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# taz.de -- Kommentar Krieg im Jemen: Tod des Schlangentänzers
> Mit dem Tod des früheren Diktators Saleh sind die Fronten übersichtlicher
> geworden. An der Brutalität im Krieg ändert das aber nichts.
Bild: Ali Abdallah Saleh, Archivbild aus dem Jahr 2011
Mit dem Tod [1][des ehemaligen jemenitischen Diktators Ali Abdallah Saleh]
wird sich der Krieg im Jemen zunächst einmal verschärfen. Nicht weil Saleh
ein Friedensengel gewesen wäre. Fast vier Jahrzehnte lang hat er die
Politik im Jemen dominiert. Zu seinen Anfängen saß noch Helmut Schmidt im
Kanzleramt. Salehs Überlebensmethode: jeden gegen jeden ausspielen, um
selbst mächtig zu bleiben.
Das, und nicht den Krieg zu beenden, war auch sein Hauptmotiv für seine
[2][letzte Wende gegen seine ehemaligen Huthi-Verbündeten] in Richtung
Saudi-Arabien. Seine Wendemanöver waren legendär, mit den Saudis, gegen die
Saudis, im Interesse der USA und dann im iranischen und wieder zurück zu
den Saudis. Damit hat Saleh auch eine Menge Jemeniten auf dem Gewissen und
am Ende hat sein, wie er es einmal selbst beschrieben hat, „Tanz auf den
Schlangenköpfen“, ihm selbst das Leben gekostet.
Verschärfen wird sich der Krieg vielmehr, weil die Huthis jetzt erst einmal
mit jedem abrechnen werden, der sich gegen sie gestellt hat. Denn für sie
geht es jetzt nicht um Versöhnung, sondern die Konsolidierung ihrer Macht.
Und das kann sehr brutal werden.
Und auf der anderen Seite die Saudis: die haben ziemlich hoch gepokert, in
dem sie Ali Abdallah Saleh angestiftet haben, die Seiten zu wechseln. Sie
haben gedacht, wenn Saleh sich von den Huthis abwendet und wir ihm
Luftunterstützung geben, dann können wir in Sanaa auch einen allgemeinen
Aufstand gegen die Huthis anzetteln. Aber die Menschen sind einfach in den
letzten Tagen voller Angst zu Hause geblieben. Da haben sich die Saudis und
Saleh einfach verrechnet. Die Saudis werden jetzt versucht sein, ihr
militärisches Gewicht jetzt noch mehr ins Rennen zu werfen und den Verlust
Salehs auszugleichen. Letzte Nacht haben die Saudis zahlreiche Luftangriffe
in Sanaa geflogen.
## Eine humanitäre Katastrophe
Ein mögliches Ende des Krieges ist also wahrscheinlich erst einmal in weite
Ferne gerückt. Die Huthis haben einmal mehr bewiesen, wie hart gesotten sie
sind, aber sie haben die Gräben dabei noch tiefer gemacht. Andererseits
sind die Fronten jetzt noch deutlicher geworden und es ist klar, wer mit
wem sprechen muss. Das Problem für Verhandlungen sind aber nicht nur die
Huthis, sondern auch die Saudis, die bei bisherigen Gesprächsversuchen
eigentlich immer auf die vollkommene Kapitulation der Huthis bestanden
hatten. Sicher ist: ohne die Huthis kann es keine politische Lösung geben.
Sie kontrollieren weite Teile des Nordens, wo ja auch ihr Stammgebiet
liegt.
In all dem ist der Krieg und der Verlauf der Fronten inzwischen fast
Nebensache. Es sind die Folgen des Krieges, die im Vordergrund stehen. Fast
17 Millionen Menschen sind im Jemen vom Hunger bedroht, es gibt
hunderttausende von Cholerafällen und seit kurzem auch den Ausbruch einer
Diphtherieepidemie. Es ist eine humanitäre Katastrophe einzig und alleine
von Menschen gemacht.
Auch wenn die UNO das Ganze immer wieder als „die derzeit weltweit größte
humanitäre Krise bezeichnet“, auf der internationalen Agenda rangiert das
Thema trotzdem nicht ganz oben. Und wenn, dann nur in Form von
Hilfslieferungen und nicht als Druck, den Grund des Ganzen zu beenden.
Man kann nicht einerseits für Milliarden Waffen an Saudi-Arabien verkaufen
und dann auf der anderen Seite den Saudis diktieren, dieses Desaster
endlich zu stoppen. Und es ist eine humanitäre Katastrophe, die weit weg
von uns geschieht und deren Folgen wir, anders als etwa in Syrien, nicht
teilweise auszubaden haben. Solange keine jemenitischen Flüchtlinge in
Europa ankommen, solange wird die zumindest die europäische Motivation,
diesen Krieg zu beenden, eine begrenzte sein.
5 Dec 2017
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## AUTOREN
Karim El-Gawhary
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