# taz.de -- Enthüllungen über sexuelle Übergriffe: Politik und Entertainment | |
> Zwei weitere prominente Männer werden sexueller Übergriffe beschuldigt. | |
> Einer, der Komiker Louis C.K., bestätigt die Vorwürfe. | |
Bild: Roy Moore will für Alabama in den US-Senat einziehen | |
New York taz | Zwei neue Enthüllungen über sexuelle Übergriffe gegen Frauen | |
kamen am Donnerstag an die Öffentlichkeit: Die eine betrifft einen Richter | |
und radikal-christlichen Rechten aus Alabama, Roy Moore, der für die | |
Republikaner als Nachfolger von Justizminister Jeff Sessions in den | |
US-Senat strebt. Sie besagt, dass Moore mindestens vier Mädchen im | |
Teenager-Alter belästigt hat. Die andere Enthüllung handelt von einem der | |
populärsten Komiker der USA. Louis C.K., der von New York aus ein | |
Millionenpublikum zum Lachen brachte, hat Frauen, die mit ihm | |
zusammenarbeiteten, gedrängt, ihm beim Masturbieren zuzuschauen. | |
Die Reaktionen der beiden Männer und ihrer Hintermänner könnten kaum | |
unterschiedlicher sein. Die Unterhaltungsindustrie, die seit der | |
Weinstein-Affäre auf Null-Toleranz gegenüber sexueller Belästigung | |
umgeschaltet hat, liess den Komiker Louis C.K., schlagartig fallen. Netflix | |
sagte einen geplanten Film ab, HBO beendete die Zusammenarbeit und der | |
Filmvertrieb Orchard sagte die Premiere von C.K.s neuestem Film „I love you | |
Daddy“ ab. Am Freitag, einen Tag nach der Enthüllung, gab Louis C.K. in New | |
York alles zu und stieg aus dem Showbusiness aus. „Ich hatte Macht über | |
sie, weil sie mich bewundert haben“, schrieb der 50jährige in einer | |
öffentlichen Stellungnahme, bevor er abtauchte. | |
In Alabama hingegen, wo am 12. Dezember die Nachwahlen für den Senat | |
stattfinden, streitet der Republikaner Moore alles ab. Ihm wird | |
vorgeworfen, als Anfang 30jähriger mindestens vier Mädchen im in Alabama | |
geküsst und begrapscht zu haben. Fast 40 Jahre später haben die vier Frauen | |
jetzt ausgepackt und detaillierte Beschreibungen geliefert. Die jüngste von | |
ihnen war zur Tatzeit 14. Als Reaktion auf die Enthüllungen der Washington | |
Post stützte Moore sich auf „seine“ Frauen. Er redet von seiner Tochter und | |
seinen fünf Enkelinnen, die er vor den „völlig falschen und irreführenden | |
Vorwürfen“ schütze müsse. Und seine Gattin Kayla Moore trat mit großen | |
Ohrringen in Kreuzform an die Öffentlichkeit und bezeichnete die Vorwürfe | |
als das „Ergebnis einer Geheimabsprache mit der Demokratischen Partei“. | |
Aus Moores' Partei kamen kakophonische Reaktionen. In Washington verlangte | |
der republikanische Chef im Senat, Mitch McConnell, Moore solle auf die | |
Kandidatur verzichten, „falls die Vorwürfe stimmen“. Doch in Alabama | |
behaupteten Republikaner, die Frauen hätten Geld für ihre Interviews mit | |
der Washington Post bekommen. Und manche verstiegen sich auch dazu, die | |
Belästigung als Nicht-Ereignis zu charakterisieren. Der Rechnungsführer des | |
Bundesstaates, Jim Ziegler, brachte Josef und Maria in die Debatte. „Maria | |
war auch ein Teenager, als sie Jesus zur Welt brachte“, erklärte Ziegler. | |
## Alte Gerüchte | |
Gerüchte über sexuelles Fehlverhalten sowohl des Komikers als auch des | |
Politikers gab es schon seit Jahren. Bloss fehlten ZeugInnen oder Opfer, | |
die bereit waren, in die Öffentlichkeit zu gehen, bis die New York Times | |
begann, die Louis C.K Geschichte zu recherchieren und bis die Washington | |
Post sich auf den Weg nach Alabama und in das Umfeld von Moore machte. | |
Rückblickend erscheint es naheliegend, dass Louis C.K., bei dessen | |
Auftritten es viel um Masturbieren, Ficken und Blasen ging, seine | |
Obsessionen nicht nur auf der Bühne ausgedrückt hat. Hingegen ist | |
erstaunlich, dass die Sache so lange im kleinen Kreis blieb. Am Tag nach | |
den Enthüllungen beschrieb die Komikerin Laurie Kilmartin in der New York | |
Times die „parallelen Universen“ in ihrem Berufsleben, die eine frühere | |
Aufdeckung verhindert hätten: „In dem Moment, wo eine von uns die Bühne | |
verlässt, verschwindet ihre Macht. Sie ist wieder eine Frau. Und ein | |
berühmter Komiker kann vor ihr masturbieren und sein mächtiger Manager kann | |
ihr sagen, dass sie aufhören soll, zu jammern.“ | |
In Alabma war Leigh Corfman 14, als Moore sie mit zu sich nachhause | |
genommen, sie ausgezogen und begrapscht haben soll. Ihr langes Schweigen | |
begründet sie damit, dass sie Kinder hatte, die in die Schule gingen, und | |
dass sie wegen ihrer Scheidungen befürchtete, als unglaubwürdig zu gelten. | |
„In Gadsden, Alabama, wissen alle alles“, sagte sie der Washington Post. | |
Reporter der Zeitung suchten wochenlang nach weiteren Zeugen der Vorgänge. | |
Sie fanden nicht nur die drei anderen Frauen, die zur Tatzeit ebenfalls | |
minderjährig waren, sondern Dutzende von Personen in ihrem Umfeld, die | |
bestätigten, dass sie die Geschichten schon seit Jahrzehnten kennen. Viele | |
von ihnen fürchteten den Einfluss von Moore in Alabama. Der ehemalige | |
Oberste Richter gehört in dem konservativen Südstaat zum extremen rechten | |
Rand. Er ist einer jener, die die Attentate vom 11. September 2011 als eine | |
mögliche Strafe Gottes für die Zulassung von Homosexualität und | |
Abtreibungen bezeichnet haben. Und er zog in Erwägung, den säkulären | |
Rechtsstaat abzuschaffen, um „Gottes Recht“ walten zu lassen. | |
„So etwas kann man nicht erfinden“, heisst es laut Washington Post im Büro | |
von Senatschef McConnell über die Aussagen der vier Frauen über Moore. Doch | |
der Apparatschick McConnell hat ein Handicap gegenüber Moore: Er hat – wie | |
auch Donald Trump – einen anderen Republikaner für die Nominierung in | |
Alabama befürwortet. Und er ist damit an der radikal rechten Basis in | |
Alabama gescheitert. Moore gewann seine Nominierung unter anderem dank der | |
tatkräftigen Unterstützung von Steve Bannon, der zu dem Zeitpunkt bereits | |
das Weiße Haus verlassen hatte und sich um den Aufbau einer „rechten | |
Opposition“ bemühte. Am Freitag war Bannon der lautstarkste Verteidiger | |
Moores‘ ausserhalb des tiefen Südens. „Dies ist ein politisches Manöver�… | |
sagte er. | |
11 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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