# taz.de -- Kolumne Teilnehmende Beobachtung: Sachsenknacker und geklaute Gaudi | |
> Menschen haben seit jeher das Bedürfnis nach Geselligkeit. Bis jetzt | |
> haben die Sachsen noch kein eigenes Fest dafür. | |
Bild: Neue Gelegenheiten zum Trinken und ein eigenes Fest dafür – das brauch… | |
Für viele gehört es dieser Tage zum guten Ton, sich über den | |
Weihnachtsmarkt in der Leipziger Innenstadt aufzuregen. Zu schrill sei es | |
dort, zu laut, zu teuer, zu viele Menschen seien da, es laufe zu schlechte | |
Musik. Mit feinschmeckerischer Arroganz blicken sie herab auf Kreationen | |
wie Kräppelchen mit Glühweingeschmack oder die sogenannte Weihnachtswurst, | |
die in der Bude eines Metzgereibetriebs vertrieben wird. | |
Der andere Teil der Leipziger*innen liebt ihren Weihnachtsmarkt. Allein am | |
ersten Wochenende begaben sich rund eine halbe Million Menschen in die | |
Dunsthaube aus Bratwurst und Räucherstäbchen. Gerade jetzt, wo angesichts | |
der verschärften Sicherheitslage viele Leipziger*innen es als ihre oberste | |
Bürgerpflicht sehen, den Weihnachtsmarkt zu besuchen. | |
Er ist ja auch etwas Besonderes, der Leipziger Weihnachtsmarkt. Glühwein | |
und Bienenwachskerzen, das kennt man auch anderswo in Deutschland. Doch nur | |
hier inmitten der historischen Altstadt Leipzigs gibt es den Rückmarsdorfer | |
Mutzbraten oder – ohne welchen jeder Besuch auf dem Leipziger | |
Weihnachtsmarkt ein unvollständiges Erlebnis bliebe – den Sachsenknacker. | |
Ähnlich interessante Adaptionen waren schon im Herbst zu beobachten: Ganze | |
zwei Wochen lang feierten die Leipziger*innen auf dem Messegelände das | |
Oktoberfest. Mit dem traditionellen Münchner Oktoberfest hatte das | |
allerdings nur noch wenig zu tun. Bei Vodka Lemon, Dirndln in schrillen | |
Farben und Ballermanngrößen wie Mickie Krause auf der Bühne mochte sich die | |
bayerische Schunkelgemütlichkeit nicht so recht einstellen. | |
In Bayern hat ja jedes Dorf sein eigenes Bierzelt, im Rheinland jedes Kaff | |
sein Weinfest. Und in Sachsen? Sachsen hat den Buß- und Bettag. Nach Spaß | |
und geselligem Beisammensein klingt das nicht unbedingt. Doch danach sehnen | |
sich auch die Sachsen. Damit sie nicht weiter die frohen Feste der anderen | |
klauen müssen, brauchen sie endlich ihr eigenes. Warum nicht den Buß- und | |
Bettag – den traurigsten aller Feiertage – entstauben und enttrauern? Nicht | |
Reue und Besinnung sollten das Motto sein, sondern das genaue Gegenteil. | |
9 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Jana Lapper | |
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