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# taz.de -- Argentiniens Präsident Macri räumt ab: Kirchner gesteht Niederlag…
> Bei der Teilwahl zum Kongress schaffte Kirchner zwar den Einzug in den
> Senat. Doch das neoliberale Bündnis Cambiemos wurde stärkste politische
> Kraft.
Bild: Hat deutlich verloren: Cristina Kirchner wurde nur Zweite
BUENOS AIRES taz/rtr | „Es hat nicht gereicht.“ Noch am Wahlabend gestand
Argentiniens ehemalige Präsidentin Cristina Kirchner ihre Niederlage ein.
Zwar schaffte sie mit 37,3 Prozent der Stimmen in der Provinz Buenos Aires
den Einzug in den Senat, landete damit aber nur auf dem zweiten Platz.
Klarer Sieger ist mit 41,4 Prozent der Stimmen der frühere Bildungsminister
Esteban Bullrich vom Regierungsbündnis Cambiemos.
Der Sitz im Senat sichert Kirchner Immunität gegen eine Inhaftierung, aber
nicht gegen ein Ermittlungsverfahren. [1][Kirchner steht unter
Betrugsverdacht.]
Im Laufe des Sonntags wurden bei den Teilwahlen zum argentinischen Kongress
die Hälfte der 274 Delegierten des Abgeordnetenhauses und ein Drittel des
72-köpfigen Senats neu gewählt. Rund 33 Millionen Wahlberechtigte waren
aufgefordert, zu den Urnen zu kommen. 78 Prozent der Wahlpflichtigen hatten
bis zur Schließung der Wahllokale ihre Stimmen abgeben.
Mit landesweit 42,3 Prozent der Stimmen etablierte sich Macris neoliberales
Bündnis Cambiemos dabei deutlich als stärkste politische Kraft.
Abgeschlagen kamen Cristina Kirchners Parteilisten auf 20,1 Prozent der
Stimmen, während die traditionelle Peronistische Partei (PJ) nur noch knapp
16 Prozent erhielt.
Sichtlich zufrieden trat Präsident Mauricio Macri vor seine jubelnde
Anhängerschaft. „Wir sind die Generation, die die Geschichte verändert“, …
der große Gewinner. Er meinte damit nichts Geringeres als die Ablösung des
Peronismus als dominante politischen Kraft der letzten Jahrzehnte.
„Wir sind die stärkste Opposition“, versuchte die unterlegene Cristina
Kirchner noch das Beste aus der Schlappe abzuleiten. Zum ersten Mal in
ihrer langen Politkarriere verlor die 64-Jährige als Kandidatin eine Wahl.
Ihr Nimbus der Unbesiegbarkeit ist gebrochen. Ob sie im zukünftigen
Kongress ihren oppositionellen Führungsanspruch auch beim traditionellen
Peronismus durchsetzen kann, ist seit Sonntagabend mehr als fraglich. Ihr
Pluspunkt: Alle peronistischen Führungsaspiranten mussten Federn lassen.
## Santiago Maldonado ist tot
Trotz des großen Wahlerfolgs wird Macris Regierungsbündnis auch im
zukünftigen Abgeordnetenhaus mit 108 von 257 Sitzen weit von einer eigenen
Mehrheit entfernt sein. Der Präsident muss wie bisher auf eine
zersplitterte Opposition setzen. Cristina Kirchner stellt mit ihrer Liste
Unidad Ciudadana künftig 69 Abgeordnete, während die traditionelle PJ 47
Mandate hält. Die Koalition des PJ-Abtrünnigen Sergio Massa verfügt nur
noch über 22 Mandate. Einen Achtungserfolg erzielten die kleinen
linksradikalen Parteienbündnisse mit 7,2 Prozent und dem Erhalt von fünf
Mandaten.
Anders die Sitzverteilung im zukünftigen Senat. Hier bleibt die
traditionelle PJ mit 26 Senatoren auch weiterhin die stärkste Kraft. Zwar
konnte Cambiemos neun Mandate hinzugewinnen, mit 24 Senatoren bleibt sie
aber die zweitstärkte Fraktion. Verlierer ist auch hier eindeutig Cristina
Kirchners Unidad Ciudadana, die sechs Mandate abgeben muss und nur zwölf
über Senatsmandate verfügt.
Während Macris Kampagnenmacher vor allem Cristina Kirchners Kandidatur
gebetsmühlenhaft als Rückfall in eine finstere Vergangenheit ausmalten,
präsentierte sich die Ex-Präsidentin als Verteidigerin der Verlierer der
neuen neoliberalen Regierung. Bereits Mitte August mussten die
Wahlberechtigten bei den Vorwahlen zu den Urnen. Deshalb hatten die meisten
den schon seit Juni laufenden Wahlkampf gründlich satt.
Mit dem spurlosen Verschwinden von Santiago Maldonado änderte sich das
politische Klima. Der 28-jährige Kunsthandwerker war seit der Räumung einer
Straßenblockade durch die staatliche Gendarmerie unauffindbar. Maldonado,
selbst kein Mapuche, hatte sich den Protestaktionen der Mapuchegemeinschaft
Lof Cushamen in der Provinz Chubut angeschlossen, mit denen diese um die
Rückgabe ihrer angestammten Ländereien kämpft. Die Ländereien befinden sich
heute im Besitz der Holding Tierras Sud Argentino, besser bekannt unter dem
Namen des Textilherstellers Benetton.
Maldonados Verschwinden setzte die Regierung gehörig unter Druck und wurde
zum zentralen Wahlkampfthema. Was da zu brodeln begann, war ein Kessel mit
Spekulationen, Schuldzuweisungen, wahrer, erfundener oder bewusst
lancierten Meldungen. Keine Veranstaltung, keine Politsendung mehr ohne die
Frage: Wo ist Santiago Maldondo?
Bis sechs Tage vor der Wahl ein lebloser Körper im Fluss Chubut gefunden
wurde. Alle Parteien brachen daraufhin ihre Kampagnen ab. Am Donnerstag war
die Leiche unter großen Sicherheitsvorkehrungen in die Hauptstadt Buenos
Aires überführt und am Freitag im Beisein von 50 Spezialisten einer ersten
Obduktion unterzogen worden. Für Aufatmen im Präsidentenpalast dürfte
gesorgt haben, dass Richter Gustavo Lleral noch kurz vor Mitternacht vor
die Presse trat und bestätigte, dass es sich um die Leiche Maldonados
handelt, diese aber keine Verletzungen aufweise. Am Samstag protestierten
Tausende für Gerechtigkeit und verlangten Aufklärung über die wahren
Todesumstände.
23 Oct 2017
## LINKS
[1] /Korruptionsverfahren-in-Argentinien/!5361075
## AUTOREN
Jürgen Vogt
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Argentinien
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