielt und sind abends noch zum Strand gegangen.“ Auch
baden durfte sie, wenn die Lehrer dabei waren. Sie würde gern auch anderen
gönnen, dort einmal hinzufahren.
„Es ist ein großes Gelände, wo Kinder Spaß haben können“, sagt Peter Kl…
der Stiftungsvorsitzende. Auf beiden Seiten ist Meer, in dem man baden
kann, es gibt kaum Autoverkehr, so dass die Kinder unbeaufsichtigt
herumtoben können. Vom Gebäudekomplex, der zum Teil aus den 1920er-Jahren
stammt, führt ein Weg in fünf Minuten zur Westküste der Insel, wo die
Wellen auf den Strand branden.
Klassenreisen, Jugendreisen – auch für 2018 ist die Anlage mit ihren 396
Betten schon zu 90 Prozent ausgebucht. Dennoch ist die Stiftung in
finanzielle Not geraten. „Wir haben wie alle Hotels auf der Insel das
Problem, dass wir hohe Löhne zahlen müssen“, sagt Klix. Um das Personal zu
halten, sei es ganzjährig beschäftigt, so dass auch in den Wintermonaten
Oktober bis März hohe Fixkosten anfallen.
Zudem sind einige Gebäude sanierungsbedürftig, vor allem das „Mädchenhaus�…
aus den 1920ern. Hierfür stehen 15 Millionen Euro Bundesmittel bereit, für
die sich der Hamburger SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs stark gemacht hat.
„Sylt gilt immer als teuer und exklusiv. Puan Klent zeigt, dass sich auch
Hamburger Jugendliche einen Urlaub auf dieser Insel leisten können“,
schrieb Kahrs dazu in einer Pressemitteilung.
Damit die Mittel fließen konnten, brauchte das Haus ein besonderes Konzept
der Kinder- und Jugendarbeit. Die Stiftung entschied sich für den
Schwerpunkt Inklusion, und war darüber schon seit Längerem mit der
Sozialbehörde im Gespräch.
Doch dann stellte sich heraus, dass es finanzielle Engpässe gibt und der
Betrieb ohne Überbrückungsfinanzierung nicht erhalten werden kann. „Wir
hatten 2016 und 2017 rund 46.000 Übernachtungen, weil Feiertage ungünstig
lagen. Wir brauchen 50.000 im Jahr“, erläutert der Stiftungsvorsitzende
Klix.
Nach einem Gespräch mit der Senatskanzlei kam man darauf, die „Marke Puan
Klent“ neu zu erfinden, mit neuem Logo und der Werbung bei neuen
Zielgruppen, wie Hochschulgruppen, die auch im Winter kommen.
Zudem gab es Gespräche mit der Sozialbehörde über einen einmaligen Zuschuss
von 170.000 Euro und ein Darlehen über 270.000 Euro. Doch die für Anfang
Dezember geplante Unterzeichnung einer Vereinbarung wurde abgesagt. Die
Behörde sah Probleme, weil im Grundbuch von Puan Klent bereits ein Kredit
eingetragen ist und die Stadt bei der Besicherung des Grundstücks nicht an
erster Stelle stünde.
Ersatzweise habe man nun eine andere Finanzierung gesucht und Sponsoren
gefunden, berichtet Peter Klix. 100.000 Euro habe ein Sponsor geben wollen,
ein anderer 15.000 Euro, ein weiterer 50.000 Euro als zinsloses Darlehen.
Die Bedingung sei, dass die Sozialbehörde den besagten
170.000-Euro-Zuschuss noch dazugibt. Mit dem Geschäftsplan wäre es möglich,
ab 2019 eine „schwarze Null zu erreichen“, so Klix.
Nach einer erneuten Prüfung durch die Sozialbehörde sagte diese den
Zuschuss in der vergangenen Woche ab. „Es war uns rechtlich nicht möglich,
eine Zuwendung zu geben“, sagt Behördensprecher Marcel Schweitzer.
„Angesichts der wirtschaftlichen Lage der Stiftung durfte die Stadt nicht
mehr helfen.“
Nun ist ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt. Und auch die
Sozialsenatorin und Politiker wollen helfen und vermitteln. Für
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel ist Puan Klent ein „biografisches Thema“.
Sein Großvater war in den 60ern und 70ern Vorsitzender der Stiftung. „Und
ich war als Kind lange dort.“ Auch Dressel spricht vom „Sehnsuchtsort für
viele Hamburger“. Es sei „ein Jammer“, wie die Geschichte gelaufen sei.
Schuldzuweisungen brächten nichts: „Nun müssen alle miteinander gucken, wie
eine Restrukturierung erfolgen kann“, sagt der SPD-Politiker.
Die Insolvenz ist ein zweistufiges Verfahren. Erst in ein paar Monaten wird
die eigentliche Insolvenz eröffnet. „Wenn es gelingt, die
Finanzierungslücke bis dahin zu schließen, kann der Insolvenzantrag noch
zurückgezogen werden“, sagt Klix.
Auf der Homepage des Landschulheims steht inzwischen: Trotz des
Insolvenzantrags gehe man einvernehmlich mit dem vorläufigen
Insolvenzverwalter davon aus, dass der Betrieb auch im neuen Jahr 2018 „wie
geplant durchgeführt werden kann“. Alle Buchungen seien weiterhin gültig,
schreibt das Puan-Klent-Team. „Auch neue nehmen wir gerne entgegen“.
*Name geändert
26 Dec 2017
## LINKS
[1] http://www.puan-klent.de
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Sylt
Klassenfahrt
Insolvenz
Sylt
Tourismus
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