# taz.de -- Karlsruhe stärkt Rechte des Bundestags: Antworten ist Pflicht | |
> Künftig muss die Regierung auch heikle Anfragen öffentlich beantworten. | |
> Damit stärkt Karlsruhe die Informationsrechte der Abgeordneten. | |
Bild: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat ein Machtwort gesprochen | |
Karlsruhe taz | Die Bundesregierung hat das Parlament bisher unzureichend | |
über wirtschaftliche Sachverhalte informiert. Das hat am Dienstag das | |
Bundesverfassungsgericht festgestellt und gab damit einer Organklage der | |
Grünen statt. Die Regierung hatte 2010, noch zu Zeiten der schwarz-gelben | |
Koalition, Fragen zur Deutschen Bahn AG und zur Finanzmarktaufsicht gar | |
nicht oder nur geheim beantwortet. | |
Mit der Entscheidung werden die Rechte des Bundestags auf Kontrolle der | |
Bundesregierung gestärkt. Die Regierung ist demnach grundsätzlich | |
verpflichtet, Anfragen der Parlaments öffentlich zu beantworten, weil das | |
Parlament ansonsten „Missstände in Regierung und Verwaltung nicht aufdecken | |
kann“. Grenzen des Informationsrechts sieht Karlsruhe erst berührt, wenn | |
Antworten das Staatswohl gefährden würden. | |
Grundsätzlich leben Demokratie und Gewaltenteilung davon, dass die | |
Regierung vom Parlament in öffentlicher Debatte kontrolliert wird. Daran | |
erinnerte Andreas Voßkuhle, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts. | |
Damit die Abgeordneten ihre Aufgabe erfüllen können, müssen sie am Wissen | |
der Exekutive teilhaben. Sie haben daher ein Informationsrecht und die | |
Regierung hat eine entsprechende Auskunftspflicht. | |
Konkret rügte Karlsruhe, dass die Regierung drei Anfragen der Grünen zur | |
Pünktlichkeit der Bahn, zu Investitionen ins Schienennetz und zur | |
Wirtschaftlichkeit des neuen Stuttgarter Bahnhofs nicht beantwortete. Zwar | |
ist die Deutsche Bahn längst keine Behörde mehr, sondern eine | |
privatrechtliche Aktiengesellschaft. Sie ist aber immer noch vollständig im | |
Eigentum des Bundes. | |
Die Bundesregierung habe also faktisch einen gewissen Einfluss auf die | |
Geschäftspolitik der Bahn, so die Richter. Außerdem sei der Bund laut | |
Grundgesetz verpflichtet, ein ausreichendes Verkehrsangebot zu | |
gewährleisten. Die Bundesregierung müsse daher den Abgeordneten auch über | |
die Geschäftspolitik der Bahn AG Auskunft geben, solange die Bahn | |
vollständig oder mehrheitlich im Bundeseigentum ist. | |
## Kontrolle darf nicht dauerhaft zurückstehen | |
Grundsätzlich muss die Bundesregierung auch Auskunft über die Arbeit der | |
Bankenaufsicht Bafin geben. Allerdings gilt die Stabilität der Finanzmärkte | |
auch als „Belang des Staatswohls“. Wenn der Staat – wie in der Finanzkrise | |
ab 2007 – Banken mit Milliarden-Summen stützt, damit das Finanzsystem nicht | |
zusammenbricht, dann darf er auch Auskunft über Maßnahmen der | |
Bankenaufsicht gegenüber einzelnen Banken verweigern, so die Richter. Dies | |
gelte allerdings nur, solange dies erforderlich ist, damit die | |
„hochsensiblen“ Finanzmärkte nicht irrational reagieren; die demokratische | |
Kontrolle müsse nicht dauerhaft zurückstehen. | |
So konnten die Richter nicht erkennen, dass eine Auskunft im Jahr 2010 über | |
staatliche Maßnahmen der Jahre 2005 bis 2008 immer noch die Stabilität des | |
Finanzsystems gefährden könne. Die Auskunft hätte deshalb mit diesem | |
zeitlichen Abstand erteilt werden müssen. | |
Die Richter akzeptierten jedoch, dass die Bundesregierung Auskünfte über | |
die Risikobewertung einzelner Banken nur in der Geheimschutzstelle des | |
Bundestags gewährt hat. Die Abgeordneten durften die Antwort dort zwar | |
lesen, sie aber nicht öffentlich verwenden. Diese Prozedur sei verfehlt | |
gewesen, soweit es um Gehalts- und Bonuszahlungen der Manager von staatlich | |
gestützten Banken ging. Hier hätte öffentlich geantwortet werden müssen, | |
schließlich ging es hier auch um die Verwendung von Steuergeldern. | |
7 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Bundesverfassungsgericht | |
Schwerpunkt Stuttgart 21 | |
Bankenkrise | |
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