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# taz.de -- Demonstrationen in Eritrea: Unruhen und Gerüchte in Asmara
> Der 90-jährige Leiter einer islamischen Schule wurde nach einer Brandrede
> gegen den Staat festgenommen. Daraufhin kam es zu Protesten.
Bild: Die katholische Kathedrale von Asmara. Moscheen gibt es auch
Berlin taz | Eritrea ist einer der repressivsten Staaten der Welt und ein
Hauptherkunftsland afrikanischer Flüchtlinge in Europa. Freie Wahlen,
legale Opposition und freie Meinungsäußerung gibt es im Land von Diktator
Isaias Afeworki am Roten Meer nicht.
Umso mehr Aufmerksamkeit erregt es daher, wenn es in der Hauptstadt Asmara
zu Unruhen kommt. Entsprechende Berichte gehen seit Dienstagnachmittag um
die Welt.
Zu sehen auf Videos sind Menschenmengen, die auf der Straße davonrennen,
begleitet von ratternden Schüssen aus automatischen Gewehren. Die
US-Botschaft in Asmara rief am Dienstagabend dazu auf, „Downtown“ zu
meiden.
Auslöser der Proteste war Berichten zufolge die Inhaftierung eines 90 Jahre
alten Imams. Haji Musa Mohamed Nur wurde festgenommen, weil er in einer
Rede am 15. Oktober die von der Regierung vor drei Jahren beschlossene und
ab diesem Schuljahr vollzogene Verstaatlichung aller Schulen kritisierte.
## „Verschleierungsverbot“ als Auslöser?
Diese betrifft nämlich auch privat geführte religiöse Bildungseinrichtungen
wie Haji Musas islamische Schule Al-Diyaa, die nach eigenen Angaben 2.800
Schülerinnen und Schüler hat. Verstaatlichung bedeutet unter anderem:
säkulare Kleidungsvorschriften. Damit ist der islamische Hidschab nicht
mehr gestattet. In manchen Meldungen ist von einem „Verschleierungsverbot“
als Auslöser der Proteste die Rede.
Auszüge aus Haji Musas Brandrede, von saudischen Quellen verbreitet,
zeigen, dass es um sehr viel mehr geht. Der alte Schulleiter spricht der
Regierung das Recht ab, seiner Schule Vorschriften zu machen.
Dann wettert der 90-jährige unter anschwellendem Applaus: „Die Mädchen mit
Hidschab auf unserer Schule sind unsere Töchter. Es sind Muslime und es
gehört zu ihrer Religion, das zu tragen, also kann ihnen niemand dafür
etwas antun. Wir sind bereit, die Konsequenzen zu tragen! Kein Mann ist
unwillig, seinen Glauben zu verteidigen, dafür inhaftiert zu werden oder
dafür zu sterben. Ein Mann wird geboren, um zu sterben, und wenn Menschen
nicht verteidigen, woran sie glauben, sind sie schon tot!“
## Ein multikonfessionelles Land
Die Sorge vor islamistischen Umtrieben im multireligiösen Eritrea, wo
Muslime und Christen eigentlich friedlich zusammenleben, ist groß. Das Land
steht auf Seiten Saudi-Arabiens im Konflikt mit Katar und in Jemen, aber es
wird beschuldigt, islamistische Rebellen in Somalia zu unterstützen.
Mangelnde Religionsfreiheit in Eritrea gehört zu den Kritikpunkten
wiederholter UN-Menschenrechtsuntersuchungen.
Anhänger der Regierung verweisen darauf, dass die Proteste „friedlich“
aufgelöst worden seien. Ganz im Gegenteil beispielsweise zum großen
Nachbarn Äthiopien, wo vergangenes Jahr Hunderte Menschen der
Niederschlagung von Aufständen zum Opfer fielen.
Aber eritreische Oppositionskreise behaupten, es habe 28 Tote gegeben, und
es seien Demonstranten aller Konfessionen auf die Straße gegangen. Nun
kursieren Aufrufe zu weiteren Protesten – und zu weltweiten
Solidaritätsaktionen am Freitag.
1 Nov 2017
## AUTOREN
Dominic Johnson
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Schwerpunkt Flucht
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